Der Fussballromantiker
24.07.2020 SportFussball: FC-Mutschellen-Präsident Thomas Kälin gibt nach vier Jahren sein Amt ab
Seit 2016 ist Thomas Kälin Präsident des FC Mutschellen. In dieser Zeit erlebte der Verein von der Burkertsmatt Glanzzeiten. In wenigen Wochen ist er nicht mehr das Oberhaupt. Der 40-Jährige wird aber weiterhin eng mit dem Verein verbunden bleiben.
Stefan Sprenger
Er ist für viele einfach «De Präsi». Mit einem Bierchen und einer Bratwurst ausgestattet am Spielfeldrand zu stehen und zu beobachten, wie der FC Mutschellen spielt, das ist etwas, was Thomas Kälin enorm Freude bereitet. In jeder Vor- und Rückrunde hat er jeweils mindestens ein Spiel jeder Mannschaft des FC Mutschellen gesehen. «Wir sind ein Verein. Jedes Mitglied zählt. Und wir halten zusammen, von klein bis gross», sagt Kälin.
«Unvergesslich»
Besonders gespürt hat er dies am 30. Mai 2019. «Ein unvergesslicher Jubeltag», wie er den Sieg im Aargauer Cupfinal des FC Mutschellen betitelt. Damals kamen mehrere Hundert Anhänger ans Spiel gegen Othmarsingen und feierten den 2:1-Erfolg ausgiebig. Es war der grösste Sieg in der Geschichte des Vereins. «Und wir haben dort eindrucksvoll bewiesen, wie gross unser Zusammenhalt ist.»
Als Neunjähriger tritt Thomas Kälin dem FC Mutschellen bei. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte war er Spieler, Trainer, in der Spielkommission (Spiko) und Präsident. Ex-Präsident Marco Salm hat ihn dann angefragt, ob er Präsident werden will. Die Voraussetzung: Salm und Christian Meier sollen im Vorstand bleiben. Zwei engagierte Mutscheller und zwei gute Freunde von Kälin. Salm und Meier blieben – «und ich wurde Präsident».
Nun blickt er zurück auf vier erfolgreiche Jahre. Der Kundenberater bei der Raiffeisenbank sagt: «Ich hinterlasse einen funktionierenden Verein. Wir sind so gut wie nie zuvor und ich glaube, im Fussballkanton Aargau steht der FC Mutschellen in einem sehr positiven Licht.» Man habe im Verein und im Vorstand keinerlei Streitkultur. Es wird diskutiert, aber nicht angefeindet. Es wird gearbeitet, aber nicht gemotzt. «Die Menschen kommen gerne auf die Burkertsmatt», meint Kälin. Er liefert dazu auch gleich eine Anekdote. Daniele Garofalo wechselte vor Kurzem vom FC Mutschellen zum FC Muri in die 2. Liga interregional. «Ich sagte zu ihm, er solle sein Glück versuchen in der höheren Liga. Wenn es nicht passt, stehen die Türen offen.» Kälins Credo: «Sich immer im Guten trennen, das ist wichtig. Und den Menschen keine Steine in den Weg legen.» Er ist sich sicher: Irgendwann kehrt Garofalo zurück auf den Mutschellen.
Immer wieder für Höhepunkte sorgte die erste Mannschaft. In seinem ersten Amtsjahr stieg das Team mit Trainer Piu in die 2. Liga auf. Sergio Colacino übernahm die Truppe. «Er und der ganze Staff machen das gigantisch gut. Alle machen einen hervorragenden Job.» Auch die zweite Mannschaft hat in seiner Amtszeit den Aufstieg in die 3. Liga geschafft. «Ein Ziel für die Zukunft wäre es, einmal eine Juniorenmannschaft in der Coca-Cola-League zu haben.» Letztes Jahr hätte man dies geschafft, jedoch verzichtete man darauf. «Wir hätten damals nicht mithalten können. Für die Jungs war es besser so», erzählt Kälin.
Wieder mit Frauenteam
Im Jahr 2017 hat der FC Mutschellen das Frauenteam aufgrund Spielerinnenmangels zurückgezogen. Heute gibt es im FC Mutschellen wieder aktive Frauen. Dies, weil vor wenigen Wochen rund 20 Spielerinnen vom FC Bremgarten auf die Burkertsmatt wechselten. «Wir haben es nicht gesucht, aber gefunden», sagt der in Widen wohnhafte Präsident.
Er selbst rückt sich nicht gerne in den Mittelpunkt. Und seine menschlichen Vorzüge kommen auch in seinem Amt als Präsident zum Zug. Vorgänger Marco Salm, der ihn seit über 30 Jahren kennt, sagt: «Thomas ist nicht nur mein Nachfolger, sondern auch einer meiner besten Freunde. Er ist ein sehr umgänglicher, geselliger Typ, der für jeden Spass zu haben ist und der immer einen guten Spruch auf Lager hat. Den Verein hat er mit grossem Engagement geführt. Er war der Dreh- und Angelpunkt und praktisch überall mit dabei. Vermutlich teilweise auch etwas zu viel. Er hätte hie und da ein wenig mehr delegieren können und hätte sich so das Leben selber einfacher gemacht.»
Starker Nachfolger gefunden
Kälin selbst bezeichnet sich als «Perfektionisten» und als Präsidenten, der die Entscheide lieber im Gremium fällt. «Ich war nie der Typ, der auf eigene Faust die Dinge regelte.» Weil er nebst seinem Präsidenten-Amt noch die Spiko unter sich hat, kündigte er für 2021 seinen Rücktritt an. Nun kommt es etwas früher als erwartet. «Weil wir mit Pietro Bascio einen starken Nachfolger gefunden haben.» Kälin selbst will im nächsten Jahr auf eine grosse Reise gehen. Australien oder Kanada schweben ihm vor. Beim FC Mutschellen – der 2020 sein 50-jähriges Bestehen feiert – wird er weiterhin der Chef der Spiko bleiben. «Wir sind froh, dass er dabeibleibt und wir von seinem Wissen und Organisationstalent profitieren können», so Salm.
Das Gesellige fehlte ihm
So wird Thomas Kälin weiterhin an der Seitenlinie stehen auf der Burkertsmatt und die Siege seines Vereins mit einem Bier und einer Bratwurst in der Hand bejubeln. «Ich schaue lieber Regionalfussball als Champions League», sagt er und outet sich damit als totalen Fussballromantiker. Dies zeigt auch die Aussage, dass er während der Coronazeit die Heimspiele am meisten vermisst hat. «Das Gesellige fehlte mir sehr.» Wenn er am 14. August abtritt, wird er wohl von vielen weiterhin als «De Präsi» betitelt werden.