Der See als zweites Zuhause
09.07.2024 Region UnterfreiamtFritz und Ursula Häusermann arbeiten seit 99 Jahren für die Schifffahrtsgesellschaft Hallwilersee
Fritz Häusermann hat als Matrose auf dem Hallwilersee angefangen. Heute bildet er neue Schiffsführer aus. Über 54 Jahre arbeitete er für die ...
Fritz und Ursula Häusermann arbeiten seit 99 Jahren für die Schifffahrtsgesellschaft Hallwilersee
Fritz Häusermann hat als Matrose auf dem Hallwilersee angefangen. Heute bildet er neue Schiffsführer aus. Über 54 Jahre arbeitete er für die Schifffahrtsgesellschaft Hallwil. Dies tat er stets im Nebenamt. Ursula Häusermann ist seit 45 Jahren Matrosin. Noch heute geht sie regelmässig an Bord.
Bei der Aussicht, im Herbst seinen Dienst quittieren zu müssen, wischt sich Fritz Häusermann den Augenwinkel. Er spricht wertschätzend und ist bei allen Aussagen ein begeisterter Schiffsführer. In diesem Jahr wird er 70, und damit fällt für ihn die Alters-Guillotine und muss er das geliebte Schiffführen aufgeben. Wobei er sich seines Alters sehr bewusst ist. So verzichtete er unter dem Aspekt des Alters freiwillig auf die Ausbildung auf den modernen, mit Joystick manövrierten Schiffen. Dafür bildet er heute noch neue Schiffsführer aus. «Ich greife nur ein, wenn es gefährlich wird», ist seine Devise. Denn aus Fehlern lernt man am meisten, davon ist der ehemalige Polizist überzeugt.
Bewilligung eingeholt
Bereits als Sechzehnjähriger hat er als Matrose angeheuert. Zuerst durfte er das Schiff am Steg anbinden und einkassieren. Im Winter half er die Schiffe zu überholen und das in seiner Freizeit. Denn eigentlich hat er Sanitär- Installateur gelernt. Auch später, als er zur Polizei ging, war es ihm wichtig, dass er an vier bis fünf Tagen im Monat Schiff fahren durfte. Diese Erlaubnis erhielt er stets. Bis sein Chef Léon Borer ihn zitierte und ihm mitteilte, dass diese Bewilligung eigentlich jährlich aufzufrischen sei. «Das ging dann ab und zu vergessen», erzählt er schmunzelnd. Gefahren ist er auch 19 Jahre lang als Seepolizist auf den Flüssen und Seen im Aargau. Statt auf der Strasse zu patroullieren, war er auf Gewässern unterwegs. «Nicht allen Benutzern sind die Bedeutung der Zeichen und Bojen auf den Gewässern geläufig», so mussten sie aufklären und auch büssen.
Vom Buffet zur Kassiererin
Doch nicht nur er arbeitet bei der Schifffahrtsgesellschaft, sondern auch seine Frau. Sie waren lange Zeit drei bis vier Frauen, erzählt sie. Haben die Gäste betreut, das Schiff angebunden und Tickets verkauft. Manchmal ergab es sich, dass Ursula Häusermanns Schwester mit an Bord war. Und wenn sie vor lauter Arbeit das Buffet nicht bedienen konnte, dann sprang eben die jüngere Schwester kurz ein. Nach etlichen solchen Erfahrungen, hat sie beim Chef vorgesprochen und wurde als zusätzliche Matrosin eingestellt.
Zur Arbeit auf dem Schiff ist Ursula Häusermann durch ihren Mann gekommen. «Am Anfang hatten die Männer bereits Uniformen und wir gingen in den privaten Kleidern an Bord», erzählt sie. Bis auf ihre Initiative hin ein bläuliches Hemd und später eine gestreifte Bluse angeschafft wurde. Heute kommen Schiffsführer und Matrosen in einheitlicher Uniform daher.
Ursula Häusermann erzählt, dass früher, als sie noch eine kleine Mannschaft waren, ihr Chef ihnen jeweils das Mittagessen im Delphin vorbestellt hat. Sodass es dann, wenn sie in Meisterschwanden angelegt haben, bereit war. Lustig war, dass es immer dasselbe Fischmenü gab.
Zur See getraut – aber ohne das Anstossen
Zurück zu Fritz Häusermann. Vor vielen Jahren wurde er angefragt, ob er als Kapitän nicht eine Trauung auf dem See vornehmen kann. «Ich bin kein Pfarrer», war ihm dann aber wichtig. «Ich habe mir ein paar Sätze überlegt und dann haben wir eine freie Trauung durchgeführt. Dies war vor 40 Jahren gefragt, heute hat sich dies wieder verlagert.» Schwierig sei es dann jeweils geworden, wenn die Brautpaare noch mit dem Kapitän anstossen wollten. Das lag natürlich nicht drin. So habe er eben die eine oder andere Flasche geschenkt bekommen und diese wurden dann am nächsten Waldfest der Belegschaft wieder angeboten. Schade war dann jeweils nur, dass es von einem guten Tropfen einfach nur eine Flasche gab.
Die beiden wissen ganz viel zu erzählen
Ursula Häusermann erinnert sich, dass sie einmal vor Jahren mit dem Schiff auf dem See unterwegs waren. Richtung Hallwil schien die Sonne und Richtung Birrwil stürmte es. Sie seien dennoch an den Steg in Birrwil gefahren, obwohl es schwierig war anzulegen. Dort sei dann Urs Haag, der frühere Lehrer ihres Sohnes eingestiegen. Er habe seine Ukulele mit im Gepäck gehabt. Auf dem Schiff hat er dann gespielt. «So waren die Menschen glücklicherweise beruhigt, trotz des hohen Seegangs.»
Eine Geschichte weiss auch Fritz Häusermann. Bei einem Sonntagsbrunch waren 100 Personen an Bord, als mitten auf dem See der Motor ausfiel, das Ventil war kaputt. Sie mussten mit allen Gästen das Schiff wechseln. Dann ging die Reise weiter.
Schifffahren verbindet
Aus der Familie von Fritz und Ursula Häusermann ist auch Bruder Heinz Häusermann seit 46 Jahren bei der Schifffahrtsgesellschaft und die Schwester von Ursula ebenfalls. Der Sohn der beiden war selbst vier Jahre bei der Schifffahrtsgesellschaft, bis er sich seiner Karriere im Militär zuwandte.
Die verschiedenen Schiffe, die Möwe, Fortuna, Hallwil, Delphin, Brestenberg, Seetal, Seerose, neue Hallwil und wie sie alle hiessen, haben die Karrieren mitgeprägt. Wobei der Kauf 1969 und der Verkauf 2000 der Fortuna wohl die prägendste war. Häusermann hat damals das Schiff zurück nach Koblenz in Rheinland-Pfalz begleitet. Damals lernte er den Enkel des Verkäufers kennen. Daraus hat sich eine Freundschaft ergeben, welche sie noch regelmässig pflegen.
Softeis bitte
Ursula Häusermann erinnert sich noch, sie war als Matrosin für das Buffet auf dem Schiff zuständig. Nächster Halt war Birrwil. Dort gab es am Steg eine Softeismaschine und kurz vor dem Anlegen nahm sie die Bestellung auf. Dann ging sie kurz Softeis holen und als sie zurück zum Steg kam, war das Schiff weg. «Die nächsten Gäste freuen sich auch aufs Softeis», dachte sie und nahm kurzerhand das nächste Schiff. --vaw