Der Seemann aus dem Kelleramt

  11.03.2022 Kelleramt

Seit fünf Dekaden prägt Hans Eisold den Schweizer Segelsport

Die Koryphäe Hans Eisold ist nicht mehr aus der Segelszene wegzudenken: Seit 1968 segelt er für sein Leben gern an nationalen und internationalen Regatten. Er blickt auf zahlreiche Erfolge, aber auch auf einen verpassten Traum zurück.

Celeste Blanc

«Mir war lange gar nicht bewusst, dass ich so einen Erfolg im Segelsport hatte. Und dass der heute noch so nachhallt», lacht Hans Eisold ein wenig verlegen. Er durchblättert ein Fotoalbum, das ihm sein Vater hinterliess. In dem lässt sich Eisolds unglaubliche Geschichte nachvollziehen – alle Zeitungsberichte, Fotografien und Porträts, die je über Eisold, den alle unter dem Namen «Gogi» kennen, geschrieben worden sind, sind darin eingeklebt. Gogi war der Name des Schiffes, auf dem er seinen ersten Wettkampf auf dem Zürichsee segelte. «Niemand kannte meinen Namen, deshalb suchten alle nach dem Boot «Gogi» – so kam ich zu diesem Spitznamen.»

Das war vor 50 Jahren. Seither ist Gogi alles andere als unbekannt in der Szene. Er segelte über Schweizer und internationale Gewässer und hat dabei zahlreiche Schweizer, Europaund Weltmeistertitel geholt. Zudem fördert er fast gleich lang den Juniorensport. «Wenn ich so darüber nachdenke, ist es schon Wahnsinn, was ich alles gemacht habe», lacht er und klappt das Fotoalbum zu.

Auf dem Zürichsee entdeckt

Angefangen hat alles in Zürich Seefeld. In Tiefenbrunnen ist Eisold aufgewachsen – direkt neben dem Zürichsee. «In der Jugend habe ich alles ausprobiert: Fussball, Motocross oder auch Fallschirmspringen – doch nichts hat es mir so wirklich angetan», erzählt er. Im Wasser hingegen fühlte Eisold sich schon immer wohl. So kam es, dass er mit 14 Jahren zuerst bei einer Bootsvermietung, dann bei der Zürich Enge jeweils am Mittwochnachmittag bei einer Segelclubschule jobbte, wo er schon bald als Segellehrer einspringen musste.

Sein natürliches Flair fürs Segeln und sein Talent blieben nicht lange unbemerkt und fielen einem Mitglied des Segelclubs auf. Helles Hellstern entdeckte ihn 1969 während einer Regatta auf dem Zürichsee. Dieser nahm den damals 18-Jährigen mit an die Europameisterschaft nach Deutschland und gab ihm die Chance, daran teilzunehmen.

Der Traum von Olympia

Für «Gogi» Eisold war dieses Erlebnis der Beginn seiner Regattakarriere. Geld für ein eigenes Boot hatte er noch keins, dafür wechselte er als Vorschoter von Klasse zu Klasse und sammelte Erfahrung. Zahlreiche Meisterschaften und Klassenregatten folgten darauf, so wurde er unter anderem in der Klasse «Flying Dutchman» Schweizer Meister und holte auch in der Klasse «Starboot» den Schweizer-Meister-Titel. In Silvaplana wurde er 1973 zum ersten Mal O-Jollen-Europameister.

In den 1970er-Jahren kam Eisold zur Nationalmannschaft und 1980 war für ihn der Traum von Olympia ganz nah. Leider sollte es anders kommen: «Da die Olympischen Spiele damals in Moskau durchgeführt wurden und die UdSSR Krieg im Nahen Osten führte, gab es grossen gesellschaftlichen Druck, die Spiele zu boykottieren.» Die Schweizer Segler entschieden, nicht an Olympia teilzunehmen. Eisolds Traum platzte: «Das wäre natürlich ein wahres Highlight gewesen.»

Schüler aus der ganzen Schweiz

Nicht nur der aktive Segelsport fasziniert Eisold, auch das Trainieren macht für ihn den Reiz am Sport aus. Zwischen seinen erfolgreichen Platzierungen bei internationalen Regatten absolvierte der Unterlunkhofer zusätzlich die Trainerausbildung im Sportzentrum Magglingen. Seit 1973 ist er nebenamtlicher Trainer für verschiedene Klassen, seit 1980 ist er Juniorentrainer der Union Schweizerischer Yachtclubs (USY) und Ausbildner von USY-Leitern, und ab 1985 war er als USY-Cheftrainer unter anderem für die olympische Klassen zuständig. Heute trainiert Eisold Regattasegler vor Grossanlässen wie Weltmeisterschaften in seiner Segelschule in Sisikon am Urnersee.

Eisold war auch federführend dabei, den Juniorensport im Segeln schweizweit zu vereinheitlichen. Der «Eisoldsche Trainingsablauf» mit von Eisold kreierten Übungen ist von vielen Segelcoaches in der ganzen Schweiz übernommen worden. «Lange Zeit trainierte jeder, wie er wollte. Durch das Einsetzen gleicher Strukturen war es möglich, alle Junioren, die auf höherem Niveau fahren wollten, auf das gleiche Level zu bringen.» Diese strukturelle Veränderung prägt heute noch die Trainings.

Herz schlägt auch für das Dorf

Nebst seiner erfolgreichen Segelkarriere führte Eisold noch ein Malerunternehmen in Unterlunkhofen. Die Power ist bei Eisold auch heute noch zu spüren: «Ich bin ein Machertyp und mag, wenn etwas geht. Stillstehen ist nicht meins.» In der Familie teilt nur seine Frau Marlies Vogelsang Eisold seine Passion für das Segeln. «Mit ihr bin ich 1982 Europameister und Vize-Schweizer-Meister geworden», erzählt Eisold stolz und meint zwinkernd: «Meine beiden Töchter hingegen haben sich bis jetzt noch nicht für das Segeln entschieden.»

Doch nicht nur für das Segeln, auch für das Dorf Unterlunkhofen schlägt «Gogis» Herz. Lange Zeit war er Prä- sident des kulturellen Dorfvereins, der Kinderfasnacht im Dorf oder präsidierte auch die Höllengilde Unterlunkhofen. In dem Verein ist er nach dreissig Jahren immer noch aktiv: So bereitet er sich in den Wintermonaten auf die Fasnachtszeit vor, baut Fasnachtswagen und begründete und organisiert noch heute den Knackerball.

Im Sommer hingegen frönt er seiner Segelleidenschaft, gibt Trainings oder ist als Prüfungsexperte unterwegs. Über sein Leben in der Pension meint Eisold nur lachend: «Es ist grundsätzlich ganz simpel: Im Winter bin ich Vereins- und Hausmann, im Sommer bin ich Seemann – und Harley-Fahrer.»


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