«Die Bank ist selber schuld»
24.11.2023 MuriArglistig Geld ertrogen
Um Schulden zu begleichen und seinen Lebensstil aufrechtzuerhalten, hat ein Mann aus dem Kanton Luzern zahlreiche Personen durch betrügerische Handlungen um Geld geprellt. Den Grossteil nahm der Angeklagte durch das Fälschen von ...
Arglistig Geld ertrogen
Um Schulden zu begleichen und seinen Lebensstil aufrechtzuerhalten, hat ein Mann aus dem Kanton Luzern zahlreiche Personen durch betrügerische Handlungen um Geld geprellt. Den Grossteil nahm der Angeklagte durch das Fälschen von Objektkreditverträgen für den Kauf von Autos ein. Dabei hat er fingierte Dokumente und falsche Unterschriften dieser Personen verwendet. Die Verträge wurden durch seinen Mittäter, den Eigentümer der Autogarage, an die kreditgebenden Institutionen weitergeleitet. Doch auch durch die Betrugsmasche «Romance Scam» hat der Angeklagte dreist und arglistig mehrere Tausend Franken eingenommen, darunter eine Geschädigte aus Muri. Dafür mussten sich die beiden Angeklagten vor dem Bezirksgericht Muri verantworten. --cbl
Zwei Angeklagte wurden des mehrfachen Betrugs und der Urkundenfälschung schuldig gesprochen
In einer Form von Schneeballsystem hat der Angeklagte D. S. über 200 000 Franken ertrogen. Teilweise hatte er Hilfe von Mittäter M. S. Der bereits straffällig gewordene Hauptangeklagte wurde vom Bezirksgericht Muri zu 30 Monaten Freiheitsstrafe und einem Landesverweis von fünf Jahren verurteilt. Dem Mittäter wurde das Höchstmass an Geldstrafe bedingt ausgesprochen.
Celeste Blanc
Geld ertrügen, um bereits bestehende Schulden zu tilgen und den Lebensunterhalt aufrechtzuerhalten – über zwei Jahre hat sich der Angeklagte D. S. verschiedener Tricks bedient, um finanziell auf einen grünen Zweig zu kommen. Dabei hat der in der Schweiz aufgewachsene 43-jährige Mann mit portugiesischer Staatsangehörigkeit unter anderem Informationen von Personen aus seinem privaten Umfeld missbraucht. Diese hat er im Rahmen von Kreditanträgen bei einem kreditgebenden Institut unter falscher Identität eingereicht, womit sich der Beschuldigte um eine Summe von mehreren zehntausend Franken bereicherte. Weiter hat sich der im Kanton Luzern wohnhafte Angeklagte mittels «Romance Scam», einer Internet-Betrugsmasche, bei der man eine Verliebtheit gegenüber einem potenziellen Opfer vortäuscht, bedient. Dadurch knüpfte er Frauen Tausende von Franken ab, darunter 10 000 Franken einer Geschädigten aus der Gemeinde Muri.
Angaben missbraucht
Die grössten Summen nahm D. S. durch bewilligte Kredite von der Cembra Money Bank ein. Da ihm aufgrund mehrfacher Vorstrafen, des Absitzens von verschiedenen Freiheitsstrafen von insgesamt 60 Monaten sowie offener Schulden keine Kredite mehr gewährt wurden, nutzte er stattdessen Dokumente von Familienmitgliedern, der langjährigen Partnerin oder der Frauen, die er über das Internet kennengelernt hatte. Gemäss den elf Anklagepunkten fälschte er diese teilweise und unterschrieb die Anträge in fremdem Namen, womit er sich der Urkundenfälschung schuldig machte. Dabei schloss D. S. in der Regel Objektkreditverträge für bestimmte Personenwagen über immer die gleiche Autogarage im Kanton Zürich ab. Diese wurden vom zweiten Angeklagten, Geschäftsleiter M. S., der Kreditanstalt übergeben. Sind diese bewilligt worden, wurden die Autos schliesslich teurer an Dritte weiterverkauft.
Mit einer Art von Schneeballsystem war es D. S. durch dieses Vorgehen möglich, von März 2017 bis Januar 2019 einen Betrag von insgesamt 254 400 Franken zu erbeuten, was über den ganzen Deliktszeitraum einem monatlichen Einkommen von 9000 Franken entspricht und eine Gewerbsmässigkeit begründet. Auch der Mittäter M. S. bereicherte sich finanziell aus den deliktischen Handlungen.
Keine Reue zu spüren
Eine Mischung aus Unwissenheit, Vergesslichkeit und unlogischen Erläuterungen zog sich durch die Aussagen der beiden Angeklagten. So behauptete M. S. immer wieder, nichts von den Machenschaften von D. S. gewusst zu haben, obwohl er mit diesem über einen längeren Zeitraum geschäftlich zu tun hatte. «Gewisse Sachen waren mir zwar suspekt. Wissen aber konnte ich es nicht», meinte er während der Befragung. Die Beweise, so etwa, dass die Fahrzeugidentifikationsnummern von Autos, die Gegenstand der Objektkreditanträge waren, vor oder gleichzeitig wie der Vertragsabschluss an Dritte weiterverkauft worden waren, tat M. S. als Verwechslung ab: «Die Seat Alhambras sehen alle gleich aus.» Auch D. S., der sich zum dritten Mal einer längeren Haftstrafe gegenübersah, war während der Verhandlung zwar teilweise geständig, machte aber auch ungereimte Aussagen und zeigte hinsichtlich der Taten keine Reue. Im Gegenteil: Er gab der geschädigten Kreditanstalt die Schuld an der Gewährung unrechtmässiger Kredite. «Ich habe die Bank nicht verarscht. Es liegt in ihrer Verantwortung, die Personalangaben richtig zu prüfen. Die Bank ist demnach selber schuld.»
Hohes Strafmass gefordert
Auch wenn die Angeklagten ihre Unschuld beteuerten respektive nichts von den Geschehnissen gewusst haben wollen, liessen die Beweislage sowie die Aussagen während der Einvernahmen für die kantonale Staatsanwaltschaft keinen Zweifel offen. «Nicht nur, dass der Angeklagte auf perfide Weise die Zuneigung alleinstehender Frauen für die Befriedigung seiner finanziellen Bedürfnisse ausnutzte, auch zog er seine Betrügereien von den Kantonen Luzern, Aargau, Zürich und Bern über das ganze Mittelland durch», klagte die Staatsanwältin. D. S. sei der typische Betrüger. «Er gewinnt das Vertrauen von Frauen und gestandenen Geschäftsmännern und nutzt es zu seinen Gunsten aus.»
Auch hinsichtlich der offensichtlichen Ausflüchte von Mittäter M. S. äusserte sich die Staatsanwältin mit scharfen Worten. «Selten habe ich so viel Mist in kürzester Zeit gehört.» Aufgrund der Schwere der Delikte forderte die Staatsanwaltschaft ein hohes Strafmass. So wurde für den Hauptangeklagten D. S. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren sowie ein Landesverweis von 10 Jahren, für den Mittäter eine bedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten gefordert.
Positive Wende ausgeschlossen
Auch das Gericht kam nach sorgfältiger Prüfung zum Schluss, dass die Aussagen der Angeklagten in sich nicht stimmig sind. «Wir glauben Ihren Aussagen schlichtweg nicht», fasst Gerichtspräsident Markus Koch an der Urteilsverkündung zusammen. So kam das Gericht in grossen Teilen den Forderungen der kantonalen Staatsanwaltschaft nach: Zwar wurde D. S. hinsichtlich einzelner Anklagepunkte aufgrund berechtigter Zweifel freigesprochen, muss aber bezüglich des mehrfachen gewerbsmässigen Betrugs sowie der mehrfachen Urkundenfälschung in 10 Anklagepunkten eine unbedingte Freiheitsstrafe von 30 Monaten absitzen. «Die kriminelle Energie, die Sie an den Tag gelegt haben, ist sehr hoch», begründet Gerichtspräsident Koch. Hinzu wurde der Angeklagte zu einem Landesverweis von fünf Jahren verurteilt. Obwohl D. S. in der Schweiz aufgewachsen ist, hier ein Grossteil seiner Familie sowie seine Lebensgefährtin mit den zwei gemeinsamen Kindern leben, kam das Gericht zu diesem Entscheid. «Seit über 10 Jahren delinquieren Sie, sitzen Haftstrafen ab und machen dennoch weiter», so Koch. Eine Prognose auf Besserung sei für das Gericht ausgeschlossen. Schon drei Mal sei er wegen seiner deliktischen Karriere in der Kiste gewesen und fordere dennoch Milde wegen seiner Familie. «Doch Sie sind der, der mit seinen Taten seine Familie mit Füssen tritt», so Koch. Des Betrugs und der Urkundenfälschung schuldig gesprochen wurde auch der Mitangeklagte M. S. in allen vier Anklagepunkten. Da es sich um einen Ersttäter handelt, sieht das Gericht eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 120 Franken vor. Mit 21 600 Franken wurde ihm die Höchststrafe zuteil. «Ihre Darstellungen machen absolut keinen Sinn», so Koch. Als Garagist mit Sorgfaltspflicht hätte M. S. klar sein müssen, dass die Kreditgelder von D. S. ertrogen waren, zumal keiner der Kreditantragstellenden in der Garage vorstellig geworden ist. Zudem habe er von dem Vermögensdelikt selber profitiert, schlussfolgert das Gericht. Aufgrund der bedingten Geldstrafe wurde dem Mittäter eine Verbindungsbusse von 5000 Franken auferlegt. Kommt er der Bezahlung nicht nach, tritt ein Freiheitsentzug von 42 Tagen in Kraft.
Die Namen sind der Redaktion bekannt.