Die Ein-Spiel-Leihe

  16.10.2020 Sport

Der Freiämter Goran Karanovic ganz kurz zu Steaua Bukarest

Drei Wochen nachdem der Dottiker Goran Karanovic beim rumänischen Verein Hermannstadt unterschreibt, wechselt er weiter zu Steaua Bukarest. Eine Woche später ist er wieder in Hermannstadt. Es ist der Alltag des rumänischen Fussballs zu Coronazeiten.

Die rumänische Region Siebenbürgen ist im Volksmund besser bekannt als Transylvanien. Prominenz hat sie durch Bram Stokers Roman «Dracula» erhalten. Dadurch verbindet man das Gebiet mit Mythen und Abenteuern.

Abenteuerlich geht es bei Goran Karanovic, der in Rumänien Fussball spielt, definitiv zu. 7. September: Der 32-jährige Dottiker unterzeichnet beim siebenbürgischen Club AFC Hermannstadt. 24. September: Der Stürmer steht in der Startaufstellung von Steaua Bukarest im Europa-League-Qualifikationsspiel gegen den tschechischen Vertreter Slovan Liberec. Seit Anfang Oktober ist der Fussballer wieder bei Hermannstadt im Training. Was war passiert?

«Sie haben um Hilfe gebeten»

«Am Vorabend des Spiels zwischen Bukarest und Liberec habe ich einen Anruf unserer Vereinsführung bekommen», erzählt Karanovic. «Steaua hat um Hilfe gebeten, weil sie einige Coronafälle im Team hatten und das Spiel auf der Kippe stand.» Mit «einige» sind insgesamt 15 Stück gemeint. Der Club aus der Hauptstadt hat dringend Spieler gebraucht, um überhaupt antreten zu können. Nach Abklärungen kaufen die Bukarester den Stürmer aus dem frisch unterschriebenen Vertrag bei Hermannstadt raus.

Der Vertrag enthält eine Klausel, dass der Freiämter bis zum 2. Oktober wieder zurück zu Hermannstadt wechseln darf, sofern er das möchte. «Mir wurde gesagt, dass es in erster Linie um Hilfe für den rumänischen Fussball geht», berichtet der 32-Jährige. Er ist nicht der einzige Spieler aus der heimischen Liga, der zum Hauptstadtclub geschickt wird, um den Verein im internationalen Wettbewerb zu unterstützen.

Der Plan geht schief

Für Karanovic heisst es raus aus der Provinz Siebenbürgen, rein in die Hauptstadt. Fünf Stunden Fahrt, Ankunft um 3 Uhr morgens, Tagwache um 7.30 Uhr, um einen Coronatest zu absolvieren. «Nicht die beste Vorbereitung für das Spiel», sagt der Stürmer.

So kommt es, wie es kommen muss. Karanovic verletzt sich muskulär nach acht Minuten und muss raus. Nach 20 Minuten kriegt ein Bukarester die Rote Karte. Liberec gewinnt mit 2:0 und wirft die Rumänen aus dem Rennen.

Obwohl Steaua Bukarest mit 26 Meisterschaftstiteln, 23 Cupsiegen und diversen weiteren Titeln das Nonplusultra in Rumänien ist, hat sich Karanovic entschieden, wieder zurück nach Siebenbürgen zum AFC Hermannstadt zu gehen. «Ich fühle mich da sehr wohl und nach zwei Wochen Pause bin ich wieder fit und kann spielen.» – und er kann auf ein weiteres Abenteuer warten. --jl/spr


Rumänisches Kuriositätenkabinett

Der erste Verein von Goran Karanovic in Rumänien heisst OSK Sepsi Sfântu Gheorghe. Der Club wurde 2011 gegründet und ist von der 5. bis in die 1. rumänische Liga durchmarschiert. In der Stadt leben mehr Ungarn als Rumänen, der Club wird vom ungarischen Staat unterstützt. Der Freiämter schiesst Sepsi in den Cupfinal gegen Steaua Bukarest und damit zum grössten Vereinserfolg. Zusätzlich wird er Torschützenkönig im Pokalwettbewerb. Sein Vertrag wird aber aufgelöst. Er wechselt zum AFC Hermannstadt – 2015 gegründet und von der 4. Liga in die 1. Liga durchmarschiert. Hermannstadt, zu rumänisch Sibiu, ist stark deutsch geprägt. Die Ein-Spiel-Leihe führt Karanovic zu guter Letzt zu Steaua Bukarest. Der Verein wurde 1947 als Abteilung des Militärvereins CSA Steaua Bukarest gegründet und war bis 2017 unter diesem Namen bekannt. Danach gingen die Rechte an Namen und Logo zurück an das rumänische Verteidigungsministerium. Der Militärverein hat seine Fussballabteilung ab der Saison 2017/18 unter dem bisherigen Namen Steaua Bukarest in der 4. Liga eingegliedert, während der Rekordmeister neu «FCSB» Bukarest heisst. --jl


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