Die Erste ihrer Art
05.11.2021 SportKickboxerin Shana Hegglin an der Junioren-EM
Die Sinserin Shana Hegglin wird an der Kickbox-Junioren-Europameisterschaft im montenegrinischen Budva starten. Das Besondere: Sie ist die erste Schweizer Juniorin, die im Vollkontakt an einer EM antritt.
Es sind gemischte Gefühle, die Shana Hegglin im Vorfeld der Junioren-EM in Montenegro hat. Die 18-Jährige ist die erste Schweizer Juniorin, die an einer EM in einer Vollkontakt-Disziplin teilnimmt. «Einerseits ist es schön zu wissen, dass ich die Erste bin, die so etwas geschafft hat und niemand sonst vor mir. Andererseits wäre es nicht schlecht, wenn ich mit jemandem sprechen könnte, der diese Erfahrung gemacht hat und mir Tipps geben kann.»
Doch auch ohne diese Tipps kann die Sinserin mit viel Selbstvertrauen nach Montenegro reisen. In ihrer jungen Karriere konnte sie schon zahlreiche Titel gewinnen. Hilfreich ist, dass ihr Vater Roland Hatt früher selbst Kämpfer war und jetzt ein erfolgreicher Trainer ist. Unter anderem hat er den «Bachelor» Janosch Nietlispach trainiert. --jl
Eine Frau mit Schlagkraft
Kickboxen: Die Sinserin Shana Hegglin vor der Junioren-EM in Montenegro
Die 18-jährige Shana Hegglin ist eine Pionierin. Sie ist die erste Schweizer Juniorin, die an einer EM im Vollkontakt antreten kann. Der Sinserin wurde das quasi in die Wiege gelegt.
Josip Lasic
Eine junge Frau sitzt beim Eingang der Kampfsportschule «Phoenix Kampfsport» in Steinhausen. Auf den ersten Blick wirkt sie schüchtern. Der Schein trügt. Wenn Shana Hegglin im Ring steht, ist die 18-Jährige alles andere als zurückhaltend. Sie kann richtig zuschlagen.
Die Sinserin betreibt Kickboxen, seit sie vier Jahre alt ist. Seit sie zwölf ist, steht sie im Ring. Ihre guten Leistungen dort haben ihr jetzt die Nomination für die Junioren-Europameisterschaft im montenegrinischen Budva gebracht. Sie ist die erste Juniorin in der Schweiz, die an so einer EM im Vollkonktalt teilnehmen wird. Wie kommt das? «Es gibt allgemein nicht so viele Frauen in der Schweiz, die Vollkontakt kämpfen. Und wenn, dann nicht im Juniorenalter. Häufig haben die Eltern etwas dagegen, dass in so jungem Alter schon Vollkontakt gekämpft wird.»
Vollkontakt – genau das Richtige
Für Hegglin war es das Richtige. Ob es etwas damit zu tun hat, dass sie drei ältere Brüder und eine ältere Schwester hat und lernen musste, sich zu Hause durchzusetzen? «Das weiss ich nicht», sagt sie lachend. «Es war so, dass ich zunächst Leichtkontakt gekämpft habe, aber das gar nicht meine Welt war. Mir hat es zugesagt, richtig zuzuschlagen.» Sie sagt, dass es sie im Leben weitergebracht hat. Früher sei sie schüchtern und verschlossen gewesen. Jetzt sei sie viel offener und hat mehr Selbstvertrauen.
Dass sie beim Kickboxen und dort beim Vollkontakt gelandet ist, hat sicherlich auch mit ihrem Vater zu tun. Roland Hatt ist Leiter von «Phoenix Kampfsport». Als Trainer hat er unter anderem Janosch Nietlispach gross rausgebracht. Nietlispach, der den meisten als «Der Bachelor» bekannt ist, aber ebenfalls vierfacher Kickboxing-Weltmeister ist und der später unter der niederländischen Kampfsportlegende Remy Bonjasky trainieren sollte.
Der Vater, das grosse Vorbild
Hatt war früher selbst aktiver Kämpfer. «Ich habe es nur zu Schweizer-Meister-Titeln und Erfolgen im Europacup gebracht. Als ich mit dem Kampfsport anfing, war ich schon etwas älter. Ich durfte gegen Weltmeister antreten und habe sie immer bezwungen. Dabei ging es aber nie um Titel.»
Shana Hegglin sagt, dass ihr Vater bei seinem letzten Kampf 40 Jahre alt war. «Da ist er ebenfalls gegen einen Weltmeister angetreten und hat ihn geschlagen, worauf dieser ebenfalls seine Karriere beendet hat», erzählt sie stolz. Es ist spürbar, dass ihr Vater für sie ein grosses Vorbild ist. Er und die französische Kampfsportlerin Anissa Meksen. An ihr gefällt ihr besonders die Härte, die sie im Kampf an den Tag legt.
Sie ist bereits Weltmeisterin
Shana Hegglin wandert schon auf den Spuren ihres Vaters und ihrer Heldin. Sie wurde bereits Schweizer Meisterin, liechtensteinische, österreichische, Europa- und sogar Weltmeisterin. Allerdings «nur» in Titelkämpfen, wo zwei Athletinnen mit Potenzial ausgesucht werden, um in einem einzigen Aufeinandertreffen die Meisterschaft unter sich zu entscheiden.
In Budva wird sie zum ersten Mal eine EM in Turnierform bestreiten. Und zum ersten Mal wird ihr Vater ihr nicht als Coach zur Seite stehen. In Montenegro wird sie vom Wohler Andrea Faggiano betreut. Sie freut sich allerdings auf die neue Herausforderung. Antreten darf sie in der Kategorie K1 bis 60 kg. «Mein Ziel ist es, den ersten Kampf möglichst gut zu bestreiten. Das ist wichtig für den weiteren Verlauf des Turniers. Ansonsten möchte ich natürlich die Goldmedaille. Das ist immer das Ziel an so einem grossen Turnier.»
Sechs weitere Kontrahentinnen sind in ihrer Kategorie vertreten. Über die Gegnerinnen macht sie sich aber weniger Gedanken. Shana Hegglin fokussiert sich auf sich selbst. Um sich auf das Turnier vorzubereiten, hat sie täglich trainiert und daneben noch regelmässig gejoggt, um das Gewicht für ihre Gewichtsklasse zu erreichen. Das war nicht leicht, neben ihrer Lehre zur Fachfrau Bewegungs- und Gesundheitsförderung. Aber die ehrgeizige junge Frau kämpft für ihre Ziele.
Im nächsten Jahr wird sie 19 Jahre alt und kann nicht mehr bei den Junioren mitkämpfen. «Ich will mich dann bei der Elite durchsetzen und wieder international kämpfen können», sagt sie. Vielleicht ist die EM in Montenegro der Startschuss zu einer grossen Karriere.