Die Jungen motivieren ihn

  12.08.2022 Muri

Stephan Diethelm startet mit «Musig im Pflegidach» am Sonntag in die 21.Saison

Er dachte darüber nach, aufzuhören. Stephan Diethelm tat dies auch laut. Gemacht hat er es trotzdem nicht. «Die Jungen», antwortet er auf die Frage, warum er weitermacht. Junge Leute, die immer mehr in der Organisation mithelfen, sich vorstellen könnten, die Reihe einst zu übernehmen. Trotzdem versprüht Diethelm vor dem Saisonstart nicht nur Euphorie.

Annemarie Keusch

Normalerweise sprudeln die Sätze nur so aus ihm heraus, wenn er über die neue Saison von «Musig im Pflegidach» spricht. Auch jetzt sagt Stephan Diethelm: «Ich freue mich sehr.» Aber er sagt es weniger euphorisch, irgendwie gehemmter. «Das stimmt. Die letzten beiden Saisons haben mich als Konzertveranstalter gelehrt, vorsichtiger zu sein.» Konzerte abzusagen, mit kurzfristigen Entscheiden aus Bundesbern umgehen zu müssen. «Das tat weh und hat die Euphorie etwas gedämpft», gibt er zu. Diethelm spricht von einer Art Selbstschutz. Die Fallhöhe sei dadurch tiefer.

Es ist mit ein Grund, weshalb sich Diethelm überlegt hat, nach der Jubiläumssaison keine weiteren mehr anzuhängen. «Die Pandemie hat mir andere Dinge gezeigt, die Berge zum Beispiel oder das Snowboarden.» Sein Lebensinhalt hat sich verändert. Aber Diethelm betont: «Noch macht mich die Musik sehr glücklich, auch ‹Musig im Pflegidach›.» Dass er nicht mehr der Einzige ist, der diese Energie für die Konzertreihe aufbringt, begeistert ist, sich einsetzt, das habe zum Entscheid geführt, trotzdem weiterzumachen.

Immer mehr integriert

Gegen 20, primär junge Leute sind es, auf die Stephan Diethelm an jedem Konzertabend zählen kann. Sie helfen aufstellen, führen die Bar, filmen und, und, und. Zwei von ihnen, Lino Hofstetter und Samuel Bitz, sind immer intensiver involviert. «Sie können es sich vorstellen, in einiger Zeit meinen Posten zu übernehmen», sagt Diethelm. In seiner Stimme schwingt Freude mit, auch etwas Stolz. «Es ist schön zu spüren, dass die junge Generation hinter dem Projekt steht, neue Ideen einbringt, dass die Energie eben nicht mehr nur von mir kommt.»

In der nächsten Saison sind die beiden in die Organisation der Konzerte involviert, stehen in Kontakt mit Managements. Und die Jungen, sie bringen auch ein jüngeres Publikum ins «Pf legidach». Diethelm nennt es eines der Highlights der letzten Saison: «Dass immer mehr jüngere Leute vorbeikommen.» Er blicke auf viele gute Konzerte zurück. «Natürlich, das motiviert auch. Aber der Enthusiasmus der jüngeren Generation gibt einen neuen Schub.»

Weniger Konzerte

Nach 20 Jahren zum Nachdenken gebracht haben Diethelm nicht nur die zwei letzten, schwierigen Jahre. «Rund um Murikultur wird alles immer professioneller. Ich arbeite für ‹Musig im Pflegidach› von Anfang an unentgeltlich», erzählt er. Gerade auch im Hinblick darauf, die Reihe irgendeinmal in jüngere Hände zu übergeben, müsse sich dies ändern. «Ohne mindestens einen kleinen Lohn übernimmt das ganz sicher niemand», ist er überzeugt. Entsprechend suchte er das Gespräch mit Murikultur. Das Budget ist gleich geblieben, die Anzahl Konzerte aber nicht. «Neu sind es nicht mehr 30, sondern 25», sagt Diethelm. Entsprechend bleibe etwas Geld für ihn und seine Helferinnen und Helfer übrig. «Musig im Pflegidach» einst ohne Stephan Diethelm? «Das geht. Und das würde mich sehr freuen.» Entsprechend wichtig ist es ihm, sein Wissen weiterzugeben. Und Diethelm weiss, wie wichtig solch kleinere Bühnen für die Musiker sind. «Wenn wir in Italien an Festivals sind und Musiker wiedertreffen, die vor Jahren bei uns im Pflegidach gespielt haben, dann wird mir das jedes Mal wieder bewusst.» Motivation sind darum auch die Rückmeldungen der Leute, die auf der Pflegidach-Bühne auftreten. «Unser grosses Engagement wird von vielen Seiten geschätzt.»

Festgesetzte Verhaltensmuster

Die letzten zwei Jahre, sie waren auch für Diethelm und allgemein die Musikbranche nicht einfach. Auch im Pflegidach sank die Zahl der Besucher. «Ich zweifle, dass all diese Leute nun wiederkommen», ist er ehrlich. Andere Verhaltensmuster hätten sich in den letzten zwei Jahren festgesetzt. «Ich merke es bei mir selber. Früher ging ich öfter auswärts essen oder ins Kino.» Er ist überzeugt, dass es eine Ausdünnung des kulturellen Angebots geben wird. Für ihn ist dies aber kein Grund, aufzugeben. «Wir nehmen den Kampf auf und machen weiter.»

Und was Stephan Diethelm dafür jedes Jahr aufs Neue motiviert: neue Projekte. Für jede Saison fällt ihm Neues ein. Diesmal sind es «Stephan’s Basements». «Pro Saison machen wir sieben Aufnahmen von Schlagzeugern. Alle spielen sie in meinem Keller, auf meinem Schlagzeug.» Zehnminütige Videos entstehen daraus. Diethelm spricht von einer Bibliothek der angesagtesten Jazz-Schlagzeuger. «Darauf freue ich mich riesig.» Die erste Aufnahme entsteht morgen Samstag mit Nate Wood, der am Sonntag die «Musig im Pf legidach»-Saison eröffnet.


Vier Instrumente gleichzeitig

Nate Wood eröffnet die «Musig im Pflegidach»-Saison

Am Sonntag, 14. August, 20.30 Uhr, kommt Nate Wood zurück ins Pflegidach. Bereits vor vier Jahren war er mit seinem damals neuen Programm «fOUR» in Muri.

Die Crew von «Musig im Pflegidach» ist sehr gespannt, wie sich die Musik von Nate Wood in der Pandemie entwickelt hat. Denn noch immer spielt er gleichzeitig drei Instrumente und singt zudem noch. Die Songs stammen alle aus seiner Feder.

Der Grammy-nominierte Nate Wood ist Schlagzeuger und Multi-Instrumentalist und Mastering-Ingenieur mit Sitz in New York City. Er ist Gründungsmitglied des Grammy-nominierten Quintetts «Kneebody». Wood hat auch mit vielen namhaften Künstlern gespielt oder aufgenommen, darunter Taylor Hawkins und die Coattail Riders, Dave Grohl, Brian May und Roger Taylor («Queen»), Chris Squire («Yes»), Elliot Easton («The Cars»), Chaka Khan, Wayne Krantz, Billy Childs, Tigran Hamasyan, Donny McCaslin und Sting.

Drei Alben mit eigenem Material

Neben seiner Arbeit als Sideman hat Wood drei Alben mit eigenem Material veröffentlicht, auf denen er alles selbst gespielt, aufgenommen und gemischt hat. Er mastert auch Schallplatten für Künstler. --red R

eservationen unter mip@murikultur.ch.


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