Die Notbremse gezogen
10.01.2025 DottikonES wechselt Engineering-Unternehmen für die neue Produktionsanlage aus
Das Dottiker Unternehmen macht sich fit für die Zukunft. Die Produktionskapazität am Standort soll verdoppelt werden. Bei der Fertigstellung der chemischen Produktionsanlagen für ...
ES wechselt Engineering-Unternehmen für die neue Produktionsanlage aus
Das Dottiker Unternehmen macht sich fit für die Zukunft. Die Produktionskapazität am Standort soll verdoppelt werden. Bei der Fertigstellung der chemischen Produktionsanlagen für Pharmawirkstoffe kam es nun aber zu Problemen. Jetzt hat CEO Markus Blocher reagiert.
Chregi Hansen
Die Dottikon ES gehört nicht zu den Unternehmen, welche sich oft und gerne in der Öffentlichkeit äussern. Die Medienmitteilungen beschränken sich meist auf die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen und des Jahresabschlusses. Darum erstaunt die aktuelle Meldung auf den ersten Blick. Vor allem auch darum, weil der Inhalt eine gewisse Brisanz aufweist. Denn die Firma gibt darin die Auswechslung des Engineering-Unternehmens bekannt, welches für die der Oberbauleitung und Fachplanung Prozesstechnik der neuen Produktionsanlage verantwortlich war. Dies kurz vor der Fertigstellung und Inbetriebnahme.
Termine und Abmachungen nicht eingehalten
Doch warum wird ein solcher Vorgang überhaupt öffentlich gemacht. Man sei dazu verpflichtet, erklärt CEO und Hauptaktionär Markus Blocher auf Anfrage. Als ein börsenkotiertes Unternehmen müsse man sämtliche Entscheidungen kommunizieren, die allenfalls Einfluss auf den Börsenkurs haben könnten. Und dies sei hier eben gegeben. Falls es durch den Wechsel zu einer Verzögerung kommt bei der Inbetriebnahme (wovon Blocher aber nicht ausgeht), kann das Auswirkungen haben auf die Geschäftszahlen. «Wir wollten von uns aus informieren. Dies auch, um nicht irgendwelchen Spekulationen oder Gerüchten ausgesetzt zu sein», so Blocher weiter.
Gründe für den Wechsel so kurz vor der Fertigstellung gebe es viele, hält der CEO fest. Das bisher beauftragte Unternehmen habe klare Ziele, Termine und Abmachungen nicht eingehalten. «Mit der Zeit habe ich mich gefragt: Wollen sie nicht oder können sie es nicht?», erläutert Blocher. Die neue Produktionsanlage steht kurz vor der Fertigstellung, das jetzt ausgewechselte Schweizer Engineering-Unternehmen war verantwortlich für die Oberbauleitung und die Fachplanung der Prozesstechnik. Doch dabei kam es immer wieder zu Problemen. «Es fehlte offenbar an Personal. Es kam zu häufigen Wechseln bei den Verantwortlichen. Ständig waren neue Leute hier, die sich erst wieder einarbeiten mussten. Das ganze Team wirkte überfordert. Sitzungstermine wurden ohne Abmeldung nicht eingehalten, wichtige Informationen nicht weitergegeben. Das hatte auch Auswirkungen auf die Arbeit der anderen beteiligten Unternehmen», führt Markus Blocher die Gründe der Kündigung aus. Gerade, wenn es um die Inbetriebnahme einer solch komplexen Anlage gehe, dann müsse ein beauftragtes Unternehmen Vollgas geben. «Das geht eben nicht vom Homeoffice aus», ärgert er sich. Dabei ortet er vor allem ein Problem in der Führung des Unternehmens.
Keine Angst vor möglichen Konsequenzen
Die Kündigung sei auch nicht Knall auf Fall erfolgt, fährt der Firmenchef fort. Man habe verschiedene Gespräche mit den Verantwortlichen geführt, Termine gesetzt und klare Vorgaben gemacht. «Leider hat das nicht geholfen», so Blocher. Letztlich habe man dann eben die Notbremse gezogen und die Werkverträge gekündigt. Einem allfälligen rechtlichen Nachspiel sieht er gelassen entgegen. «Es hat einfach viel nicht geklappt. Und das können wir auch belegen.» Rückblickend müsse man zum Schluss kommen, dass wohl das falsche Unternehmen ausgewählt wurde für diese Arbeit. Aber es handle sich eben um eine hochkomplexe Anlage. «Es wird die grösste chemische Produktionsanlage für Pharmawirkstoffe in der ganzen westlichen Welt. Da gibt es nur wenige Anbieter, welche einen solchen Auftrag übernehmen können. Und wir haben uns bewusst für ein Schweizer Unternehmen entschieden. Im Nachhinein vielleicht ein Fehler», gibt sich Markus Blocher selbstkritisch. Zudem handle es sich um eine Mehrzweckanlage, was eine weitere Herausforderung sei. Die meisten Unternehmen seien sich gewohnt, eine Anlage für ein bestimmtes Produkt zu bauen.
Er ist aber überzeugt, dass der Wechsel keinen Einfluss auf den Terminplan haben wird. «Wir haben jetzt eine neue Organisation eingesetzt, bestehend aus eigenen Leuten und ausgewählten externen Spezialisten. Diese kümmern sich nun um die Fertigstellung und Inbetriebnahme», erklärt er. Weitere Verzögerungen könne man sich nicht erlauben. «Wir investieren hier am Standort 700 Millionen Franken, da muss es auch funktionieren», macht Blocher deutlich. Die ganze Anlage sei höchst komplex, allein die Länge der Rohrleitungen betrage 50 Kilometer. Die Dottikon ES verfügt zwar für die Entwicklung über eigene Ingenieure, aber bei der Umsetzung sei man natürlich auf Fachleute angewiesen. «Und das Problem der fehlenden Fachkräfte betrifft eben nicht nur die Schweiz», so Blocher.
Teilweise über 200 Arbeiter aus der Baustelle
Grundsätzlich aber verteilt der CEO den am Projekt beteiligten Firmen und Mitarbeitern gute Noten. Der Ausbau am Standort Dottikon ist bekanntlich ein Mammutprojekt, teilweise waren über 200 Personen gleichzeitig auf der Baustelle beschäftigt. Investiert wird in eine Erweiterung der Produktionskapazitäten in den bestehenden Anlagen sowie in neue Produktions- und Trocknungsanlagen für chemische Pharmawirkstoffe und zusätzliche Lagerkapazitäten. Die Arbeiten für die neue Trocknungsanlage sind abgeschlossen, die neue Produktionsanlage soll im Laufe dieses Jahres fertiggestellt werden, die vier Linien dann schrittweise in Betrieb gehen und ab kommendem Jahr voll funktionieren.
Börse reagiert nur minim auf die Nachricht
Trotz der jetzt entstandenen Probleme ist Markus Blocher überzeugt, dass die neuen Anlagen funktionieren werden und zu einer deutlichen Kapazitätssteigerung führen werden. Die sich dann auch positiv auf die Zahlen auswirken werden. Die Börse reagierte denn auch entspannt auf die Kündigung der Werkverträge. Der Kurs ist zwar nach der Veröffentlichung leicht gesunken, liegt aber immer noch über dem Wert von Ende Jahr.