Die Rechnung beglichen

  08.07.2022 Sport

Der Wohler Thomas Raiser am Zermatt-Marathon

Der 53-Jährige Thomas Raiser von der LR Wohlen bestand eine happige Prüfung: In 5:48.02 Stunden meisterte er den Zermatt-Marathon. Die nächsten Herausforderungen warten bereits.

Eine Rechnung ist offen, und er will sie zehn Jahre danach begleichen, unbedingt. Als Thomas Raiser 2012 das erste Mal am Zermatt-Marathon teilnahm, streikte der Körper – bei Kilometer 30 war Schluss.

Diesmal soll alles anders, besser werden, diesmal teilt der 53-Jährige seine Kräfte so ein, dass der Abstecher ins Wallis nicht mit einer Enttäuschung endet. «Oben ankommen», so lautet das Ziel des gebürtigen Deutschen aus Wohlen, «das, was 2012 war, passiert mir kein zweites Mal.»

Danke sagen am Verpflegungsstand

Es ist ein warmer, prächtiger Samstag, als rund 2200 Läuferinnen und Läufer die 42,195 Kilometer von St. Niklaus auf den Riffelberg zu Fuss zurücklegen. Und Raiser gehört zu denen, die sich als Sieger fühlen dürfen. Nach 5:48.02 Stunden hat er es geschafft. Er ist glücklich und wirkt nicht einmal ausgepumpt. «Ich habe den Lauf in der wunderbaren Landschaft genossen», sagt er, «ich bin nicht so verbissen, dass ich eine bestimmte Zeit erreichen will. Mir macht es nichts aus, an einem Verpflegungsstand kurz anzuhalten und mich bei den Helfenden für ihren Einsatz zu bedanken.»

Der ärztliche Rat nach der Lungenentzündung

Raiser ist in jungen Jahren passionierter Leichtathlet, Vereinsmitglied in Mühlacker, seine Heimatstadt liegt zwischen Karlsruhe und Stuttgart. Mit Beginn des Studiums verliert der Sport vorübergehend an Bedeutung, erst recht, als Raiser Vater wird. Nach dem Abschluss an der Universität zieht er mit seiner Frau Karin, einer Schweizerin, ins Freiamt, vor einem Vierteljahrhundert lassen sie sich in Wohlen nieder.

Eher faul sei er gewesen, sagt Raiser. Das ändert sich, als er eine heftige Lungenentzündung erleidet und längere Zeit Mühe mit dem Atmen hat. Der Arzt rät ihm, sich regelmässig zu bewegen. Raiser fängt behutsam an, dreht Runden auf dem Vitaparcours und findet Gefallen daran. Karin Raiser, die Mitglied der Läuferriege Wohlen ist, überzeugt ihn, der LR ebenfalls beizutreten. Heute kümmert er sich dort um die Clubnachrichten und die Homepage.

Das wunderbare Gefühl im Ziel

Aus dem Jogger, der gelegentlich unterwegs ist, wird ein Sportler, der immer häufiger die Laufschuhe schnürt. Der bald den ersten Halbmarathon bestreitet – und sich an seinen ersten Bergmarathon heranwagt. 2007 erhält er ein besonderes Geschenk von einem Freund: einen Startplatz am Jungfrau-Marathon. Er ahnt, dass es anspruchsvoll wird, heftig gar, «aber da hatte ich ein Ziel vor Augen und intensivierte das Training». Die 42,195 Kilometer von Interlaken auf die Kleine Scheidegg meistert er schliesslich in gut fünf Stunden.

An die Distanz gewöhnt sich der Informatiker immer mehr. Am Marathon in Zürich wird er Stammgast, schon zehnmal hat er ihn inzwischen bestritten. Er hat auch schon am Ultratrail du Mont Blanc teilgenommen und 110 Kilometer zurückgelegt. Der Lohn ist jeweils das wunderbare Gefühl im Ziel: «Ich komme mir vor wie die Fahrer der Tour de France, die bei einer Bergetappe von viel Publikum empfangen werden.»

«Dann vergisst du den Schmerz»

Was nicht heisst, dass er nicht leidet. «Leiden müssen vermutlich alle, auch die Besten», sagt der dreifache Familienvater, «da muss jede und jeder durch. Im Wissen, dass sich die Strapazen lohnen. Wenn du die Strecke hinter dir hast, vergisst du den Schmerz.»

Thomas Raiser investiert viel Zeit in sein Hobby. Die Laufschuhe sind ständig griffbereit, sechsmal pro Woche rennt er, bis zu 80 Kilometer kommen so zusammen. Und am liebsten ist es ihm, wenn die Strecke nicht f lach, sondern bergauf verläuft – möglichst lange. Es macht ihm nichts aus, fünf, sechs Stunden unterwegs zu sein. Wenn er einen Wettkampf wie in Zermatt hinter sich hat, zehrt er lange davon. Aber das heisst nicht, dass er sich deswegen zurückzieht. Raiser hat einiges auf dem Programm: Ende Juli startet er an den X-Trails in Davos über 68 Kilometer, am 10. September geht es an den Jungfrau-Marathon, und am 9. Oktober absolviert er den Napf-Marathon. Und das alles aus einfachem Grund: «Laufen ist einfach schön.» --pbi


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