Die Versorgungssicherheit erhöhen
16.08.2024 Bettwil, Region OberfreiamtStrom-Zukunft
In Bettwil stammen bereits mehr als 30 Prozent des verbrauchten Stroms aus eigenen Quellen. Die neue Trafostation soll nebst der Netzstabilität auch die Flexibilität erhöhen. Erstmals im Aargau kommt ein regulierbarer Ortsnetztrafo zum ...
Strom-Zukunft
In Bettwil stammen bereits mehr als 30 Prozent des verbrauchten Stroms aus eigenen Quellen. Die neue Trafostation soll nebst der Netzstabilität auch die Flexibilität erhöhen. Erstmals im Aargau kommt ein regulierbarer Ortsnetztrafo zum Einsatz. Mit dem Spatenstich wurde der Baustart gefeiert. --tst
Die Elektra Bettwil feierte den Baustart zu ihrer neuen Trafostation Dorf
Ein «Nadelöhr» beheben und bereit sein für die Herausforderung der Energiewende – das hat sich die Elektra Bettwil mit dem Ersatzneubau Trafostation Dorf vorgenommen. Der Spatenstich ist erfolgt.
Den mit roter Schlaufe festlich geschmückten Spaten haben sie zwar dabei, die Mitglieder der Elektrakommission Bettwil. Den offiziellen Baustart zelebriert Präsidentin Andrea Nietlisbach allerdings mit grösserem Gerät: Höchstpersönlich nimmt sie im Führerstand des Baggers Platz, rammt dessen breite Schaufel in den Grund, um sie zwei Meter weiter rechts wieder zu entleeren. Die Anwesenden zeigen sich sichtlich beeindruckt von den Bagger-Skills der Elektra-Präsidentin.
Dass die kleine Gemeinde überhaupt noch eine eigene Elektra hat, ist nicht selbstverständlich. Als Folge der Verteuerung der Strompreise aufs letzte Jahr hin hatte sich Widerstand formiert, der sich für einen Verkauf der Elektra aussprach. An der «Gmeind» hat sich die Bevölkerung dann allerdings deutlich zu ihrer Elektra und ihrem 520 000-Franken-Bauprojekt bekannt. «Wir geniessen einen grossen Rückhalt», stellt Kurt Niederhauser fest, der den Gemeinderat in der Elektra-Kommission vertritt.
Neuer Standort beim Dorfladen
Bereits vor neun Jahren wurde in einer ersten Etappe das Gebiet Langetmoos mit den beiden Trafostationen Hölzliacher und Langetmoos realisiert. Nun folgt also das Nadelöhr im Dorf, oder die «Haupt-Lebensader», wie Niederhauser sagt. Die alte Turm-Trafostation stammt noch aus den Gründerjahren der Elektrizitätsversorgung Bettwil und ist mittlerweile über 100 Jahre alt. Die Kapazitätsgrenze ist längst erreicht, die Freileitung störungsanfällig und selbst der Standort, nahe am Bach und in der Landwirtschaftszone, nicht mehr zeitgemäss.
Der Ersatzneubau ist denn auch auf dem gemeindeeigenen Areal hinter der alten Milchannahmestelle und dem heutigen Dorfladen vorgesehen. Die Trafostation wird hier so in den Hang gebaut, dass das Dach etwa dem Niveau des Chäsiplatzes entspricht. Nach einem langen Bewilligungsverfahren sowie vielen Widrigkeiten wie Lieferproblemen, Strommangellage und Boom in der Energiebranche können nun die Bauarbeiten beginnen.
Photovoltaik im Aufwind
Bei ihrem Ersatz zeigt die Elektra Weitsicht. Die neue Station wird mit einem regulierbaren Ortsnetztrafo (RONT) ausgestattet. 72 Wochen im Voraus musste er bestellt werden, damit er nun termingerecht eingebaut werden kann. Im Vergleich zu herkömmlichen Transformatoren kann der RONT das Übersetzungsverhältnis im Betrieb ändern. Dies ist im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung von Photovoltaik interessant, da die Spannung der effektiven Auslastung entsprechend angepasst werden kann. «Wir betreten da im Aargau Neuland», verrät Andrea Nietlisbach stolz.
Bereits werden über 30 Prozent des Energiebedarfs der Gemeinde vor Ort produziert, «überdurchschnittlich viel», ordnet Andrea Nietlisbach ein. Das hat etwa bereits dazu geführt, dass Hoch- und Niedertarif vereinheitlicht wurden. Ein nächster sinnvoller Schritt wäre etwa, die Steuerung der Geräte anzupassen. «Der Boiler muss nicht mehr unbedingt nachts laden, wenn tagsüber Sonnenstrom im Überfluss verfügbar ist», nennt Kurt Niederhauser ein Beispiel.
Das «Türmchen» soll bleiben
Parallel zum Trafostations-Ersatzneubau entsteht beim Friedhof eine Fernschaltkabine, welche die regionalen Hochspannungsleitungen zwischen Seengen, Sins und Kallern zusammenführt. Für die nächsten Jahre plant die AEW zudem weitere Ausbauten im 16-kV-Netz. Durch diese Massnahmen kann die Versorgungssicherheit in Bettwil weiter erhöht werden.
Und was passiert mit der alten Turm-Trafostation? «Wir werden uns dafür einsetzen, dass sie erhalten bleibt», sagt Kurt Niederhauser. Die Idee sei, einen neuen, stimmigen Verwendungszweck zu finden. Ob das so nahe am Bach und in der Landwirtschaftszone überhaupt möglich ist, wird sich noch weisen müssen. --tst