Die Verwaltung von morgen ist digital
18.08.2020 MuriGV der Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau
74 Gemeindeammänner und Gemeindepräsidenten aus dem ganzen Kanton trafen sich im Festsaal in Muri zu ihrer Versammlung. Unter anderem stimmten sie einer Statutenänderung zu, die auch das Projekt «Fit4Digital» vorantreibt.
Sabrina Salm
Die Digitalisierung macht auch vor dem Gemeindehaus nicht halt. «Digital wird die Zukunft», sagt ebenfalls Richard Schraner, Präsident der Finanzfachleute Aargauer Gemeinden, bei der Präsentation zum Projekt «Fit4Digital». Die kantonale Verwaltung treibt seit einigen Monaten ihre Bestrebungen im Rahmen der digitalen Transformation mit dem Programm «Smart Aargau» intensiv voran. Mit dem Vorhaben «Fit4Digital» ziehen die 210 Gemeinden nach. Beide Vorhaben haben dasselbe Ziel – die Entwicklung der Verwaltung von morgen.
Die Ammänner und Präsidenten hörten nicht zum ersten Mal von dem Projekt. Denn es wurde eine Umfrage bei den Gemeinden gemacht. 190 Rückmeldungen kamen zurück. 147 Gemeinden hätten eine Zusage gemacht.
Arbeitsort Gemeinde soll weiterhin attraktiv sein
Anlässlich der Generalversammlung der Gemeindeammänner-Vereinigung wurde nun entschieden, die Fit- 4Digital GmbH zu gründen, das heisst, die Statuten dafür anzupassen. Die Teilnehmer sagten dieser Teiländerung mit grosser Mehrheit zu. «Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass jede Gemeinde selber entscheiden kann, ob sie dann beim Projekt dabei ist oder nicht», hält Renate Gautschy, Präsidentin der Gemeindeammänner-Vereinigung, fest.
«Die Entwicklung der digitalen Gesellschaft kann man nicht beeinflussen. Es passiert einfach so», verdeutlicht Gérald Strub, kommunaler E-Government-Beauftragter, die Wichtigkeit des Projekts. «Fit4Digital» wird von der Gemeindeammänner-Vereinigung (GAV) und sämtlichen Gemeindepersonal-Fachverbänden getragen und umfasst die drei Bereiche Einwohnerportal, Public Innovators und Arbeitsweise intern. Das Einwohnerportal ist erstens ein Kundenportal, mit welchem die Einwohnerinnen und Einwohner ihre Verwaltungsleistungen bestellen und verwalten können. Zweitens ist es eine Prozessmaschine, die die Verwaltungsleistungen automatisiert abwickeln und die für die bestellte Verwaltungsleistung benötigten Daten aus den unterschiedlichen Datenbanken verknüpfen kann. «210 Gemeinden wollen wir zu Beteiligten machen», sagt Strub. Die «Public Innovators» sind die Aargauer Gemeinschaft, die sich auf die vertiefte Reform des öffentlichen Sektors durch praktische Massnahmen konzentriert. Dabei liege der Fokus bei der Weiterentwicklung der Arbeitskultur und dem Überarbeiten von Verwaltungsprozessen.
Die Arbeitsweise intern werde sich verändern. «90 Gemeindeschreiber werden in den nächsten 7 Jahren pensioniert. Es wird eine grosse Ablösung und Anpassungen geben», nennt Gérald Strub ein Beispiel. Das Einwohnerportal sei nicht nur ein Kundenportal, sondern auch Prozessmaschine, die die Verwaltung vernetzt. Ein weiteres Ziel sei, dass der Arbeitsort Gemeinde weiterhin attraktiv bleibe.
Die Finanzierung von «Fit4Digital» soll mit dem sogenannten Digitalisierungsfünfliber passieren. 2.50 Franken pro Einwohner zahlen die Gemeinden und 2.50 Franken der Kanton.
Grosse Veränderungen stehen an
Neben der Statutenänderung wurden auch alle anderen Traktanden von der Versammlung gutgeheissen. Renate Gautschy hat ihre Rückzugspläne aus ihren vielen Ämtern bekannt gegeben. So wird sie sich nach zehn Jahren aus dem Vorstand der nationalen Gemeindeammänner-Vereinigung zurückziehen. Gérald Strub wird ihr Nachfolger werden. Auch hört sie nach 16 Jahren im Grossrat auf. Der Präsident der kantonalen Gemeindeammänner-Vereinigung muss allerdings zwingend im Grossen Rat vertreten sein. Am 25. März 2021 wird ihr Nachfolger gewählt.
Die Sprache der Gemeinden verstanden
Dank und Ehrung von Regierungsrat Urs Hofmannn, Departement Volkswirtschaft und Inneres
Für die Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau steht neben dem Rücktritt der langjährigen Präsidentin auch eine weitere Veränderung an. Regierungsrat und «Schirmherr der Gemeinden» Urs Hofmann tritt Ende Jahr von seinem Amt ab. In seinen drei Amtszeiten sei er in fast jeder Gemeinde des Kantons gewesen. Er habe viel Erfreuliches erleben dürfen, aber natürlich auch Negatives. «Im Gemeindewesen waren es aber grösstenteils positive Erfahrungen», gibt Urs Hofmann preis. Knacknüsse gab es natürlich auch, aber diese wurden dank konstruktivem Verhalten fast immer gelöst. Das lösungsorientierte Politisieren sei dann auch der Vorteil der Gemeinden. Für diese Erfahrung wollte er sich bei den Gemeindeammännern bedanken.
Das Wachstum fordere heraus. Er kann sich erinnern, als er im April 2009 anfing, hatte der Kanton noch 590 000 Einwohner zu heute 690 000 Einwohnern. Die Gemeinden seien in dieser Zeit unterschiedlich gewachsen. Was sich sicher in allen Gemeinden verändert habe, sei die Komplexität der Aufgaben innerhalb der Gemeinden und im Amt eines Gemeindevertreters.
Starke Gemeinden als gute Partner
In seiner Zeit als Regierungsrat habe es viele Diskussionen über die Gemeindelandschaft im Kanton Aargau gegeben. «Der Kanton möchte starke Gemeinden als gute Partner.» Nur Gemeinden, die Aufgaben selbstständig erledigen können, überleben. Die Gemeinden müssten Gestaltungsfreiraum haben und eine Bevölkerung, die sich engagieren will. «Wir wollen Gemeindeautonomie, wo Gemeindedemokratie spielen kann.» Ein Entscheidungsspielraum müsse auch zukünftig das Ziel sein. Er habe sich immer für die Variante der Selbstbestimmung eingesetzt. «Nicht weil es immer so war, sondern weil es die Zukunft ist.» Um die Selbstbestimmung der Gemeinden zu behalten, muss diese Variante auch wahrgenommen werden. «Wir haben im Kanton eine gute Situation mit den Gemeinden», ist Urs Hofmann überzeugt. Besonders die persönlichen Kontakte werden ihm fehlen. «Haben Sie weiterhin Freude an Ihrer Arbeit», wünscht er den Gemeindeammännern im Festsaal in Muri.
Unter langanhaltendem Applaus nahm er von der Präsidentin der Gemeindeammänner-Vereinigung ein Geschenk und einen Blumenstrauss entgegen. «Heute ist noch nicht der Zeitpunkt, um dich zu verabschieden», sagt Renate Gautschy, «aber um Danke zu sagen.» Mit Hofmann als Verantwortlichem der Gemeinden hätten sie «das Beste» gehabt. Er habe die Sprache der Gemeinden verstanden. «Auseinandersetzungen hast du auf Augenhöhe geführt und du hast dich herzhaft für uns Gemeinden eingesetzt.» Übrigens, als Geschenk von der Gemeindeammänner-Vereinigung gab es einen Gutschein für eine Reise auf die Rigi. Von dort habe er einen Blick auf alle «seine» Gemeinden. --sab