Doppelte Demission in Beinwil
25.11.2025 Region OberfreiamtVakanzen im Gemeinderat
Die dicke Überraschung kommt an der Gemeindeversammlung in Beinwil erst, als die Traktanden abgearbeitet sind: Guido Wigger und Jürg Barmettler wollen auf den nächstmöglichen Termin hin aus dem Gemeinderat zurücktreten.
...Vakanzen im Gemeinderat
Die dicke Überraschung kommt an der Gemeindeversammlung in Beinwil erst, als die Traktanden abgearbeitet sind: Guido Wigger und Jürg Barmettler wollen auf den nächstmöglichen Termin hin aus dem Gemeinderat zurücktreten.
Als Grund nennen sie das Ergebnis der ausserordentlichen Windpark- «Gmeind» und vor allem die happigen Vorwürfe, die am Tag jener Versammlung in den sozialen Medien gegen den Gemeinderat erhoben wurden. --tst
Die Gemeinderäte Guido Wigger und Jürg Barmettler wollen nicht mehr
Die drei Kreditanträge über insgesamt 3,55 Millionen Franken waren überraschend schnell abgehakt. Doch zum Ende der «Gmeind» gab es eine handfeste Überraschung.
Thomas Stöckli
Gemeindeammann Stefan Zemp wollte schon zum Abschluss der Gemeindeversammlung kommen, als Ratskollege Guido Wigger, frisch zum Vizeammann gewählt, ans Rednerpult schritt. Als «Gedankenpuzzle» kündigte er seine Ansprache an. Wo diese hinführen sollte, blieb denn auch lange unklar. Wigger sprach von einer Vision, «Beuel» in seinem Charakter zu erhalten. Davon, dass Stillstand Rückschritt bedeute. Weiter kam er auf die wegfallenden Deponie-Einnahmen und die anstehenden Investitionen zu sprechen. Das drohe, die Vision zum Einsturz zu bringen: «Es braucht viel mehr Anstrengung, um nur schon den Erhalt zu sichern», hielt Wigger fest.
Ehrverletzende Anschuldigungen
Es dauerte lange, bis er auf den Kern zu sprechen kam: die ausserordentliche «Gmeind», an der vor knapp vier Wochen der Schaffung einer Spezialzone für Windenergieanlagen eine Abfuhr erteilt worden war – und damit auch dem Windpark. Im Vorfeld dieser Versammlung seien verleumderische Anschuldigungen auf sozialen Medien kursiert, «um die Beinwilerinnen und Beinwiler bewusst in die Irre zu führen», so Wigger. «Skandalöse Geheimverträge zwischen Windenergie-Promotor und Berner Gemeinde», wurde in so einem Beitrag der Verband Freie Landschaft Schweiz zitiert, mit der Ergänzung: «Und das nun auch in Beinwil; unglaublich traurig.» Der genannte Verband nannte sich bis 2011 noch «Schweizerische Vereinigung Landschaft ohne Windkraft» und verfolgt das Ziel, sich «gegen die Verschandelung der Landschaft durch industrielle Windkraftanlagen» einzusetzen.
«Es hat in Beuel nie Geheimverträge gegeben», hielt Wigger fest, Vorwürfe von Absprachen seien «schlicht erlogen». Weiter sprach er von übler Nachrede und von Verleumdung, von Ehrverletzung, Rufschädigung und einem Kesseltreiben, vom «primitivem Vorgehen» und von «bodenloser Frechheit». Gemeinsam mit Ratskollege Jürg Barmettler zieht Wigger die Konsequenzen: «Wir beide legen unser Amt auf den nächstmöglichen Termin nieder.»
Nichts gewusst von dieser Demission haben offenbar die Ratskollegin und die Ratskollegen. «Ich bin überrascht», so Gemeindeammann Stefan Zemp. Nach dem ersten Schock blickt er nach vorne: «Wir müssen und werden nun einen Weg finden, wie es für Beinwil weitergeht.» Gemäss der Aussage vom «nächstmöglichen Termin» gehe er davon aus, dass die beiden Gemeinderäte ihr Amt ausführen, bis eine Ersatzwahl durchgeführt sei.
Strassensanierung und neue Turnhalle einen Schritt weiter
Den Eklat verpasst hat Marius Büttiker, Sektionsleiter beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU). Gemeinsam mit Projektleiter Josef Korbonits durfte er zur Kenntnis nehmen, dass die Sanierung der Ortsdurchfahrt K 350 unbestritten war. Die Gemeindeversammlung hiess den Kostenanteil der Gemeinde von 2,43 Millionen Franken ohne Gegenstimmen gut. Damit kann nun das Genehmigungsverfahren anlaufen. Vorgesehen sind unter anderem die Ergänzung von Trottoirs, die Entschärfung von Einmündungen, Einfahrtsbremsen bei den Zufahrten und eine Offenlegung des Wissenbachs. Die Strasse bekommt einen lärmschluckenden Belag und im gleichen Zug werden auch die kommunalen Werkleitungen ersetzt. «Die Meteorleitungen sind stark verkalkt», so Jürg Barmettler. Mit einem Baustart rechne der Gemeinderat 2028.
Ein Jahr später soll der Ersatzneubau einer «Einfachturnhalle+» starten. Da wurde allerdings erst die Projektierung für 750 000 Franken bewilligt, mit 139 Ja- zu 0 Nein-Stimmen. Die bestehende Mehrzweckhalle ist zu klein, veraltet, die Haustechnik überholt und die Gebäudehülle praktisch ohne Wärmedämmung. Eine Sanierung sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, hielt Jürg Barmettler fest, ein Doppelhalle übersteige die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde, nicht nur wegen der Investitions- sondern auch bezüglich Betriebskosten. Eine Abklärung der Bedürfnisse habe zudem ergeben, dass bei den Vereinen insbesondere Mehrzweck- und Lagerräume gefragt seien, führte Jürg Barmettler aus. Hinter dem Kompromiss «Einfachhalle+» könne auch der Turnverein stehen, hielt Quirin Brun fest. Das Plus heisst, dass die Turnhalle bei Bedarf um einen abtrennbaren Turnraum erweitert werden kann. Der Baukredit soll 2027 vors Volk kommen.
Zwei neue Fahrzeuge für die Feuerwehr
Am deutlichsten gingen mit 147:0 Stimmen die Ersatzbeschaffungen für die Feuerwehr durch: 160 000 Franken für ein neues Pionierfahrzeug mit Rollladen sowie Aluminiumbrücke mit Blachenverdeck und 210 000 Franken für ein neues Schlauchverlegefahrzeug mit Platz für sieben Feuerwehrleute und 1500 Meter Schlauch. Beides sind Bruttokredite. Will heissen: Die kantonale Gebäudeversicherung wird sich mit 45 Prozent an den Kosten beteiligen – im Falle des Schlauchverlegers gilt die Subvention allerdings nur bis 180 000 Franken. Die 30 000 Franken, die darüber hinausgehen, muss die Gemeinde komplett selbst berappen.
Für die Präsentation des Traktandums holte sich Gemeinderat René Küng den Feuerwehrkommandanten Patrick Betschart zur Unterstützung auf die Bühne. Er bot Einblick in die Arbeit der Beschaffungskommission. Drei Fahrzeughersteller seien eingeladen worden, gemäss dem Anforderungskatalog einen Vorschlag einzureichen, wahrgenommen habe dies allerdings nur einer. Die neuen Fahrzeuge sollen 2027 in Betrieb genommen werden.
Frau Vizeammann verdankt
Und schliesslich wurde noch Franziska Stenico verabschiedet. Zwölf Jahre hat sie sich im Gemeinderat engagiert, acht davon als Frau Vizeammann. Mit viel Herzblut habe sie ihre Ressorts vertreten, sei dabei ihrer Haltung stets treu geblieben und habe sich für pragmatische Lösungen eingesetzt, würdigte Stefan Zemp ihr Wirken.
«Die Politik hat mich gepackt», hielt Franziska Stenico ihrerseits fest, dankbar für den «Rucksack voller Erfahrungen und Wissen», den sie mitnehmen dürfe. Als Grossrätin bleibt sie der Politik erhalten, «und wird die Interessen von Beinwil hoffentlich in Aarau vertreten», fügte der Gemeindeammann an.
Verabschiedet werden auch diverse langjährige Kommissionsmitglieder – allerdings erst am Kommissionsapéro im Januar.
Die Beschlüsse
Von den 877 Stimmberechtigten waren an der Gemeindeversammlung 147 anwesend. Sie hiessen alle traktandierten Geschäfte deutlich gut, die Kredite für die Sanierung der Ortsdurchfahrt K 350, für die Ersatzbeschaffung zweier Feuerwehrfahrzeuge und für die Projektierung einer «Einfachturnhalle+» sowie das Budget mit einem operativen Minus von knapp 200 000 Franken, bei einem unveränderten Steuerfuss von 98 Prozent, ohne Gegenstimme. Die Erhöhung des Stellenplans auf der Gemeindeverwaltung wurde mit 131:3 Stimmen angenommen.



