Durch das Leben tanzen
17.05.2024 KelleramtIns Rampenlicht tanzen
Melanie Willi will Profitänzerin werden
Sie suchte schon immer die grosse Bühne. Nun will Melanie Willi international durchstarten.
Schon als kleines Kind hat sie sich immer gerne bewegt und war ...
Ins Rampenlicht tanzen
Melanie Willi will Profitänzerin werden
Sie suchte schon immer die grosse Bühne. Nun will Melanie Willi international durchstarten.
Schon als kleines Kind hat sie sich immer gerne bewegt und war ein Tanzkind. «Ich habe mich auf der Bühne schon immer sehr wohlgefühlt», sagt die Frau, die in Aristau aufgewachsen ist und in Rottenschwil lebt. Ihr Traum vom Tanzen erhielt so richtig Aufschwung, als sie an der Kantonsschule in Wohlen ein Austauschsemester in San Diego absolvieren durfte. Nun ist sie seit Februar in London und will international durchstarten. Nichts kann sie von ihrem Traum abhalten. --spr
Die Freiämterin Melanie Willi ist auf dem Weg zur Profitänzerin
Sie ist auf einem Ohr taub und hat dennoch ein hervorragendes Taktgefühl. Melanie Willi verfolgt mit Nachdruck ihren grossen Traum. Sie will vom Tanzen leben. Dafür ist sie nun nach London «ausgewandert» und will sich dort in der internationalen Tanzszene etablieren.
Stefan Sprenger
Die kleine Melanie, fünf Jahre alt, sitzt auf dem Schoss ihrer Grossmutter. Im Fernsehen läuft Musikantenstadl. Zu den Schlagersongs wird auch immer wie wild getanzt. Melanie blickt gespannt in den Fernseher. «Tanzen. Bewegen zu Musik. Ich fand das schon immer faszinierend», sagt Melanie Willi. Ihre Grossmutter animiert das kleine Mädchen: «Du tanzt doch so gerne. Das wäre doch etwas für dich.» Melanie nickt.
«Rampenlicht immer gesucht»
Aufgewachsen ist die quirlige Frau in Aristau. Mit Schwinger Joel Strebel drückt sie die Schulbank. In Aristau steht sie am Turnerabend erstmals auf der Bühne. Weil sie schon in jungem Alter etwas mehr will, macht sie als Mädchen nicht nur beim Auftritt der Meitliriege mit, sondern auch bei den Erwachsenen. «Ich habe das Rampenlicht schon immer gesucht», erklärt sie.
Nach ihrer Zeit an der Bezirksschule in Muri zügelt sie von Aristau nach Rottenschwil. Und sie geht an die Kantonsschule in Wohlen. Dort durfte sie ein Austauschsemester absolvieren. Sie geht nach San Diego in die USA. Dort gab es Tanzen als Wahlfach. Natürlich hat die Freiämterin das sofort gebucht. Ihre Tanzlehrerin meinte, sie habe Talent. Zurück in der Schweiz schliesst sie sich einer Tanz-Crew an, tritt auf Bühnen auf und tanzt plötzlich im Fernsehen.
Auftritte im TV
Ihr erster Auftritt im TV war vor acht Jahren in der Show «Die grössten Schweizer Talente». Auch beim «Supertalent» in Deutschland oder der Tanz-Show «Darf ich bitten?» ist sie dabei. Ebenso ist sie auf grossen Festivals auf der Bühne oder tanzt an der Energy Star Night im Hallenstadion vor 10 000 Fans.
Sie scheint ihre Passion auszuleben und geht ihren Weg weiter. Eigentlich wollte sie Medizin studieren, irgendwann Herzchirurgin sein. Doch das Tanzen hat sie nun vollends gepackt. Sie entscheidet sich gegen das Studium und absolviert eine professionelle Ballettschule in Zürich. Vier Jahre dauert diese Ausbildung. An jener Schule lernt sie nebst der Technik auch ganz viel Disziplin. «Ich habe mit 22 Jahren die Ballettschule angefangen. In den ersten Wochen waren kleine Mädchen, vielleicht sieben Jahre alt, viel besser als ich.» Doch Melanie Willi hängt sich voll rein, wird inspiriert von der tanzfreudigen Umgebung. Sie lässt sich mitreissen, sie verbessert sich stark, sie fühlt sich wohl.
Auf einem Ohr taub
Eigentlich faszinierend, denn Melanie Willi ist auf dem rechten Ohr taub und hört links nur 85 Prozent. Diese Beeinträchtigung hat sie schon seit Geburt. «Wenn es ruhig ist um mich herum, ist es kein Problem. Sobald ich beispielsweise in einem Restaurant sitze und sich viele Menschen unterhalten, wird es sehr schwierig. Dann muss ich Lippen lesen.» Beim Tanzen stört sie dies nicht. Sie hört die Musik, einfach nicht ganz so gut wie andere.
Vor rund drei Monaten hat sie ihr Nest im Freiamt verlassen. Ihre Familie und Freunde hat sie seither nicht mehr gesehen. Sie ist nach London «ausgewandert». In jener Stadt, die neben Los Angeles zum grössten Tanz-Mekka der Welt zählt. Melanie Willi will Profitänzerin werden. Ihr Künstlername ist «Melzie Willis», auf Instagram folgen ihr 13 000 Menschen. «Ich habe meinen Traum verfolgt. Oder vielleicht hat der Traum auch mich verfolgt», sagt sie.
London und bald Los Angeles?
In London besucht sie verschiedene Tanzklassen. Mehrere Stunden pro Tag tanzt sie. Namhafte Choreografen trainieren und unterrichten in den unterschiedlichsten Stilrichtungen wie Hip-Hop oder Jazzfunk – und so weiter. «Oder ich tanze mit High Heels», erklärt Melanie Willi. In jenen Klassen sind Scouts und Choreografen auch auf der Suche nach neuen Tänzerinnen und Tänzern für verschiedenste Engagements. Auch Melanie Willi möchte entdeckt werden. Ein Vertrag bei einer grösseren Agentur ist ein Ziel. «Es geht in London nicht nur darum, tänzerisch noch besser und unter Vertrag genommen zu werden, sondern auch um Beziehungen zu knüpfen.» Ihr Ziel ist es, fix nach London zu ziehen, Engagements zu ergattern. Später will sie nach Los Angeles. Mit grossen Stars auf Tour zu gehen, beispielsweise Chris Brown, Justin Bieber oder Dua Lipa. «Das wäre ein Ding», sagt Melanie Willi. Aber sie ist nicht wählerisch. «Hauptsache, ich kann vom Tanzen leben.»
Die junge Frau aus dem idyllischen Freiamt zieht ihr Ding durch und hat grosse Träume. «Dream big», meint sie. «Beim Superbowl in den USA in der Halbzeit-Show auf der Bühne zu tanzen, wäre so richtig toll.» Sie muss selber lachen angesichts dieser Vorstellung. «Ich will einfach tanzen.»
Es ist eine Lebensschule
Melanie Willi wird gefragt, wieso ihr das Tanzen so gefällt. Sie erklärt fast schon philosophisch: «Beim Tanzen beschäftigt man sich mit sich selbst, es ist eine Lebensschule. Tanzen ist wie ein Spiegel deines eigenen Ichs, deiner Persönlichkeit. Man befasst sich beim Tanzen stets mit sich selbst, das löst etwas aus. Bei mir jedenfalls. Egal ob als Tänzerin oder als Mensch, ich habe enorm viel gelernt in den letzten Jahren.» Heute weiss Melanie Willi genau, was sie will: Tanzen. Und sie weiss auch, dass ihre Grossmutter – die ihr so wichtig war und vor zwei Jahren verstarb – damals recht hatte, als das Musikantenstadl im Fernsehen zu sehen war, die Leute auf der Bühne tanzten und sie zu ihr sagte: «Melanie, das wäre doch etwas für dich.»