Ein ganz besonderer Tag

  29.01.2021 Muri

Im Alterswohnheim St. Martin wartet man jetzt auf die zweite Impfung am 24. Februar

Am Mittwoch konnte es endlich losgehen. Ein Team des Kantons impfte zusammen mit fünf Pflegefachkräften des Alterswohnheims St. Martin die Bewohnerinnen, Bewohner, Mieter und das Personal der Institution gegen Corona. «Es war eine gute Erfahrung. Alles lief wie am Schnürchen», bilanziert Heimleiter Josef Villiger.

Susanne Schild

«Es klingt vielleicht überraschend, aber wir hatten beim Impfen einen wirklich guten Nachmittag. Es war ein Ereignis für uns alle», beschreibt Heimleiter Josef Villiger den Tag. Anfang Januar hat der Kanton Aargau seine Impfkampagne gestartet. Seitdem sind die mobilen Impfteams in den Alters- und Pflegeheimen unterwegs. Am Mittwochnachmittag konnte es auch im Alterswohnheim St. Martin losgehen. Pünktlich um 12.30 Uhr, ganz nach Zeitplan, konnte die erste Spritze von den fünf «Impfperlen» des Alterswohnheims St. Martin aufgezogen werden.

Viel mehr als nur ein kleiner Pieks

Doch mal eben die Bewohner im Heim gegen das Coronavirus impfen, ein kleiner Pieks und das war es, so einfach gestaltet sich das Ganze nun auch wieder nicht. Die Arbeit der mobilen Impfteams ist aufwendig. Das Team des Kantons, das aus Oliver Stutz und Raphael Sonderegger vom Zivilschutz Freiamt sowie Walo Beck, der zuständigen Fachperson Medizin, bestand, startete schon am Morgen. «Für jeden Tag gibt es einen Zeitplan», erklärt Oliver Stutz. Am Morgen holten die beiden Zivilschützer Walo Beck am Kantonsspital Aarau ab. Walo Beck ist Anästhesiepfleger und eigentlich schon pensioniert. «Jetzt bin ich wieder im Einsatz und mache das sehr gerne», betont er. Am Vortag war er im Kantonsspital Aarau im Einsatz und impfte dort rund 500 Personen. «Wir impfen sozusagen im Minutentakt. Wobei das Anund Ausziehen der Patienten die meiste Zeit in Anspruch nimmt.» Danach ging die Fahrt weiter ins Kantonsspital Baden, wo die 90 Impfdosen abgeholt wurden. Mit der wertvollen Fracht an Bord ging es dann nach Muri.

Sehr gut vorbereitet

Dort war man bestens auf den grossen Tag vorbereitet. Auf die Frage, wie er sich denn heute fühle, antwortet der Heimleiter: «Sehr gut. Wir haben uns alle auf diesen Tag gefreut.» Bislang sei man sehr gut durch die Pandemie gekommen. Der heutige Tag sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Normalität und gebe die Hoffnung auf eine gewisse Sicherheit wieder. «Seit einem Jahr legen unsere Bewohnerinnen und Bewohner eine sehr hohe Selbstdisziplin an den Tag», lobt Villiger. Man halte zusammen, gehe gemeinsam durch diese schwierige Zeit. Die Einschränkungen würden akzeptiert, um das gemeinsam durchzustehen. Umso grösser sei die Freude auf diesen Tag gewesen.

Vorbildliche Kommunikation mit dem Kanton

Vor zwei Wochen erhielt er ein Schreiben vom Kanton, in dem im Detail erklärt wurde, wie die Impfung ablaufen werde. «Der Informationsfluss war vorbildlich», betont Villiger. Danach wurden die Bewohner, Mieter und das Personal informiert. «Sich impfen zu lassen, ist eine persönliche Entscheidung. Aus diesem Grund haben wir mit jedem gesprochen», so Villiger. Viele hätten gleich spontan mit ja geantwortet, andere hätten die Frage erst mit ihren Angehörigen besprochen. «Man hat deutlich gemerkt, dass die Leute sich mit dem Thema intensiv befasst haben», sagt der Heimleiter. Heimarzt Dr. Pfisterer aus Muri habe im Vorfeld Aufklärungsarbeit geleistet und die Abklärungen bei den Bewohnern gemacht. Geimpft werden darf nur, wer in den letzten drei Monaten nicht mit Covid-19 infiziert war, keine Allergien aufweist, keinerlei Coronasymptome zeigt und gesund ist. Auch an diesem Nachmittag ist er anwesend und überwacht den Prozess. Über 90 Prozent haben ihr Einverständnis gegeben. Nachdem die schriftlichen Einverständnisse zur Impfung an den Kanton geschickt wurden, erhielt man den Impftermin am Mittwoch. Der 81-jährige Hans Meyer meinte nach der Impfung: «Das war ja weniger als ein Mückenstich.» Auch für Ingrid Welk (74) stand sofort fest, dass sie sich impfen lassen wird. «Ein kleiner Pieks, aber ein grosser Schutz für meine Mitmenschen und mich.»

Jeder muss die Entscheidung für sich treffen

Auch das gesamte Personal hatte die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Josef Villiger geht mit gutem Beispiel voran mit einem klaren Ja zur Impfung. Rund ein Viertel der Belegschaft hat der Impfung zugestimmt. Natürlich gab es Diskussionen. Auf keinen Fall würde man bei den Bewohnern oder beim Personal Druck ausüben. «Ich muss hier wirklich als Heimleiter wertfrei sein», ist Villiger überzeugt. Die Entscheidung müsse jeder selbst treffen. Und selbst wenn ein rechtlicher Betreuer dem zugestimmt hat: Wenn wir merken, ein Bewohner sperrt sich sichtlich gegen den Pieks und hat Angst davor, akzeptieren wir das natürlich. Alles ist rein freiwillig.» Das ist dem Heimleiter sehr wichtig. «Das ist der Geist in unserem Haus. Wir haben nicht einmal eine Hausordnung. Wenn etwas zu klären ist, dann reden wir darüber und finden eine Lösung.»

Für Ingrid Vogel, Fachfrau Pflege, die eine der fünf «Impfperlen» im Alterswohnheim St. Martin ist, stand von Anfang an fest, dass sie sich impfen lassen wird. «Es dient meinem Schutz und dem Schutz der anderen», ist sie überzeugt.

Josef Villiger lobt die Organisation und die Durchführung des Impftages. Der Kanton habe vorgängig genau mitgeteilt, was an Infrastruktur benötigt wird.

Der Speisesaal wurde zur Impfzentrale

So konnte für das Impfteam alles vorbereitet werden. Geimpft wurde im Speisesaal, sodass für Registrierung, Impfvorbereitung (Hautdesinfektion) und das Setzen der Spritze genügend Platz war und die Wartenden gemäss Gesundheitskonzept kanalisiert werden konnten. Anschliessend gab es genügend Platz, um die Geimpften zur Überwachung allfälliger Nachwirkungen für eine gute Viertelstunde beobachten zu können. Doch unerwünschte Nachwirkungen hat es in keinem Fall gegeben. «Alles lief wie am Schnürchen. Wir hatten geplant, um 15 Uhr fertig zu sein. Bereits um 14.20 Uhr war alles vorbei.» Das war auch gut, denn die Impfdosen konnten nur bis 17 Uhr aufbewahrt werden. Da sechs nicht benötigt wurden, organisierte Josef Villiger kurzerhand noch Impfwillige, die die momentanen Kriterien für eine Impfung erfüllen. Unter ihnen auch der 75-jährige Walter Ehrensperger, der als Fahrer für das Alterswohnheim tätig ist: «Ich bin wirklich dankbar, dass auch ich jetzt einen Beitrag zu unser aller Schutz leisten kann.» Jetzt warten alle auf die zweite Impfung, die am 24. Februar durchgeführt wird.


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