Ein hochkarätiger Abend
20.01.2023 MuriChristian Jott Jenny trat im Cabarena auf
Dreisprachig begrüsste er singend das Publikum. «Das gibt mehr Geld von Pro Helvetia.» Das Publikum hing sofort an Christan Jott Jennys Lippen. Er nahm es mit auf seine Tätigkeit als St.-Moritzer Gemeindepräsident ...
Christian Jott Jenny trat im Cabarena auf
Dreisprachig begrüsste er singend das Publikum. «Das gibt mehr Geld von Pro Helvetia.» Das Publikum hing sofort an Christan Jott Jennys Lippen. Er nahm es mit auf seine Tätigkeit als St.-Moritzer Gemeindepräsident und gab ihm wertvolle Tipps mit auf den Weg. «Investieren Sie dieses Jahr in Schneekanonen. Es wird sich lohnen.» Zusammen mit dem Staatsorchester sorgte sein Programm «und jetzt: VARIA» für Begeisterung. --ake
In seiner ganzen Vielfalt
Christian Jott Jenny und das Staatsorchester begeisterten im Cabarena
Er ist Tenor und Gemeindepräsident von St. Moritz und Komiker und Initiant eines Jazz-Festivals. Christian Jott Jenny ist ein Tausendsassa und zusammen mit dem Staatsorchester nahm er das Murianer Publikum mit auf eine Reise durch seine vielen Welten. Im Gepäck dabei waren ganz viele Lacher.
Annemarie Keusch
Es sind ganz viele kleine Momentaufnahmen. Ganz viele kleine Geschichten, meistens lustige, aber auch solche, die einem die feinen Härchen auf dem Arm aufstellen lassen. Wer am Montagabend im Cabarena war und an einzelne davon zurückdenkt, der dürfte eine Woche mit ganz viel Grinsen erlebt haben. Aber auch eine, in der man sich ab und zu fragt, was Kunst, was Comedy darf. Oder in der man sich die gleiche Frage stellt, die auch Christian Jott Jenny immer wieder für sich beantworten muss: «Darf man in derart schwierigen Zeiten überhaupt noch lustig sein?»
Es ist die ganze Bandbreite, die Christian Jott Jenny zusammen mit dem Staatsorchester in «und jetzt: VARIA» abdeckt. Er streift den Witz über die weissen Socken der Aargauer nur am Rande, nimmt dafür den Murianer Gemeindepräsidenten und «seine Raucher-Beiz» immer wieder ins Programm auf. Dass Hans-Peter Budmiger sein «Wave» per 1.Januar verkaufte, dürfte nicht mehr in Jennys Vorbereitungen eingeflossen sein. Das Cabarena-Publikum mag es ihm verzeihen.
Werbeblock für St.Moritz
2018 wars, als Christian Jott Jenny als Gemeindepräsident von St.Moritz gewählt wurde. «Ein Unfall», sagt er heute dazu und sagte dies auch bei einer Podiumsveranstaltung, als es um die Wahlen für die nächste Legislatur ging. «Wenn Sie mich noch einmal wählen, dann ist es eine chronische Krankheit. Krank-Moritz.» Und genau so kam es. Seine politische Tätigkeit sei laufend Thema, auch jetzt noch. Wie er auf die Idee kam damals? Eine Frage, die ihm immer wieder gestellt werde. Jenny beantwortet sie mit einem Lied «meiner angebeteten Chansonnière Margrit Rainer: «Eusereine chönnt das au».
Neben dem Amt als Gemeindepräsident schweizweit auf Bühnen unterwegs zu sein, das gehe nur unter der Bedingung, einen Werbeblock für St. Moritz einzustreuen. «Wir haben 437 Sonnentage», kam Jenny dieser Forderung nach und gab ein Werbe-Medley für St.Moritz zum Besten. «Das Leben macht mehr Sinn im Oberengadin.»
Überhaupt, es ist die Abwechslung zwischen Musik und Worten, die «und jetzt: VARIA» so hochkarätig machen. Pause gibts nie. Und auch für Jenny nur einmal. Dann, wenn ein kleiner Hund, «ein Engadiner Schäferhund», auf die Bühne kommt und zum auf der Violine präsentierten rätoromanischen Schlaf lied «Dorma bain» jault. Auch das gehört dazu, der Jö-Effekt war damit abgedeckt.
Varia. Es ist jeweils der letzte Punkt auf der Traktandenliste für Sitzungen. Oder wie es Jenny formuliert: «Wenn man schon an den Apéro denkt, dann kommt das noch.» Es sei wie jene Schublade in der Küche, in der alles Mögliche verstaut sei. «Und denken Sie daran, wenn jemand ankündigt, noch kurz etwas Kleines besprechen zu wollen, dann sitzt du noch zwei Stunden in dieser verdammten Arvenstube.» Aber wenigstens gibts daraus den Namen und viel Stoff für ein fast zweistündiges Abendprogramm.
Junge Geigerin und nicht nur «alte weisse Männer»
Christian Jott Jenny ist der Entertainer, der Unterhalter. Und doch geht das Staatsorchester, besetzt mit lauter professionellen Musikern, nicht unter. Einerseits überzeugen sie wenig überraschend mit ihrem musikalischen Können. Und andererseits singt überraschend Bassist August Züger «I did it my way» – und das mit vollem Körpereinsatz. Oder Andreas Joho am Flügel hisst und schwenkt die St.-Moritzer-Fahne.
«Chick an Geige gesucht»
In seinem aktuellen Programm lotet Jenny aber auch Grenzen aus. Während Violinistin Noelle Grüebler zum ersten Mal die Bühne betritt, meint er, dass ein Orchester nur aus älteren weissen Männern doch nicht gehe. «Darum schalteten wir eine Annonce: «Chick an Geige gesucht.» Natürlich kommt sie aus dem Osten.» Oder er erzählte, dass Beerdigungen seine liebsten Auftritte seien. «Da braucht es nicht wie bei Hochzeiten vier Vorgespräche und am Schluss wird noch versucht, die Gage zu kürzen. Für Beerdigungen zahlt schliesslich der, der unter dem Boden liegt.» Zusammen mit dem Staatsorchester präsentierte er zudem ihr «Best of Souterrain», die Lieder, die an Beerdigungen am meisten gewünscht werden. «Junge, komm bald wieder» gehöre da genauso dazu wie natürlich «Time to say Goodbye».
«The Beatles» statt Vico Torriani
Es wird viel gelacht, manchmal gar gegrölt an diesem Abend im Cabarena. Spontanen Applaus gibts viel. Auch dann, wenn der Zürcher erzählt, dass er sich für den Seniorentag mit der St.-Moritzer Bevölkerung musikalisch vorbereitet habe, Vico-Torriani-Lieder auswendig lernte. «Und dann wünschten die sich The Rolling Stones oder The Beatles.» Damit er es nicht ganz vergeblich geübt habe, sind die Torriani-Lieder nun Teil seines Programms.
Es gibt aber auch die anderen Momente, die fast schon traurigen, die ganz leisen. Wenn Jenny «Irgendwo auf der Welt» singt, ein Lied, das 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, geschrieben wurde. «Ich bin überzeugt, man darf auch in schwierigen Zeiten lustig sein.» Lachen zu können, das helfe. «Dass ein Paar dies seit 25 Jahren in Muri ermöglicht, das ist unglaublich wertvoll.» Ein schöner Abend wars auch für die Organisatoren. «Was wünscht man sich zum 25. Geburtstag des Cabarena? Vielleicht, dass der Gemeindepräsident kommt. Und dass auch der Gemeindepräsident von St.Moritz da ist. Und erst noch mit dem Staatsorchester.» Das alles ging an diesem Abend in Erfüllung.