Ein packender Erzähler
24.01.2023 MuriDie Sagen und das Kloster Muri – dass das zusammengehört, präsentierte Peter Hägler
Mit der Geschichte rund um das Kloster Muri kennt sich Peter Hägler bestens aus. Und auch mit den Freiämter Sagen ist er bekannt. Für den Winteranlass auf ...
Die Sagen und das Kloster Muri – dass das zusammengehört, präsentierte Peter Hägler
Mit der Geschichte rund um das Kloster Muri kennt sich Peter Hägler bestens aus. Und auch mit den Freiämter Sagen ist er bekannt. Für den Winteranlass auf dem Sagenweg in Waltenschwil verband er beides. Herausgekommen ist ein spannender, wenn auch kalter Nachmittag.
Annemarie Keusch
Es ist bitterkalt an diesem Sonntagnachmittag. So wie es sich die Verantwortlichen des Sagenwegs gewünscht hätten. «Leichter Schneefall, perfekt», meinte Karin Renner, Vorstandsmitglied von Erlebnis Freiamt dazu. Und trotzdem, kalt war niemandem. Niemand sehnte sich danach, dass die Tour zu vier ausgewählten Skulpturen des Sagenwegs bald fertig sei und ein warmes Getränk Wärme bringen würde. «Wir hätten noch viel länger zuhören können», meinte Karin Renner am Schluss des Anlasses und sprach den rund 50 Teilnehmenden aus der Seele. Der Grund liegt vor allem bei Peter Hägler.
Der ehemalige Bezirksschullehrer ist ein packender Erzähler, einer, der sein Publikum fesselt, zum Lachen bringt und gleichzeitig sein grosses Wissen vermittelt. Ein Besuch des klösterlichen Sagenwegs war angekündigt. Und Hägler verband die verschiedenen Geschichten miteinander
– erst noch anhand eines Dokuments, das noch nicht veröffentlicht wurde. Die «Annales», die Notizen, die die Äbte des Klosters seit 1027 festhielten. Über das Wetter, über das, was sonst im und um das Kloster passierte. «Jahrbücher», meinte Hägler. Zwei Männer hätten diese nun in Freiwilligenarbeit vom Latein ins Deutsche übersetzt. «Sie lernen dieses Werk nun als erstes Publikum überhaupt kennen.»
Halbreife Birnen und minus 36 Grad
1277 zum Beispiel sei der Winter frostig gewesen. 1573 habe man am Martinstag minus 36 Grad gemessen. Auch die grössten Seen seien mit einer derart dicken Eisschicht bedeckt gewesen, dass es ganze Fuhrwerke trug. 1680 dafür schrieb der Abt nieder, dass er im Winter halbreife Birnen gepflückt habe, weil die Temperaturen so hoch waren. 800 handgeschriebene Seiten wurden so in Freiwilligenarbeit übersetzt und werden gedruckt in vier Bändern erscheinen.
Mit vier Sagen und deren klösterlichem Bezug setzte sich Peter Hägler intensiver auseinander. Etwa mit «Brennende Männer», die die Herren im Wald sahen, als sie den Wein vom Elsass vom Schiff in Bremgarten mit Kutschen nach Muri transportierten. «Vermutlich sahen sie desto mehr davon, je mehr Wein sie auf der Strecke gekostet haben.» Ob es Halluzination ist oder Realität? Auf jeden Fall hat Ernst Ludwig Rocholz sie aufgeschrieben. «Hätte es ihn nicht gegeben, gäbe es nun keine Kunstwerke im Wald.» Er schrieb das nieder, was er an Geschichten zu Ohren bekam.
Licht über die Reuss, um Unglücke zu vermeiden
Einen besonders engen klösterlichen Bezug hat der «Stiefeliryter». Ein Angestellter des Klosters sei er gewesen. Und vielleicht hatte er sich eine Lohnerhöhung seitens des Abtes erhofft, als er schwörte, dass ein Waldstück schon immer dem Kloster gehört habe, obwohl es im Besitz von Bauern war. «Und diese Bauern brauchten das Holz. Damals hatten die Leute im Freiamt ausserordentlich wenig. Ohne Holz froren sie den Winter hinüber», erzählte Hägler. Anstatt der Lohnerhöhung war er auf der Stelle halbtot und reitet seither jede Nacht verkehrt auf seinem Pferd sitzend rastlos durch die Wälder. «Damals gab es noch ganz andere Vorstellungen von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit.»
Auch die Geschichte des «Rüssegger Lichts an der Reuss» erzählte Hägler auf seine Art. Die Geschichte der Frau von der damaligen Burg in Reussegg, die auf dem Heimweg von ihrer elterlichen Burg in Hünenberg ein Unglück ereilte. Weil es schon eindunkelte und stark windete, kam die Reuss-Fähre von ihrem Weg ab. Ihre zwei Söhne gingen von Bord und ertranken. Danach wurde dort ein Licht installiert, damit solche Unglücke nie wieder passieren. «Heute ist es einer der zwei Ewigen Lichter in der Kirche von Sins», weiss Hägler. Und auch beim «Zufiker Tanzplatz» machte die Gruppe einen Halt. «Hier tanzen Feen, Waldmännchen und -frauchen, geheimnisvolle Wesen. Ob im Kloster oder allgemein im Leben, tanzen ist doch besser als streiten.»
In der Jugendherberge in Brugg
Auch zwischen den Sagen deponierte Hägler viel Wissen rund um das Kloster Muri. Etwa, dass der Ursprung der Habsburger in der Schweiz in einer Jugendherberge in Brugg liegt. Oder dass die Aufhebung des Klosters damals ein politischer Entscheid gewesen sei. Und Hägler zeigte sich als Sagenweg-Fan. «Es ist etwas vom Tollsten, das es im Kanton Aargau gibt.» Überhaupt sei aus ihm, dem Neuenhofer, ein begeisterter Freiämter geworden. Einer, der die Geschichten aus dem Freiamt mit genau dieser Begeisterung weitererzählt.