Ein Projekt nach dem andern
08.10.2024 MuriUngebrochen viel Herzblut
15 Jahre «Zukunft für Burkina Faso»
Ein Volontariat in einem Waisenhaus stand am Anfang. Mittlerweile hat Brigitte Keusch mit ihrem Hilfsprojekt zwei Schulzentren aufgebaut.
Über 500 ...
Ungebrochen viel Herzblut
15 Jahre «Zukunft für Burkina Faso»
Ein Volontariat in einem Waisenhaus stand am Anfang. Mittlerweile hat Brigitte Keusch mit ihrem Hilfsprojekt zwei Schulzentren aufgebaut.
Über 500 Kinder waren es, die in diesen Tagen in den Centres St. Benoît und St. Georges im Norden von Burkina Faso ins neue Schuljahr gestartet sind. Just auf diesen Moment wurde das neue, doppelstöckige Primarschulhaus im zweiten Centre fertig. Es ist ein weiterer Meilenstein, von denen es in der 15-jährigen Geschichte des Hilfsprojekts der Murianerin Brigitte Keusch schon so manche gibt. --ake
Vor 15 Jahren lancierte Brigitte Keusch das Hilfsprojekt «Zukunft für Burkina Faso»
Es hat mit wenigen Patenschaften angefangen. Mittlerweile stehen im Norden Burkina Fasos zwei Schulzentren. Brigitte Keusch blickt auf die 15 Jahre zurück. Just zum Jubiläum konnte nun das zweistöckige Gebäude für die Primarschule im Centre St. Georges teilweise in Betrieb genommen werden.
Annemarie Keusch
Die Freude ist zu spüren. Auch wenn Brigitte Keusch nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wovon sie berichtet. Auch wenn es Bilder und Videos sind, die sie weiterleitet. Bilder, die zeigen, wie Kinder und Erwachsene Mauern bunt anmalen. Kinder, die das erste Mittagessen im neuen Schuljahr im neuen Schulhaus geniessen. Mitarbeitende, die lächeln. Regen, der auf das Centre St. Benoît prasselt und alles üppig wachsen lässt. Bilder, die zeigen, dass es gut läuft. Dass Früchte trägt, was Brigitte Keusch vor 15 Jahren lancierte. Dass es vorwärtsgeht. Und vor allem, dass das neue, doppelstöckige Schulhaus nun endlich fertig wird – wenn auch rund ein Jahr später als ursprünglich gehofft.
Aber eben, Brigitte Keusch sieht es nur auf Bildern, auf Videos, hört es am Telefon. Reisen in den Norden Burkina Fasos sind seit Jahren zu gefährlich und auch vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten nicht empfohlen. «Ich will nichts riskieren», sagt Brigitte Keusch. Und doch, dass sie seit 2018 nicht mehr in Ouahigouya sein konnte, schmerzt. «Mein Herz würde sich riesig freuen, wenn die politische Lage bald wieder stabil genug wäre.» Um eben mit eigenen Augen zu sehen, was entstanden ist. Aber auch, um die Wertschätzung den Leuten vor Ort gegenüber zu zeigen. Wann das sein wird? Brigitte Keusch wagt keine Prognose. «Ich weiss, dass es vor Ort kleine Lichtblicke gibt. Flüchtlinge, die in ihre Dörfer zurückkehren. Die Anschläge werden weniger.»
Immer selbsttragender
Dennoch. Hadern will Brigitte Keusch nicht. «Es war immer unser Ziel, die Projekte so aufzugleisen, dass sie ohne unsere Präsenz vor Ort funktionieren. Es ist schön, zu spüren, dass dem nun immer mehr auch wirklich so ist.» Brigitte Keusch spricht davon, dass die Projekte vor Ort zu rund 40 Prozent selbsttragend seien. Dank den Familien, die das Schulgeld für ihre Kinder zahlen können. «Tendenz steigend.» Über 500 Schülerinnen und Schüler sind Anfang Monat in den Centres St. Benoît und St. Georges ins neue Schuljahr gestartet. Auch hier steigt die Zahl. Drei Klassen sind es mehr als im Jahr zuvor. Dabei ist es noch keine neun Jahre her, dass «Zukunft für Burkina Faso» den ersten Kindergarten eröffnen konnte. «Gewaltig», sagt Brigitte Keusch.
Im ersten Zentrum, St. Benoît, stehen mittlerweile ein Kindergarten, zwei Primar- und ein Sekundarschulhaus – im St. Georges steht seit 2022 ein Kindergarten, nun kommt ein doppelstöckiges Primarschulhaus hinzu. Auch wenn es wegen der anhaltenden Unruhen noch mehr Verzögerungen für Baumaterial gab, auch wenn im letzten Jahr stark improvisiert werden musste, jetzt bei der Eröffnung rückt das alles in den Hintergrund. Überhaupt zeigt sich Brigitte Keusch beeindruckt. «3000 grosse Backsteine für den Zwischenboden des neuen Gebäudes haben die Bauarbeiter per Flaschenzug hochgehoben», erzählt sie eine Anekdote.
Volontariat stand am Anfang
Ein Volontariat in einem Waisenhaus in Burkina Faso steht am Anfang von Brigitte Keuschs Engagement. «Zufall», sagt sie. Patenkindern Bildung zu ermöglichen, war die erste Idee. Wie sie darauf kam? «Ich wusste, dass man damit wirklich etwas bewirken kann. Es gibt in Burkina Faso nach wie vor viele Eltern, die das Schulgeld nicht haben. Oder eben Waisenkinder, die es noch schwieriger haben.» Schnell wuchs das Projekt mehr und mehr. «Für mich stand es von Anfang an ausser Frage, dass ich nicht einfach Geld schicken will, obwohl das viel einfacher wäre. Ich wollte wirklich etwas bewirken, etwas begleiten», sagt sie. Stolz begleite sie, wenn sie nun zurückblicke. «Nicht auf mich, sondern auf die Leute vor Ort. Allen voran auf Adama Guiro, den Leiter beider Centres. Wie er in diesen Jahren alles mitaufgebaut, begleitet, geprägt hat, das beeindruckt.»
Dennoch, ohne finanzielle Unterstützung des Vereins «Zukunft für Burkina Faso» wäre alles nicht möglich gewesen. Mehr als eine halbe Million Franken habe der Verein in den 15 Jahren gesammelt. «Auch das kann ich manchmal gar nicht in Worte fassen. Dass wir und unser Projekt bei den Spenderinnen und Spendern auf so viel Wohlwollen und Vertrauen stossen, erfüllt mich sehr», sagt Brigitte Keusch. Dieses Vertrauen – es sei der Antrieb, um immer weiterzumachen. Denn auch nach 15 Jahren und zwei Schulzentren sind noch nicht alle Ziele erreicht. «Es fehlen noch mindestens drei Schulgebäude», sagt die Murianerin und lacht. Denn die Schulbildung soll in beiden Centres möglichst bis zur Matura ermöglicht werden. «Und auch dann gibt es noch Ideen. Gerade im Bereich der Berufswahl.» Sie denke an Ateliers, in denen Jugendliche Berufe erlernen können. Aber Brigitte Keusch betont: «Wir gehen weiterhin Schritt für Schritt. So sind wir 15 Jahre lang gut vorwärtsgekommen.» Anfangs hätte sie es nie gewagt, von einem Schulzentrum zu träumen, «geschweige denn von zwei».
Nicht immer einfach
Aufhören, das kann und will Brigitte Keusch längst nicht mehr. «Schliesslich haben wir uns den Leuten vor Ort auch ein Stück weit verpflichtet», sagt sie. Und es macht ihr ganz einfach auch Spass, die Projekte zu begleiten, zu sehen, wie die Schulzentren wachsen, die Kinder lernen. «Aber ja, es gibt natürlich auch Momente, die nicht einfach sind.» Wenn wieder ein Jahr ins Land zieht, ohne dass sie nach Burkina Faso reisen konnte. Wenn es schwierig ist, Spenden zu generieren. «Irgendwie schaffen wir es immer», sagt sie und spricht nochmals dieses Vertrauen an. Mit «wir» meint Brigitte Keusch übrigens ihre zwei Brüder und die Schwägerin, die im Vorstand mitwirken.
Was wünscht sie sich für ihr Projekt? «Dass es in dem Tempo weitergeht, das für die Leute vor Ort passt. Dass wir weiterhin Kindern Sicherheit und eine gute Lernatmosphäre bieten können. Dass die Leute vor Ort das Projekt weiterhin mittragen. Dass wir nach wie vor auf finanzielle Unterstützung aus der Region zählen dürfen. Dass das Projekt weiterhin mein Herz erfüllt.» Ihre Motivation sei ungebrochen, «noch mehr als vor 15 Jahren». Mit jedem Foto, jedem Video des Alltags in den Centres, der fast fertigen Baustelle noch mehr.
Mehr Infos: www.zukunft-burkina-faso.ch




