Ein Spieler wird Leiter Sport

  07.07.2020 Sport

Er ist 23 Jahre jung und steht im Tor der ersten Mannschaft des FC Muri. Nun übernimmt Yanick Hofer den Posten als Leiter Sport. --red


Spieler an die Macht

Goalie Yanick Hofer wird Leiter Sport beim FC Muri

Der Verteidiger ist Präsident, der Goalie hat die sportliche Leitung: Beim FC Muri übernehmen Spieler Verantwortung. Dies hat seine Licht- und Schattenseiten.

Stefan Sprenger

Rein theoretisch könnte sich Yanick Hofer selber mehr Spesen ausbezahlen. «Das mache ich natürlich nicht», sagt der 23-Jährige lachend. Er sei sowieso «keiner der Topverdiener beim FC Muri». Und auch durch seinen neuen Job wird er nicht reich. Yanick Hofer wird Leiter Sport. Ein ehrenamtliches Engagement. Besonders: Hofer ist ebenfalls der Torhüter der ersten Mannschaft.

Ein Aktivspieler im Vorstand kommt schon mal vor, ist aber doch eher speziell. Beim FC Muri hat Goalie Hofer gleich das beste Vorbild: Aussenverteidiger Michael Stadelmann ist der Präsident des Vereins. «Es lässt sich gut verbinden», meint Hofer, der das Amt seit zwei Wochen ausübt. Seine Aufgaben: «Ich bin zuständig für alle sportlichen Angelegenheiten bei den Aktivteams.» Das sind drei Männer- und ein Frauenteam.

Über Villmergen und Wohlen bis in die Super League

Hofer, in Büttikon aufgewachsen und heute mit seiner Freundin in Fahrwangen wohnhaft, kennt den Verein bestens. Er machte seine Anfänge beim FC Villmergen. Der FC Wohlen holte den talentierten und grossen (1,93 m) Torhüter in seine Reihen. Hofer spielt acht Mal für die Schweizer Nachwuchsauswahl. Weil er es im Challenge-League-Kader nicht zur Nummer 1 schaffte, wurde Hofer ausgeliehen. Zum FC Muri. Im Frühjahr 2018 war er zudem für ein halbes Jahr beim FC Sion in der Super League. «Ich spielte als 18-Jähriger schon hier im Brühl. Mir passte es sehr gut. Als ich dann vor zwei Jahren nach der Zeit beim FC Sion merkte, dass es nichts mit der Profikarriere wird, wollte ich zu Muri. Der FC Muri ist einfach wunderbar, mein Herzensverein.»

So wunderbar, dass er sagt: «Man soll in einem Verein nicht nur immer nehmen, sondern auch geben.» Dies ist ein Hauptgrund für sein Engagement als Leiter Sport. Hofer will in seinem Amt etwas bewegen. «Die Zeiten, wo man sich beim FC Muri eine goldige Nase verdienen konnte, sind vorbei. Das Budget wird eingehalten.» In den letzten Jahren hat der FC Muri meist über die Stränge geschlagen und geriet so in finanzielle Schieflage. «Das müssen wir jetzt korrigieren.» Für die erste Mannschaft stehen rund 100 000 Franken Budget zur Verfügung. «Es hat noch Platz für zwei oder drei Spieler», meint er.

Vorbild FC Sarmenstorf

Man will beim FC Muri mit Nachhaltigkeit, jungen Spielern und Zusammenhalt brillieren. In gewissen Dingen ist der FC Sarmenstorf ein Vorbild. «Sarmenstorf spielt mit lauter Spielern aus der Region, es gibt wenig Wechsel im Team, der Zusammenhalt ist riesig», sagt Hofer. Auch der FC Muri will sein Kader jung und regional halten. Mit Spielern wie Michael Hohl, Sandro Streuli, Simone Parente, Reto Brügger – und Yanick Hofer selbst – hat man auch erfahrene Spieler aus der Region, die jetzt schon seit mehreren Jahren im Team sind. «Mit dem neuen Trainer Piu haben wir den perfekten Mann für unser Team», so Hofer. Diese Worte sagt er als Leiter Sport und als Goalie.

Diese Zweigleisigkeit hat ihre Vorund Nachteile. Hofer hätte beispielsweise bei einer allfälligen Verpflichtung eines Spielers das Entscheidungsrecht. «Geht es um die erste Mannschaft, halte ich mich aber zurück.» Auch bei den Spielergesprächen wird Hofer entlastet. Vizepräsident Maurus Weber und Sportchef Toni de Luca sind da federführend. «Als Aktivspieler der Leiter Sport zu sein, hat seine Tücken, aber es klappt gut», so Hofer, der als Sachbearbeiter beim Lehrlingsamt des Kantons Aargau arbeitet.

Wie geht es den Finanzen bei FC Muri?

Sein Engagement macht auch seine Mitspieler und den Präsidenten glücklich. «Er ist perfekt geeignet für den Job und ich freue mich extrem, von so einem jungen, engagierten und gut vernetzten Fussballer unterstützt zu werden», sagt Michael Stadelmann. Er kennt die Situation der Zweigleisigkeit als Verteidiger und Vereinsoberhaupt bestens. «Yanick Hofer wird dies mit Bravour meistern. Er ist ein selbstkritischer Typ und wird sich wohl immer als Erstes hinterfragen. Er kennt die Philosophie von Trainer Piu und er weiss, was der FC Muri will. Kurz: Hofer hat das perfekte Profil für diesen Job als Leiter Sport.»

Was sagt der Präsident zur finanziellen Situation beim FC Muri? «Es sind alle Altlasten aufgeräumt, was dem ganzen Verein einen grossen Effort abverlangt hat. Es wurden zusätzliche Sparmassnahmen in die Wege geleitet, um zu versuchen, die Finanzen in den Griff zu bekommen. Wir werden auch diese Saison trotz Corona mit einem Plus abschliessen können. Dies ist aber nur möglich dank dem Verständnis jedes Mitglieds sowie unserer Sponsoren gegenüber dieser einzigartigen Situation. Wir schaffen es nur alle zusammen.»

Ein besonnener Präsident, gepaart mit einem gewissenhaften Leiter Sport, wird dazu beitragen, dass der FC Muri auch in Zukunft finanziell wieder gut dastehen wird. Doch: Überzieht der FC Muri beim Budget, dann kriegt der Goalie Hofer vom Aussenverteidiger Stadelmann einen Rüffel.


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