Ein Stück Vergangenheit bewahren
09.12.2022 BremgartenNach 55 Jahren arbeitete René Landolt erneut am Bremgarter Schlössli – wie bereits 1967/1968
Die Sanierung des Schlössli 1967/1968 war die erste Baustelle, an der der Hägglinger René Landolt als frisch ausgebildeter Maurer mitarbeitete. Kurz ...
Nach 55 Jahren arbeitete René Landolt erneut am Bremgarter Schlössli – wie bereits 1967/1968
Die Sanierung des Schlössli 1967/1968 war die erste Baustelle, an der der Hägglinger René Landolt als frisch ausgebildeter Maurer mitarbeitete. Kurz vor seiner Pension wurde er wieder in Bremgarten tätig.
Celeste Blanc
6.20 Franken. So viel hat René Landolt nach Abschluss seiner Maurerlehre pro Stunde verdient. Diese absolvierte er von 1963 bis 1967 beim Bauunternehmen Halter in Zürich. Und der Betrieb war mit seinem ehemaligen «Stift» so zufrieden, dass man ihm sogar ein Angebot machte: «Sie boten mir an, den Stundenlohn auf 6.35 zu erhöhen», erinnert sich der Unternehmer zurück und meint lachend: «Das waren noch Zeiten.»
Der Betrag der Lohnerhöhung sei zwar nicht sonderlich hoch gewesen. Was am Angebot hingegen besonders verlockend war, war die Aussicht auf Landolts erste Beteiligung an einer Renovation: die des Schlössli in Bremgarten. Und hier hat Landolts spezielle Geschichte ihren Ursprung: Vor 55 Jahren tätigte er am Schlössli in der Bremgarter Altstadt die letzten grossen Umbau- und Sanierungsarbeiten. Erst fünf Jahrzehnte später sollte an der Aussenfassade der Mauern wieder etwas gemacht werden – auch dieses Mal unter Beteiligung von René Landolt.
Anforderungen an das Handwerk komplett geändert
Rund um und an historischen Gebäuden zu arbeiten, das war für Landolt, der in Zürich Altstetten aufgewachsen ist, praktisch tägliches Brot. Mit seinem Lehrbetrieb Halter war er vorwiegend in der Stadt unterwegs. Doch ein Objekt wie das Schlössli habe es in Zürich, weder im Niederdörfli noch an der Seepromenade, nie gegeben. «In Bremgarten ist dieses so einmalig verbunden mit der sehr schönen Altstadt. Das hat mich schon als jungen Burschen sehr fasziniert.» Am Schlössli habe er als ausgelernter Maurer dann zum ersten Mal autonom «die Kelle geschwungen». Landolt gerät ins Schwärmen, wenn er an diese Zeiten denkt. Früher sei der Job so anders gewesen, als er es heute ist. Viele Veränderungen seien ausschlaggebend für den Wandel. Und zwei davon seien ganz wesentlich. «Noch vor ein paar Jahren bestand der Job primär aus Handarbeit. Heute erledigt man vieles maschinell», weiss der Unternehmer, der seit 49 Jahren in Hägglingen wohnt und dort seit 1981 selber ein Maurergeschäft führt.
Ein Jahr Arbeit investiert
Gleichzeitig haben sich die Anforderungen an die Arbeit komplett verändert. Während früher die körperliche Anstrengung eine Belastung für den Maurer gewesen sei, sei es heute – wie in allen Bereichen der Baubranche – der enorme Zeitdruck, der vorherrsche. «Dieser und der Druck, immer der Kostengünstigste zu sein, führen dazu, dass die Wertschätzung für das Handwerk verloren geht.» Die umfassende Gesamtrenovation von 1967/1968 dauerte ein ganzes Jahr. «Für die Renovation eines historischen Gebäudes muss man immer viel Zeit einrechnen», weiss er. Damals an den Auftrag gekommen war der damalige Chef Jost Halter dank familiären Beziehungen, denn: Die Besitzerin Annemarie Guyer-Halter, die heute noch das Schlössli bewohnt, war die Schwester. Unzählige Arbeitsstunden hat Landolt in das Schlössli investiert. «Es war eine sehr schöne Arbeit. Es hat mir unglaublich Freude gemacht, daran zu arbeiten. Und das historische Gebäude so für die Nachwelt zu bewahren», so der Maurer. Mit dem Abschluss der Arbeiten ist das Objekt dann zunehmend in den Hintergrund gerückt. Über die Jahrzehnte sei Landolt immer mal wieder in Bremgarten gewesen, habe manchmal beim Passieren an die ehemalige Baustelle gedacht. Als er dann in diesem Jahr den Anruf der Firma Halter Immobilien, des Nachfolgeunternehmens des damaligen Lehrbetriebs, entgegengenommen hat, staunte er nicht schlecht: «Ich hatte nie mehr Kontakt zu ihnen. Das muss schon ein Zufall sein, dass sie gerade mich anrufen.»
Handwerk muss bei solchen Arbeiten gekonnt sein
Ganz so zufällig war es vermutlich dann doch nicht. Denn die Landolt und Ackeret Bauunternehmung hat sich unter anderem auf die Sanierung von historischen Bauten spezialisiert. Seit 40 Jahren saniert Landolt alte Häuser, nebst dem Schloss Habsburg, der Festung Aarburg und dem Schloss Biberstein auch die Klöster Wettingen und Hermetschwil. Arbeiten an alten Gebäuden seien für ihn immer wieder eine Reise zurück in die Vergangenheit. «Nicht nur, dass die Gebäude teilweise schon seit Jahrhunderten stehen – auch muss man noch das ursprüngliche Maurerhandwerk anwenden, um sie zu reparieren.» Um solche Wände wie die des Schlössli oder der Stadtmauer in Bremgarten zu restaurieren, braucht es eine spezielle, alte Mörtelmischung. «Zement kennt man erst seit etwa 150 Jahren, vorher wurde Mörtel aus verschiedenen Stoffen wie Kalk, Sumpfkalk und Sanden hergestellt.» Landolt und sein Mitarbeiter sicherten die Aussenmauer entlang der Schlossgasse. «Der Verputz begann sich abzulösen. Das birgt Sicherheitsgefahren. Mit ersten Massnahmen haben wir den Ausbruch der Fassade unterbunden.» Im Verlauf des nächsten Jahres wird die Sanierung der Schlossmauer angegangen.