Ein zweites Schulzentrum
16.12.2022 MuriDie Situation in Burkina Faso ist keine einfache. Besonders im Norden überfallen die Dschihadisten immer wieder ganze Dörfer. Davon lässt sich der Freiämter Verein «Zukunft für Burkina Faso» nicht abschrecken. Im Oktober konnte das zweite Schulzentrum in Betrieb ...
Die Situation in Burkina Faso ist keine einfache. Besonders im Norden überfallen die Dschihadisten immer wieder ganze Dörfer. Davon lässt sich der Freiämter Verein «Zukunft für Burkina Faso» nicht abschrecken. Im Oktober konnte das zweite Schulzentrum in Betrieb genommen werden. Und die Träume gehen weiter. --ake
Ein nächster grosser Schritt
Dank dem Verein «Zukunft für Burkina Faso» wurde ein zweites Schulzentrum eröffnet
2015 wars, als das Centre St. Benoît im Norden Burkina Fasos eröffnet wurde. Es war der erste ganz grosse Wurf des kleinen Vereins «Zukunft für Burkina Faso». Seit Oktober nun wird auch im Centre St. Georges unterrichtet – vorerst nur im Kindergarten. Die Träume gehen Brigitte Keusch nicht aus.
Annemarie Keusch
Brigitte Keuschs Augen strahlen, wenn sie die Bilder auf ihrem Smartphone anschaut. Hier Kinder, die lachen. Da solche, die spielen, dort jene, die aufmerksam der Lehrperson zuhören. Alle tragen sie hellgrüne T-Shirts. Und alle haben sie im Centre St. Georges seit Oktober eine Art zweites Zuhause gefunden. «Zu sehen, was entstanden ist, das ist manchmal schon überwältigend», sagt Brigitte Keusch. Sie ist Präsidentin des Vereins «Zukunft für Burkina Faso». Sie reiste einst für ein Volontariat in den Norden Burkina Fasos, nach Ouahigouya. Dass viele Kinder gar nicht die Chance haben, Bildung zu erfahren, beschäftigte sie. Und sie unternahm etwas dagegen, gründete mit zwei Brüdern und einer Schwägerin den Verein.
Fünf Patenkinder waren es anfangs, als 2009 das Projekt lanciert wurde. Mittlerweile ist das Centre St. Benoît etabliert, mit Kindergarten und Primarschule. Die Oberstufe soll folgen. Das erste Centre steht in einem ärmlichen Quartier. Nicht alle Eltern können sich die Schulgelder für ihre Kinder leisten. Auch hier hilft der Freiämter Verein, sucht Patinnen und Paten. «Es läuft bestens», sagt Brigitte Keusch. Das Centre sei zu jenem der Menschen vor Ort geworden. Schulleiter Adama Guiro leitet die Geschicke, ist im täglichen Austausch mit Brigitte Keusch, hat immer neue Ideen.
Grosse politische Unruhen
Und eine ganz grosse ist in den letzten Monaten Realität geworden: ein zweites Schulzentrum, das Centre St. Georges. «Es ist in einem Quartier, wo sich ein Grossteil der Eltern das Schulgeld leisten kann. Entsprechend ist die Idee, dass eine Querfinanzierung entsteht.» Keusch spricht davon, dass damit auch die Solidarität in der Bevölkerung gefördert werden sollte. Sie betont aber auch, dass es in diesem Quartier bisher keine Schule gab. «Zehn Jahre lang war eine geplant, wurde aber nie gebaut.» Einfach war auch ihr Projekt nicht. Die politische Situation in Burkina Faso und ganz besonders im Norden des Landes ist keine einfache. Die durch Dschihadisten entstandenen Unruhen sorgen auch dafür, dass sie seit 2018 nicht mehr nach Ouahigouya reisen konnte. «Vorher war ich zweimal jährlich da. Es ist nicht einfach, aber die technischen Hilfsmittel sorgen dafür, dass ich trotzdem nahe dabei bin.» Und vor jeder Ferienplanung checkt sie die Lage neu ab. «Sobald es möglich ist, werde ich nach Burkina Faso reisen. Ich muss doch mit eigenen Augen sehen, was alles entstanden ist.»
Die schwierige Sicherheitslage sorgte dafür, dass es schwierig war, an Rohstoffe zu gelangen. «Die Stadt zu verlassen, um Sand zu holen – das war zu gefährlich», nennt Brigitte Keusch ein Beispiel. Noch sind erst wenige Wochen vergangen, seit nur 20 Kilometer entfernt von der Stadt ein ganzes Dorf massakriert wurde. «Adama Guiro berichtet von schwierigen Verhältnissen, aber auch davon, dass die Bevölkerung die Hoffnung hat, dass nach dem zweiten Putsch alles besser wird.» Sie könne nur erahnen, wie gross die Sehnsucht nach Frieden sei. Und was sie weiss: «Die Leute versuchen einfach, das Beste daraus zu machen.»
Musik, Hauswirtschaft und Informatik
Diese Mentalität hat Brigitte Keusch adaptiert. Sie weiss, dass der Bau des neuen Centres, aber auch der Bau der Oberstufe im ersten Centre schneller vorangegangen wäre, wenn das Land stabiler wäre. «Aber man muss akzeptieren, dass es Zeit braucht. Und im Nachhinein war es bis jetzt immer der perfekte Zeitpunkt.» Zumal dies auch bedeutet, dass der Verein mehr Zeit braucht, um notwendige Spenden zu sammeln. 70 000 Franken kostete alleine der Kindergarten im zweiten Centre. Die Küche, das WC-Gebäude, der Spielplatz und wegen der Sicherheitslage sind die Mauern rund um das Gelände nicht eingerechnet. «Wir dürfen auf viele Privatpersonen, Institutionen und Organisationen zählen, die uns seit Jahren grosszügig unterstützen, dafür sind wir unglaublich dankbar», sagt Brigitte Keusch.
Und auch wenn im zweiten Centre nun der Kindergarten mit drei Klassen eröffnet ist und laut Adama Guiro und Brigitte Keusch hervorragend läuft – die Ideen gehen den beiden nicht aus. Guiro plant, an den Schulen Musik, Hauswirtschaft und Informatik zu unterrichten. Keusch hat die Vision, dass beide Centres so ausgebaut werden, dass die ganze Schullauf bahn dort absolviert werden kann. Dafür fehlen noch mehrere Gebäude. «Schritt für Schritt», kommentiert Brigitte Keusch. Wenn es die politische und die finanzielle Situation zulassen, soll es vorwärtsgehen.
Vertrauen enorm wichtig
Der Bau des Centre St. Georges ist der erste Schritt in Richtung Rückzug. «Es ist schön, dass die Leute vor Ort immer mehr Verantwortung übernehmen, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen konnten, auch als Arbeitgeber. Aber natürlich, es ist nicht einfach, laufend mehr Verantwortung abzugeben», gibt die Murianerin zu. Immer wieder betont sie, wie wichtig das Vertrauen und das Engagement der Leute vor Ort seien. «Es könnte schlicht nicht besser sein», sagt sie gerührt.
Entsprechend sei kein Zeitpunkt definiert, wann sich die Hilfe aus dem Freiamt zurückziehen wolle. «Solange wir Träume haben, versuchen wir, diese miteinander umzusetzen.» Es mache Spass zu sehen, wie die Früchte reifen, wie der eingepflanzte Samen gedeiht und was daraus wächst. Daraus schöpft sie Kraft, sich weiterhin voller Engagement für die «Zukunft für Burkina Faso» zu engagieren.
Mehr Informationen, auch zum Spendenkonto: www.zukunft-burkina-faso.ch.