Eine kleine Zeitreise

  17.07.2020 Muri

Sommerserie «Liebling auf Rädern»: Der Murianer Remo Schuler lebt für seine Leidenschaft

Seit seiner Jugend verbringt Remo Schuler seine Freizeit leidenschaftlich gerne mit dem Wiederaufbau von VW- und Opel-Oldtimern. Viele hat er bis jetzt wieder strassentauglich gemacht und weitergegeben – bis auf sein Herzstück, das ihn seit seiner Jugend begleitet.

Celeste Blanc

Wenn Remo Schuler seinen VW Scirocco 1 in seiner Garage startet und losfährt, hört man das Brummen und Heulen des Motors entlang der ganzen Bachstrasse in Muri. Sein Wagen begleitet ihn bereits seit 1994 und nach 26 Jahren liebt Schuler seinen VW noch wie am ersten Tag. «Wenn ich ins Auto steige, bin ich wieder 20 Jahre alt», so der gelernte Spengler. Der Geruch der Innenausstattung, die Geräusche und das Fahrgefühl – für Schuler ist es jedes Mal eine kleine Zeitreise in seine Jugend. Das ist auch der Grund, weshalb es das einzige Auto ist, von dem er sich bis heute nicht trennen konnte. «Mein Sohn hat schon lange angekündigt, dass er ihn mit 20 übernehmen möchte. Leider ist es bald so weit», lacht er und fügt augenzwinkernd hinzu, «aber halb so wild – so würde es zumindest in der Familie bleiben.»

Eine wahre Rarität

Seit seinen Jugendjahren träumte der in Boswil aufgewachsene Schuler von einem VW Scirocco 1 aus dem Jahr 1979. 1992 erfuhr er von einem Freund, dass ein solcher hinter der Scheune eines Bauern steht – das ungenutzte Fahrzeug stand kurz vor dem Zerfall. «Es war wirklich wie in einem Film: Es stand praktisch nur noch das Gerippe. Es gab keine Sitze mehr und auch die Fenster fehlten», erzählt Schuler.

Nachdem er ihn gratis vom Bauern übernehmen konnte, merkte er, dass es sich bei diesem Auto um ein wahres Schmuckstück handelte. Vor ihm stand nämlich ein VW Scirocco 1 Oettinger. «Das Spezielle an diesem Modell war der original 16-V-Motor. Ursprünglich im Rennsport eingesetzt, gab es aber auch eine kleine Menge, die in den allgemeinen Verkehr gebracht wurde, um getestet zu werden.» Bei der Restaurierung seines Fahrzeuges kam ihm sein Know-how zugute. «Ich habe dieses Auto von Grund auf neu aufgebaut», erzählt er freudig. Heutzutage sei es gar nicht mehr so einfach, jemanden zu finden, der solche Oldtimer reparieren kann. «Es ist definitiv so, dass man Reparaturen selber machen muss», weiss der Fachmann. Auch wird ein Grossteil der Karosserie so nicht mehr hergestellt. Für Remo Schuler aber kein Problem – in seiner Garage hat er die nötigen Maschinen, und er kann so für sich und seine Freunde, die mehrheitlich selber auch an ihren Fahrzeugen herumschrauben, alle Teile selber nachbauen: «Das Wissen zu Spenglerarbeiten an alten Autos ist heute langsam rar. Deshalb stelle ich diese Teile selber her.»

Ein Perfektionist

Das «Alte» ist für Schuler genau das, was den Reiz der Oldtimer ausmacht: «Bei modernen Autos werden Störungen angezeigt. Wenn einem alten Auto etwas fehlt, muss man es wirklich auseinandernehmen und nach dem Fehler suchen. Auch die Teile selber herzustellen, ist für mich ein Highlight an diesem Hobby.»

Dank Auto ins Gespräch

Nebst seinem «Baby» aus der Jugend hat Schuler schon seit Jahrzehnten diverse alte Autos auf Vordermann gebracht. Für ihn ist das ein perfekter Ausgleich zum Arbeitsalltag. Hetzen lässt er sich bei seiner Arbeit aber nicht. An seinem ersten Auto hat er gerade einmal zwei Jahre gebaut, während ein alter Opel rund 12 Jahre in seiner Garage stand. «Ich schraube nur, wenn ich Lust dazu habe», lacht er. Dazu kommt, dass er ein Perfektionist ist. Er zwinkert: «Ein Auto aufzubauen, braucht sehr viel Zeit. Dann muss alles perfekt stimmen und ausgebaut sein.»

Aktuell frischt er einen Opel Kadett C von 1977 auf. Auch dabei handelt es sich um ein seltenes Auto aus dem Rennsport, das das Gegenstück des VW Scirocco darstellte. «Damals war man entweder in der VW- oder der Opel-Szene», erinnert sich Schuler zurück, «früher machte die Marke die Szene aus, heute sind wir aber alles die gleichen Oldtimerliebhaber.» Doch nicht nur in der Oldtimerszene, sondern auch sonst kommt Schuler dank seinem Auto auf seinen Sonntagsausfahrten mit den verschiedensten Leuten ins Gespräch. «Wenn ich mit dem VW auftauche, gibt es immer eine Frage oder einen Spruch zu hören», lacht er. Auch wurde sein Auto schon mehrfach fotografiert. Die alten Autos ziehen heute noch die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. So auch bei Schuler. Für ihn sehen die neuen Autos alle gleich aus: «Also wenn ich jemandem auf der Strasse nachschaue, dann nur den alten schönen Fahrzeugen.»


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