Einer von ganz wenigen
22.04.2022 MuriBruno Hartmeier macht alles aus Holz
Jährlich absolvieren nur rund neun Menschen in der Schweiz die Ausbildung zum Holzbildhauer. Der Murianer Bruno Hartmeier ist einer davon.
«Die Konkurrenz unter den Holzbildhauern ist nicht gross. Jährlich schliessen nur wenige in der Schweiz die Ausbildung ab», sagt Bruno Hartmeier. Dennoch sei aller Anfang schwer. «Der Weg ist hart. Das Schwierige an meinem Beruf ist, sich einen Namen zu machen, bekannt zu werden.»
Bruno Hartmeier hat es geschafft. Seine Kundschaft kommt aus der ganzen Schweiz. In einem Garten in Wohlen steht beispielsweise eine lebensgrosse Giraffe aus Hunderten von Haselnussstecken von ihm. «In diesem Jahr kommt ihr Junges dazu.» Bis jetzt hat er jeden Wunsch seiner Kunden erfüllen können. «Es hat noch nichts gegeben, was ich nicht gemacht habe.» --sus
«Holz ist einfach genial»
Die Arbeit mit Holz ist Bruno Hartmeiers grosse Leidenschaft
Bruno Hartmeier ist Holzbildhauer in Muri. Vom Wisa-Gloria-Velo über eine lebensgrosse Giraffe bis hin zu einer 40 Meter langen Fischschlangengirlande am Heimatschutzgebäude in Luzern hat er schon unzählige Kunstwerke geschaffen.
Susanne Schild
Sein Atelier im Klosterhof 1 in Muri quillt mittlerweile aus allen Nähten. Man weiss nicht, wo man zuerst hinschauen soll. «Hier wird es mir zu eng. Aktuell bin ich auf der Suche nach einem grösseren Raum, um meine Werke besser präsentieren zu können», sagt Bruno Hartmeier. Er ist einer der wenigen diplomierten Holzbildhauer in der Schweiz.
In den Vitrinen in seinem Atelier stehen unzählige Figuren. Vom Hund bis hin zur Marienstatue hat er schon alles gemacht. Über seiner Werkbank hängen Schnitzwerkzeuge in allen möglichen Ausführungen. «Es gibt rund tausend verschiedene Schnitzwerkzeuge, wie Holzbildhauereisen, Schnitzbeitel, Schnitzmesser», weiss der Handwerker. Auch auf dem Boden steht so einiges: ein Bilderrahmen, eine Tischplatte, ein Baumstamm.
Die Proportionen müssen stimmen
An den Wänden hängen gravierte Lindenholztafeln und Fotografien von seinen Arbeiten. «Der Delfin aus Kirschbaum ist 1,80 Meter gross und war eine Auftragsarbeit für eine Delfin-Therapeutin. Jetzt steht er in ihrer Praxis», sagt Hartmeier und deutet auf ein Foto. Um die Anatomie des Tieres zu studieren, hat er zwei Tage lang bei Knies Kinderzoo Rapperswil Delfine beobachtet. «Die Proportionen sind wichtig und müssen stimmen.» Insgesamt 90 Stunden Arbeit investierte er in die Skulptur. «Ich versetzte mich in das Objekt hinein.» Um das noch zu verstärken, hörte er sich während der Arbeit das Lied «Will you be there», den Song zum Film «Free Willy», von Michael Jackson an. «Oder wenn ich an einer Marienskulptur arbeite, muss ich gelöst sein. Wenn ich Ärger gehabt habe, läuft da gar nichts.»
Vom Schreiner zum Holzbildhauer
Schon als Kind hat er gerne geschnitzt. «Es ist mein Traumberuf.» Zunächst machte Bruno Hartmeier eine Lehre als Schreiner. Danach liess er sich an der Berufsfachschule in Brienz, dem einzigen Schulstandort in der Schweiz für die kunsthandwerklichen Berufe in Holzbildhauerei, Holzhandwerk, Korb- und Flechtwerkgestaltung sowie Küferei, zum Holzbildhauer ausbilden. «Holz ist ein lebendiger Werkstoff. Mal ist es weich, mal ist es hart, es hat ganz unterschiedliche Strukturen und Farben. Holz ist einfach genial», sagt Hartmeier.
Bei der Arbeit mit Holz sei alles möglich. Der Fantasie sei fast keine Grenze gesetzt. Das gefällt Bruno Hartmeier. «An Talenten benötigt der Holzbildhauer viel künstlerische Kreativität, figürliche Fantasie und Gespür für Ästhetik.» Auch das Wissen um alte Techniken und Stilkunde gehört zu seinen Arbeitsgrundlagen. «Einmal restaurierte ich eine 40 Meter lange, vom Holzwurm zerfressene Fischschlangengirlande am Heimatschutzgebäude in Luzern. Das war schon speziell. Aber jedes meiner Werke ist ein Unikat», so Hartmeier. Ebenfalls ein ganz besonderes Stück von ihm ist ein Wisa-Gloria-Velo. «Zum 100-Jahr-Jubiläum 2012 wurden 20 Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, um jeweils ein Velo ganz speziell zu gestalten.» Hartmeier entschloss sich, die eine Seite des Velos so zu belassen, wie sie ist, die andere gestaltete er komplett aus Nussbaumholz.
Konkrete Vorstellung von der Figur im Kopf
Daneben benötigt ein Holzbildhauer auch Kenntnisse über die Beschaffenheit des Holzes. «Wenn ich beispielsweise eine Geburtstagstafel aus Lindenholz herstelle und möchte, dass die Rinde an der Tafel bleibt, dann muss das Holz Mitte Oktober bis Mitte November geschlagen werden. Ansonsten fällt die Rinde ab.» Bruno Hartmeier geht mit offenen Augen durch die Welt. «Die Natur sagt mir viel, gibt mir oftmals die Form vor.» So sind beispielsweise die Türgriffe in seinem Atelier nicht aus Metall, sondern aus einem Ast hergestellt. «Ich musste nicht viel machen. Die Form war bereits vom Ast vorgegeben.» Wichtig sei auch, dass man beim Schnitzen immer eine konkrete Vorstellung von der Figur hat. «Und zwar von Anfang an. Man muss die Figur bereits fertig vor Augen haben, bevor man den ersten Handgriff macht.» Auf die Frage, was er denn gerne noch ausprobieren wolle, antwortet er: «Mein grosser Wunsch ist es, einmal eine Bronzeskulptur zu schaffen. Bronze ist das Höchste, doch gleich danach kommt das Holz.»