Er wird der nächste Papst
24.01.2023 MuriPhilipp Galizia spielt die Hauptrolle in «Les Sanspapiers» – den Pfarrer Elio
Am Samstag geht die Vorpremiere über die Leinwand: «Les Sanspapiers». Kirche, Staat und Gesellschaft – thematisiert wird darin das Zusammenspiel davon. ...
Philipp Galizia spielt die Hauptrolle in «Les Sanspapiers» – den Pfarrer Elio
Am Samstag geht die Vorpremiere über die Leinwand: «Les Sanspapiers». Kirche, Staat und Gesellschaft – thematisiert wird darin das Zusammenspiel davon. Mittendrin ist Philipp Galizia, der erstmals eine Filmhauptrolle bekleidet.
Annemarie Keusch
Er war einige Jahre Ministrant, auch bei Beerdigungen. «Ich wusste genau, wann die Trauerfamilie zu weinen beginnt», sagt Philipp Galizia. Die Dramaturgie eines Gottesdienstes, die faszinierte ihn als Kind. Auch darum sagt er: «Die Rolle des Pfarrers ist mir unglaublich nahe. Ich werde der nächste Papst.» Er ist katholisch aufgewachsen, kennt die Strukturen, die Traditionen «und nicht nur die Klischees». Natürlich sei er gläubig, sagt Philipp Galizia. «Aber nicht katholisch. Ich spüre, dass es andere Energien gibt, das reicht.»
Dass er dereinst Pfarrer werden würde, das stand immer ausser Frage. Geworden ist er es nun trotzdem. Ganz unverhofft. Pfarrer Elio, die Hauptrolle in «Les Sanspapiers», Galizias erste Hauptrolle überhaupt. «Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet», sagt er.
Freude am Auftreten ist noch da
Und er verdeutlicht dies mit der Aussage, dass er davor mit der Bühnenwelt fast ein wenig abgeschlossen habe. «Ich fand mich damit ab, dass es dann auch mal reicht.» Galizia meints nicht melancholisch, sondern pragmatisch. Die Pandemie und die Massnahmen, die dagegen ergriffen wurden, sorgten für einen Knick in der Kulturszene. Auch Monate nachher ist diese Welt nicht mehr dieselbe. Auf Galizias Homepage ist ein anstehender Auftritt aufgelistet – im März in Schinznach. «Es läuft entschieden weniger bei mir als Kleinkünstler, dafür mehr als Gartenbauer und als Fachlehrer an der Privatschule Lern mit in Wohlen.» Traurig ist Galizia deswegen nicht. «Vielleicht ist das eine Folge des Alterns», meint er. Und trotzdem, die Freude am Auftreten habe er nicht verloren. Erst recht nicht seit seiner ersten Hauptrolle.
Nach Casting in der eigenen Stube
Als Pfarrer Elio spielt Philipp Galizia zum ersten Mal eine Filmhauptrolle
Bisher waren es nur Nebenrollen. Und überhaupt, in vielen Filmen spielte Philipp Galizia noch nicht mit. Das hat sich im letzten Sommer geändert. «Les Sanspapiers» heisst der Film, der im Februar erscheint. «In der Rolle als Pfarrer Elio habe ich mich sofort gesehen», sagt der Murianer Kleinkünstler.
Annemarie Keusch
Philipp Galizias Antwort war klar. «Nein.» Er reagierte damit auf die Einladung von Regisseur Marc Schippert zum Casting für die Hauptrolle in «Les Sanspapiers». Schon als dieser ihn anrief, war Galizias erste Reaktion skeptisch. «Ich dachte, er nimmt mich auf den Arm», gibt er zu. Es war Aniko Donath, mit der Galizia schon mehrmals zusammenarbeitete, die ihn empfahl. «Sie sagte, dass es für diese Rolle nur einen gebe.» Galizia fühlt sich auch jetzt, nachdem der Film gedreht ist, geschmeichelt und lächelt.
Vom Regisseur liess er sich trotzdem überzeugen, dass dieser ihm das Drehbuch von «Les Sanspapiers» zuschickt. «Beim Lesen musste ich oft lachen. Und ja, auch ich habe mich schnell in der Rolle des Pfarrers Elio gesehen.»
Aber eben, trotzdem sagte er Nein, als ihn Schippert zum Casting einlud. «Ich war vorher noch nie an einem Casting. Stattdessen lud ich ihn zum Nachtessen nach Muri ein.» Schippert kam um 18Uhr, blieb bis 3Uhr. «Ich habe keinerlei Routine, wenn es um das Metier Film geht. Umso wichtiger ist es mir, dass es funkt zwischen mir und dem Regisseur. Und das hat es.» Für ihn sei es quasi der Knackpunkt gewesen, von der Skepsis zur Euphorie. Durchs Casting musste Galizia aber trotzdem. Nur fand dieses am Esstisch im Hause Galizia und im Garten statt. Und auch da vermochte er zu überzeugen.
In Unteriberg gedreht
In Filmen mitgespielt hat Philipp Galizia schon mehrere Male. Ein paar Drehtage bei «Lotto», eine Nebenrolle in «Sternenberg» und weitere kleinere Projekte. «Eine Hauptrolle ist schon etwas anderes. Huere geil.» Galizia erzählt von der klassischen Hierarchie am Filmset. «Ich hatte zum Beispiel immer ein riesiges Hotelzimmer.» Nicht unbedingt deswegen habe er die 24Drehtage im Sommer in Unteriberg sehr genossen. «Über eine so lange Zeitdauer in die Rolle eintauchen und nichts anderes machen, das gefiel mir.» Und auch die Stimmung in der Crew sei toll gewesen. «Es waren ein paar Leute aus der wilden Szene dabei, ein paar wie ich. Wir gehen ganz anders an die Sache heran und machen einfach.» Über Andreas Thiel, einen der Produzenten, sagt er: «Es ist extrem toll, mit ihm zusammenzuarbeiten.»
Der Murianer bekleidet die Rolle des Pfarrers Elio. In einer der wenigen Szenen, die bisher veröffentlicht wurden, gräbt er einen Sarg aus. «Es geht um das Gefüge eines Dorfpfarrers, der von Amtes wegen auch ein wenig angebetet wird», erzählt Galizia. Elio habe aber auch eine künstlerische Seite, inszeniere Heiligenbilder mit seinem Antlitz. «Hinzu kommen Fusionen, der Kirche und der Gemeinde. Dagegen tut sich das Dorf zusammen und findet eine überraschende Lösung», fasst er zusammen.
Start in eine geplante Comedy-Serie
«Fett produziert» sei der Film worden. «Mit Stunts und allem.» Auch beim Bühnenbild nahm das Team viel Aufwand auf sich. Der ganze Innenraum einer Kirche wurde gebaut. «Dass dies keine richtige Kirche ist, das merkt ganz sicher niemand», ist Galizia überzeugt. Rund eine Stunde dauert er und er soll auch der Start sein in eine Comedy-Serie, die daraus entstehen soll. «Entsprechend werden im Film viele Charaktere lanciert.» Wann die Serie dann erscheint, weiss Galizia noch nicht. «Ich vermute, dass diese nächsten Sommer gedreht wird.» Das bestätigt Andreas Thiel, einer der Produzenten: «Wir gedenken, dieses Jahr ein eigenes Studio aufzubauen und zwei weitere Folgen zu drehen.»
Wo der Film nach der Vorpremiere sonst noch zu sehen ist, ist noch unklar. «Da es sich um einen Pilotfilm für eine Serie über mehrere Staffeln handelt, die wir über die nächsten Jahre drehen, sahen wir eigentlich nur das Streaming vor», sagt Thiel. Nach ersten Viewings interessieren sich allerdings bereits die ersten Kinobetreiber dafür. «Daher müssen wir unsere Strategie vielleicht anpassen. Wir werden also noch sehen, wo dieser Film zu sehen sein wird.» Thiel freut sich zuerst auf die Vorpremiere. Mit dem Resultat und der Besetzung der Hauptrolle ist er mehr als zufrieden. «Philipp ist eine Traumbesetzung. Nach dem Casting mit Philipp war uns klar: Das ist Elio. Wir mussten die Figur für ihn zwar umschreiben, wodurch der Film allerdings nur gewann.» Und auch dass Galizia kein eigentlicher Schauspieler ist, habe man am Set nicht bemerkt. «Er steigt in seine Rolle wie in einen Whirlpool. Man merkt, dass er sich am Filmset wohlfühlt.»
Er sei ruhiger geworden, sagt Philipp Galizia über sich selber. «Ich bin 57 Jahre alt, da muss es nicht mehr abgehen wie vor 20 Jahren.» Er geniesse mehr die Ruhe. Aber auch nicht nur freiwillig. Die Auftritte in der Nische der Kleinkunst sind weniger geworden. Ob er sich entsprechend vorstellen kann, noch mehr im Film Fuss zu fassen? «Das kommt immer drauf an und ich lasse dies einfach auf mich zukommen.» Viel aktueller sei bei ihm zurzeit der Gartenbau und die Privatschule «Lern mit», wo er als Fachlehrer tätig ist. «Und im Sommer natürlich ‹Amerika›, das Theater im Klosterhof in Muri. Darauf freue ich mich.»
Die Vorpremiere von «Les Sanspapiers» findet am Samstag, 28. Januar, im Cinema 8 in Schöftland statt. Mehr Informationen: www.lessanspapiers.ch.