«Erst in Jahren wieder auf Vor-Corona-Niveau»

  24.09.2021 Wirtschaft

Wie sich die AVA den Gegebenheiten der Pandemie anpassen musste

Der öffentliche Verkehr hat sich in den vergangenen zwei Jahren stark gewandelt. Weil die Passagierzahlen massiv zurückgingen, musste auch die AVA Kosten senken und ihre Konzepte anpassen.

Wie sämtliche Verkehrsbetriebe der Schweiz und Europa war auch die Aargau Verkehr AG (AVA) insbesondere im Jahr 2020 stark von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Die Coronamassnahmen des Bundes und das damit verbundene veränderte Reiseverhalten der Bevölkerung führten dazu, dass die AVA über das gesamte Jahr 2020 hinweg einen Rückgang der Fahrgäste um rund 25 Prozent verzeichnete. Von weniger Fahrgästen waren insbesondere die Expressbus-Linien nach Zürich Enge betroffen. Auf diesen verkehren mehrheitlich pendelnde Arbeitskräfte, welche vermutlich auf Reisen infolge von Homeoffice-Möglichkeiten verzichteten. Zudem wurde das von den Linien bediente Einkaufszentrum «Sihlcity» und dessen Unterhaltungseinrichtungen zeitweise geschlossen.

Der Rückgang war allerdings nicht konstant und immer gleich gross. Er bewegte sich parallel zur Pandemie in Wellen. So war eine deutliche erste Erholung der Zahlen im Sommer 2020 ersichtlich. Durch die damaligen Öffnungsschritte und Lockerung der Coronamassnahmen stiegen die Passagierzahlen rapide an, wenn auch nicht ganz auf Vorjahresniveau. Doch mit der neuen Welle im Januar 2021 und der damals erneut verordneten Homeoffice-PPicht sanken die Zahlen im ersten Quartal des Jahres 2021 erneut. Insgesamt ist dennoch ein positiver Trend festzustellen. Im ersten Halbjahr 2021 transportierten die Verkehrsmittel der AVA deutlich mehr Passagiere als zur selben Zeit im Vorjahr. Dazu beigetragen hat zu einem grossen Teil auch die Rückkehr zum Präsenzunterricht an den Schulen. Sie war auf vielen Linien der AVA spürbar.

Verlus durch Reserven gedeckt

Natürlich machte sich der massive Passagierrückgang auch in Form eines finanziellen Verlustes bemerkbar. Weil die Einnahmen um 19 Prozent eingebrochen sind, resultierte für das Geschäftsjahr 2020 bei einem Ertrag von 77 Millionen Franken ein Minus von 2,9 Millionen Franken. Da die AVA in den letzten Jahren genügend Gewinnreserven auf bauen konnte, konnte dieser jedoch ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung des Bundes aufgefangen werden.

Die AVA rechnet für dieses Jahr mit ähnlichen Umsatzzahlen. Allerdings soll der Verlust durch bereits eingeleitete Massnahmen abgefedert werden. In den letzten 18 Monaten wurden diverse Kostensparmassnahmen definiert und die Ausgaben deutlich reduziert. Dies betrifft jedoch keine Investitionen, da diese immer mittelbis langfristig orientiert sind und insgesamt von einer Erholung der Branche ausgegangen wird. Doch trotz der erkennbaren positiven Entwicklung geht die AVA davon aus, erst in mehreren Jahren wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen zu können, was Kosteneinsparungen und Anpassungen unabdingbar macht.

Neue Preismodelle in der Pipeline

Weil das Coronavirus die Welt des öffentlichen Verkehrs nachhaltig verändert hat, muss sich auch die AVA an die neuen Bedingungen anpassen. Vor der Pandemie bestand die Herausforderung meist darin, die hohe Nachfrage der Fahrgäste mit einem passenden qualitativen Platzangebot abdecken zu können. AVA-Verwaltungsratspräsident Roland Abt umschreibt es folgendermassen: «Der Vorteil des öffentlichen Verkehrs, sehr viele Leute auf wenig Raum rasch und bequem transportieren zu können, wurde aufgrund der Ansteckungsgefahren über Nacht zu einem Nachteil.»

Und auch wenn die Pandemie dereinst besiegt oder unter Kontrolle ist, erwartet die AVA nicht, dass die Leute automatisch zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehren werden. Aufgrund der mittlerweile etablierten Homeoffice-Möglichkeit und deren breiter Akzeptanz hat sich das Mobilitätsbedürfnis vieler Arbeitnehmer verändert. Die ÖV-Branche sucht deshalb derzeit nach Möglichkeiten, wie sie sich den neuen Gegebenheiten anpassen kann. So sind unter anderem auch neue Preismodelle angedacht.

Die AVA unterstützt dabei die momentane Testphase des Tarifverbunds A-Welle, in welchem ein sogenanntes Monats-Capping getestet wird. Dabei handelt es sich nicht um ein klassisches Abonnement, sondern um ein flexibles Monats-Ticket, das per App gelöst wird. Wird ein entsprechender Deckel an Billettkosten erreicht, erhält der Kunde die Differenz zum Deckel auf der nächsten Monatsrechnung rückvergütet. Mit solchen Massnahmen soll den Bedürfnissen einer flexibleren Kundschaft entgegengekommen und dafür gesorgt werden, dass der öffentliche Verkehr im Aargau auch in Zukunft ein attraktives Mobilitätsmodell für sämtliche Bevölkerungsschichten bleibt. --huy


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote