«Es braucht verlässliche Werte»
02.09.2025 Wohlen, Parteien, PolitikParteitag der Mitte Aargau im Chappelehof: Zwei Parolen gefasst
Parolenfassungen – eine umstrittene, eine deutliche – prägten den Parteitag der Mitte Aargau in Wohlen. Die Mitte Wohlen war eine sehr gute Gastgeberin. Für Co-Präsidentin Karin ...
Parteitag der Mitte Aargau im Chappelehof: Zwei Parolen gefasst
Parolenfassungen – eine umstrittene, eine deutliche – prägten den Parteitag der Mitte Aargau in Wohlen. Die Mitte Wohlen war eine sehr gute Gastgeberin. Für Co-Präsidentin Karin Koch Wick aus Bremgarten und Wohlens Gemeinderatskandidatin Sonja Isler-Rüttimann war der Parteitag ein Heimspiel.
Daniel Marti
Der Chappelehof war die geeignete Stätte für die Mitte Aargau für ihren Parteitag. Er wurde als symbolträchtiges Gebäude von Co-Präsidentin Sonja Isler-Rüttimann bezeichnet. «Ein Haus, das die Gesellschaft verbindet. Das zeichnet den Chappelehof aus. Und eben auch die Mitte», erklärte die Gemeinderatskandidatin der Ortspartei. Ihr war es vorbehalten, die Aargauer Mitte zu begrüssen, unter ihnen auch Alt-Regierungsrat Peter Wertli und der aktuelle Regierungsrat Markus Dieth.
«Es braucht Vertrauen»
Sonja Isler-Rüttimann sprach von einem gegenwärtigen Politmarathon: Gemeinderatspodium, Einwohnerratsnomination, Parteitag, Aktion im Zentrum – das alles innert fünf Tagen. Die Mitte-Leute seien bereit dafür. «Wir sind alles Menschen, die in Wohlen etwas bewegen wollen.» Die Mitte Wohlen sei bemüht, «auf die Bevölkerung zuzugehen, und so wollen wir im Gespräch bleiben», so Isler-Rüttimann. «Gerade in den aktuellen turbulenten Zeiten braucht es Vertrauen und verlässliche Werte.» Dafür steht die Mitte Aargau und Wohlen. Und eben, der Chappelehof stehe auch für Lebensqualität. Denn im Chappelehof werde eine grosse Vielfalt geboten.
Auch Co-Präsidentin Edith Saner strahlte Zuversicht aus. «Der Name Mitte hat sich gefestigt, und die Partei ist eine verlässliche Säule in der Parteienlandschaft.» Sie nannte zudem den Krieg in der Ukraine, dieser Konflikt beschäftigt sie. «Wir können uns gar nicht vorstellen, was das für die Bevölkerung bedeutet.» Auch über die verhängten Zölle von US-Präsident Trump ärgert sie sich: «Die 39 Prozent sind eine Frechheit. Was dies genau bedeutet, werden die nächsten Wochen zeigen.» Bei diesen herausfordernden Themen sei auch die Politik der Mitte gefordert.
Eigenmietwert-Abschaffung: Erst Ja, dann Stimmfreigabe
Gefordert war die Parteileitung auch bei der Diskussion rund um die Abstimmung über die Abschaffung des Eigenmietwertes. Co-Präsidentin Karin Koch Wick stellte die Vorlage vor. Sie nannte den Eigenmietwert eine fiktive Steuer. Eingeführt 1915 während des Ersten Weltkriegs, «praktisch eine Kriegssteuer». Nun liege ein Kompromiss vor, denn die Thematik rund um den Eigenmietwert beschäftigt die Schweizer Politik schon seit Jahren. Heute versteuern Wohneigentümer mit dem Eigenmietwert ein fiktives Einkommen, das erzielt werden könnte, wenn die Liegenschaft vermietet würde. Damit werden vor allem Familien und ältere Menschen belastet. Die Vorlage stärkt laut Mitte Aargau die Selbstverantwortung in Bezug auf Schulden. Diese werden nicht mehr länger steuerlich bevorzugt und das Abzahlen lohnt sich.
Vorbehalte wurden dagegen geäussert in Bezug auf das Ausbleiben von Unterhaltsarbeiten an Liegenschaften.
Das könnte die Auftragslage für KMU verschlechtern. Nach intensiven Diskussionen fasste der Parteitag mit 37:30 Stimmfreigabe zur Abschaffung des Eigenmietwertes. Allerdings war dies die zweite Abstimmung. In der ersten Abstimmung resultierten 37 Ja und 19 Nein bei 13 Enthaltungen. Beim zweiten Anlauf setzte sich die Stimmfreigabe durch.
Dies wohl auch, weil Aargaus Finanzminister Markus Dieth die Steuerausfälle oder Mindereinnahmen angesprochen hat. Auf Kantonsebene sollen diese 80 Millionen und auf Gemeindeebene total 70 Millionen Franken betragen. Auch Wohlens Grossrat Harry Lütolf warnte vor der Vorlage. «Die Hauseigentümer sind seit Jahrzehnten mit dem bestehenden System gut gefahren», und auf die rund 150 Millionen sollte nicht verzichtet werden.
Mit der Stimmfreigabe im Kanton Aargau widersetzte sich die Mitte der eigenen Bundeshausfraktion, die ein klares Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts beschlossen hat.
Wichtiger Schritt für mehr Digitalisierung
Klar hingegen fiel die Parolenfassung aus bei der Vorlage zum elektronischen Identitätsnachweis. Die nun zur Abstimmung erarbeitete Vorlage sieht einen staatlichen und dezentralen Identitätsnachweis vor. Mit der digitalen Identitätskarte können sich Bürgerinnen und Bürger gegenüber Behörden digital ausweisen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Anwesenden waren überzeugt, dass die E-ID eine sichere elektronische Identität bietet. Sie fassten mit 64 Ja bei 3 Enthaltungen klar die Ja-Parole.
Die Mitte-Frauen treten mit Biss auf
Locker ging es zu und her bei der Vorstellung der Mitte-Frauen. Der vierköpfige Vorstand um Präsidentin und Grossrätin Sabine Sutter aus Lenzburg referierte über Engagement und Aktualitäten. Grossrätin Rita Brem aus Oberwil-Lieli, Marianne Stänz aus Birmenstorf und Sandra Blasucci aus Brunegg bestätigten mit ihrem gemeinsamen Auftritt, dass sie mit der Partei stark verwurzelt sind. «Mit Humor und Engagement sind wir dabei», so Präsidentin Sutter. Und Rita Brem betonte, «dass wir in der Politik einen coolen Job mit Biss machen».
Der Vorstand der Mitte-Frauen will also eine tragende Stimme in der Politik sein. Sie wolle Politik wie die Kunst behandeln, sagte zudem Sandra Blasucci. Mit Mut, mit Farbe und einem klaren Strich, wo die Grenzen sind. Das Quartett will jedenfalls als Brückenbauerinnen auftreten. «Und wir wollen Frauen motivieren, für die Wahlen in politische Ämter anzutreten.»