Für einmal ist Schwarz-Weiss okay
28.03.2024 MuriRebecca Carrington und Colin Brown im Cabarena
«Think and drink» sei ihre Devise während der Pandemie gewesen. Mag sein, dass es deshalb nicht zu einem ganz neuen Programm gereicht hat. Aber auch ein «Best of» von Carrington-Brown ist den Eintritt ...
Rebecca Carrington und Colin Brown im Cabarena
«Think and drink» sei ihre Devise während der Pandemie gewesen. Mag sein, dass es deshalb nicht zu einem ganz neuen Programm gereicht hat. Aber auch ein «Best of» von Carrington-Brown ist den Eintritt wert.
«Ich bin ein Sack, er ist mein Dudel», sagt Rebecca Carrington, schnappt sich ihr 200-jähriges Cello namens Joe und spielt ihren Partner Colin Brown mal kurz an die Wand. Was dieser grad eben auf seinem Dudelsack zum Besten gegeben hat, fiedelt und singt sie nun ganz ohne adäquates Instrument nach. Wobei singen das falsche Wort ist: Obwohl Rebecca Carrington eine derart betörende Stimme hat, dass sie selbst Mozarts «Königin der Nacht» ins staunende Publikum schmettert, ist sie weit mehr als eine begnadete Sängerin. Sie ist eine Sprech-, Kreisch- und Imitationsmaschine, ein Energiebündel, das in Harmonie mit dem Cello derart virtuos Töne und Melodien fabriziert, dass einem die Luft wegbleibt.
Partner fürs Leben
So begleitet sie ihren Partner (was er auch im richtigen Leben ist) beispielsweise auf der Trompete (die hingegen keine ist), während er mit seiner Bassstimme den Louis Armstrong gibt und zusammen mit dem Publikum «It’s a wonderful world» anstimmt. Wer auf der Bühne den Ton angibt, steht in Frage, doch die beiden funktionieren prächtig als Komik-Duo, auch wenn sie, wie sie selbst sagen, unterschiedlicher nicht sein könnten. «Er ist schwarz», fotzelt sie. «Sie ist weiss», gibt er zurück. Mehr Kontrast geht nicht.
Obwohl Colin Brown, der erfolgreiche Sänger und Schauspieler, als Dudelsackspieler schon vor der Queen im Buckingham Palace gespielt hat, steht er in Muri mit seiner Sackpfeife in der zweiten Reihe. Zuerst kommt Cello Joe, der ebenso wandelbar ist wie seine Bearbeiterin. Mal macht sie ihn zur Gitarre, dann wieder zur Fiddle – was während der Zeit des Paars in den USA deshalb nötig wurde, weil dort ein Cello, im Gegensatz zur Geige, eher zu den Möbelstücken gezählt wird als zur Gattung der Instrumente.
Carrington-Brown bedeutet nicht bloss mehrheitstauglichen britischen Humor. Es ist eine musikalische Reise durch Kulturen und Sprachräume. Wobei etwa die USA für einmal nicht politisch, sondern eher ganz allgemein unten durch muss. «Oh my God» sei in etwa das gewesen, was sie an Wortschatz gehört und gebraucht habe, erzählt Rebecca Carrington. Dafür durfte sie die Menschen in Texas mit ihrer Fiddle in Verzücken versetzen und mit der Neuigkeit überraschen, dass in England tatsächlich Englisch gesprochen werde, auch wenn es hier niemand verstehe.
Auf die Schippe genommen
Das ist natürlich alles nicht bös gemeint, denn man muss die Menschen schon gernhaben, wenn man sie derart genau beobachtet und so humorvoll auf die Schippe nimmt. So bekommen auch die Franzosen ihr Fett weg, wenn Carrington – die übrigens einen Master of Music hat und mit den renommiertesten Orchestern der Welt spielte – schafsmässig «La vie en rose» blökt. Und natürlich die Deutschen. Denn dort leben Carrington-Brown seit Jahren und haben offenbar viel Freude am «schönsten Akzent weltweit». Mit ihrer Rede in Deutsch-Englisch beweist Carrington zum Schluss ein letztes Mal ihre sprachliche Virtuosität. Und versetzt das Schweizer Publikum in helle Schadenfreude. --zg