Gefeiert wie ein Festsieger

  14.09.2021 Sport

Yanick Klausners letztes Schwingfest

Der Freiämter Herbstschwinget in Mühlau blieb ohne Freiämter Sieger. Der Sarmenstorfer Eidgenosse Andreas Döbeli zog im Schlussgang gegen Adrian Odermatt den Kürzeren.

Einer konnte sich aber trotzdem feiern lassen wie ein Festsieger: Yanick Klausner. Der Freiämter Herbstschwinget war sein letzter als aktiver Schwinger. Er beendete diesen auf dem dritten Zwischenrang. In seinem letzten Gang kam es zu einem ganz besonderen Duell – gegen seinen Cousin Niklas Stocker. --red


Schwingerhosen an Nagel gehängt

Freiämter Herbstschwinget – Klausner sagt Tschüss, Döbeli verliert überraschend im Schlussgang

Der Sieger am Freiämter Herbstschwinget heisst Adrian Odermatt. Der Baselländer legte im Schlussgang überraschend Andreas Döbeli auf den Rücken. Zu feiern gab es dennoch etwas aus Freiämter Sicht. In erster Linie Yanick Klausner, der seine Schwingerhosen wortwörtlich an den Nagel gehängt hat.

Josip Lasic

Der letzte Gang vor dem Schlussgang steht an. Das ganze Festgelände auf dem Schoren wird still, als der Speaker die Begegnung ankündigt. Es ist der letzte Gang von Yanick Klausner – für immer. Alle Blicke richten sich auf den 174 cm grossen Metzger, während der Speaker seine Erfolge und seinen Einfluss innerhalb des Schwingklubs Freiamt runterliest. Der 18-fache Kranzgewinner richtet seinen Blick gen Boden. Fokussiert er sich auf den letzten Gang oder ist es Trauer? «Ich war den Tränen nah», gibt der in Beinwil wohnhafte Klausner zu. «Der Sport begleitet mich, seit ich acht Jahre alt bin. Im Freiamt kennt man mich in erster Linie als Schwinger. Nicht nur, aber es hat schon einen sehr grossen Teil in meinem Leben eingenommen.»

Die Schwinger gehen Richtung Sägemehl. Klausners Kontrahent: der Boswiler Niklas Stocker. Doch Moment – für Stocker ist es der 7. Gang. Ein Fehler in der Einteilung? Klausner: «Niklas ist mein Cousin. Ich habe es mir so gewünscht.» Der zehn Jahre jüngere Stocker will es seinem Cousin nicht allzu leicht machen – er versucht es zumindest. Die ersten zwei Angriffe kann er noch abwehren. Dann liegt Stocker auf dem Rücken. Klausner hat den letzten Gang seiner Karriere gewonnen. Die Vereinskollegen tragen ein Holzbrett mit einem Bild von Yanick Klausner in Lebensgrösse – vermutlich sogar etwas grösser – ins Sägemehl. Es zeigt ihn nach dem Kranzgewinn am Zürcher Kantonalschwingfest 2018. Dort darf er einen Nagel einschlagen und seine Schwingerhosen wortwörtlich an den Nagel hängen. Im Anschluss wird er wie ein Festsieger auf die Schultern gehoben. Obwohl es am Ende «nur» der 3. Platz geworden ist.

Ein letztes Mal Vollgas gegeben

Geschenkt wurde dem Schwinger zum Abschied nichts. Im ersten Gang muss er gleich gegen Teilverbandskranzschwinger Samuel Schmid aus Wittnau ran. Klausner siegt. Ebenso gegen den Dietiker Oliver Bachmann und den Lengnauer Ralf Böni sowie gegen seinen Cousin im letzten Gang. Nur zwei Gänge muss der Freiämter abgeben. Gegen den Wöltinswiler Marco Reinmann sowie gegen den späteren Festsieger Adrian Odermatt aus Liesberg. «Gegen Reinmann muss ich nicht unbedingt verlieren. Da habe ich mich ein wenig zu sicher gefühlt», gibt Klausner zu. «Aber lieber jetzt so eine Niederlage als früher, wo es um Kränze ging. Die Rangliste hat mir eigentlich keine Rolle gespielt. Es gibt Schwinger, die nehmen sich den Kranzgewinn an einem ‹Eidgenössischen› für das Karriereende vor. Wenn ich mir das vorstelle. Du hast den sportlichen Druck, zusätzlich den, dass es dein letztes Schwingfest ist und dann noch den Druck, einen Kranz zu holen. Nein, danke. Mir hat es so gepasst. Ein würdiger Abschied mit den wichtigsten Menschen.»

Und die waren da. Klausner erzählt, dass er beispielsweise mit einem Marco Küng 17 Jahre lang trainiert hat, mit den Eidgenossen Joel Strebel und Andreas Döbeli 15 Jahre. Sie alle sind vor Ort. Das Lazarett des SK Freiamt um Strebel, Lukas Döbeli, Lukas Schwenkfelder, Reto Leuthard und Kevin Stadler ist vor Ort, um ihren Kollegen zu verabschieden. Auch ein Teil der Ringerstaffel Freiamt, bei der Klausner langjähriges Mitglied war, schaut rein. Darunter Leonz Küng. Wie Klausner war Küng Ringer und daneben 20-facher Kranzschwinger. Im Vorfeld des «Eidgenössischen» 2016 in Estavayer-le-Lac verriet Yanick Klausner, dass Leonz Küng sein grosses Vorbild ist. Es war viel Freiämter Sportprominenz vor Ort, um den Kranzschwinger zu verabschieden. Und das taten die Menschen. Das Gespräch zwischen dieser Zeitung und dem Schwinger wird permanent angenehm unterbrochen. «Mach es gut, Yanick.» «Gratuliere – und zwar zur ganzen Karriere.» «Jetzt hast du mehr Zeit für dich.» Klausner lächelt. Er übernimmt bis nächsten Sommer den Posten des Technischen Leiters der Aktiven, bevor er dann den Nachwuchs des SK Freiamt betreut. «Ich bin ja immer noch ein wenig dabei.»

Döbeli verpasst Festsieg knapp

Klausners Abschied hat nur einen Wermutstropfen. Es fehlt der Freiämter Festsieg. Andreas Döbeli ist nah dran, unterliegt im Schlussgang aber gegen Adrian Odermatt nur knapp. Die ersten beiden Gänge gegen die Teilverbandskranzschwinger Andreas Henzer und Odermatt selbst gewinnt Döbeli noch souverän. Dann schwächelt der Sarmenstorfer ein erstes Mal, als er gegen Nichtkranzer Dominik Schwegler stellt. Es folgen Siege gegen Marco Reinmann und Tim Roth, ehe im Schlussgang erneut Adrian Odermatt wartet. Und trotz scheinbarer Dominanz von Döbeli die Oberhand behält. «Natürlich wäre ein Sieg von Res schön gewesen, aber sein Fokus lag nicht auf diesem Schwingfest hier», sagt Klausner. «Er hat Kilchberg vor den Augen. Hätte er sich auf heute so vorbereitet wie sonst, hätte niemand eine Chance gegen ihn gehabt.»

Der Schlussgangverlierer sieht das Ganze kritischer. «Kilchberg war jetzt nicht so das Thema. Ich hätte gern gewonnen und den Sieg Yanick gewidmet. Aber ich habe nach dem ‹Nordwestschweizerischen› die nötige Anspannung nicht aufbauen können», sagt Döbeli. «Das soll keine Ausrede sein. Ich hätte hier gewinnen müssen. Aber es ist mir nicht gelungen, auf so ein kleineres Schwingfest umzuschalten. Im Schlussgang habe ich angegriffen und er hat gut gekontert. Das kann passieren. Adrian Odermatt ist ein guter Schwinger. Es ist jetzt alles nicht tragisch, aber im ersten Moment überwiegt die Enttäuschung. Und es war sicher nicht meine beste Leistung an einem Schwingfest.»

Ansonsten haben die Freiämter gute Leistungen gezeigt. Hervorzuheben sind die Sarmenstorfer Brüder Joho. Kranzschwinger Philipp musste sich nur Festsieger Odermatt geschlagen geben, stellte gegen Teilverba ndsk ra n zschw i nger Sa muel Schmid und bezwang mit Andreas Henzer einen weiteren Teilverbandskranzschwinger. Am Ende bedeutete das Rang 6 für den 19-Jährigen. Der zwei Jahre jüngere Pascal Joho verlor mit drei Gestellten und drei Siegen keinen einzigen Gang, konnte auch gegen Samuel Schmid stellen und erreichte sogar Rang 5b.

Yanick Klausner hat seine Schwingerhosen an den Nagel gehängt. Am Freiämter Herbstschwinget haben sich aber einige Sportler aus der Region präsentiert, die in seine Fussstapfen treten können – oder besser gesagt, in seine Schwingerhosen steigen.


Zwei Siege, fünf Zweige

Jungschwingertag Schoren

Einen Tag nach den Aktiven waren die Jungschwinger am Freiämter Herbstschwinget an der Reihe. 193 Sportler starteten vor 900 Zuschauern. Es wurde in vier Alterskategorien geschwungen. Die Jahrgänge 2006/07, 2008/09, 2010/11 sowie 2012/13 bildeten je eine Kategorie. Unter den 193 Teilnehmern waren 14 Mitglieder des Schwingklubs Freiamt. Der Gastgeberverein konnte dabei einen grossen Erfolg feiern. Von den vier Kategorien wurden gleich zwei von Freiämtern gewonnen. Bei den Jahrgängen 2010/11 war Kevin Wolf aus Auw Sieger des Schlussgangs. Livian Küng aus Beinwil im Freiamt gewann bei den Jahrgängen 2008/09.

Drei weitere Zweige ins Freiamt

Neben diesen beiden konnten drei weitere Freiämter einen Zweiggewinn feiern. Neben Sieger Kevin Wohl war auch Florian Gauch aus Bettwil bei den Jahrgängen 2010/11 erfolgreich. Er holte Rang 4b und einen Zweig. Auch im Jahrgang 2008/09 war Schlussgangsieger Livian Küng nicht der einzige Zweiggewinner aus dem Freiamt. Der Boswiler Luca Stocker war ebenfalls erfolgreich mit dem Rang 5b.

Mit dem Rang 7b gab es ausserdem einen Zweig bei den Jahrgängen 2006/07. Geholt hat ihn Nils Gehrig aus Beinwil im Freiamt. --jl


RESULTATE SCHWINGEN

Freiämter Herbstschwinget (28 Schwinger, 500 Zuschauer).

Schlussgang: Adrian Odermatt (Liesberg) bezwingt Andreas Döbeli (Sarmenstorf) nach 3.40 Minuten mit Übersprung und Nachdrücken am Boden. Rangliste: 1. Odermatt 58,75 Punkte. 2. Döbeli 57,25. 3. Yanick Klausner (Mühlau) 57,00. 4. Marco Reinmann (Wölfllnsswll 55675. 5a. ndreas Henzer (Schönenbuch), 5b. Pascal Joho (Sarmenstorf) je 56,50.
Ferner: 6. Philip Joho (Sarmenstorf 55,75. 9. Remo Vogel (Bergdietikon) 55,00. 11b. Marco Küng (Bünzen) 54,50. 12c. Dominik Strebel (Kallern), 12e. Stepan Maltsev (Aristau) je 54,25. 13b. Janis Furter (Sarmenstorf) 54,00. 15. Niklas Stocker (Boswil) 52,75. 18. Damian Henggeler (Mühlau) 44,50 (verletzt).


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