Gemeinsam in die ÖV-Zukunft
20.08.2024 BremgartenDie Informationsanlass zur künftigen Gestaltung des Bahnhofs und des Obertors sorgt für ein volles Casino
Zusammen mit AVA und Kanton informierte die Stadt am Freitag über die Zukunftspläne rund um Bahnhof und ÖV. Ziel dabei: harmonisch ...
Die Informationsanlass zur künftigen Gestaltung des Bahnhofs und des Obertors sorgt für ein volles Casino
Zusammen mit AVA und Kanton informierte die Stadt am Freitag über die Zukunftspläne rund um Bahnhof und ÖV. Ziel dabei: harmonisch möglichst viele Zweifel im Vorfeld der ausserordentlichen «Gmeind» am 24. Oktober zu zerstreuen.
Marco Huwyler
Der Informationsanlass am Freitagabend war den Verantwortlichen wichtig. Das spürte man im Vorfeld. Oft und auf diversen Kanälen (u.a. in dieser Zeitung) wiesen sie in den letzten Wochen auf das Stattfinden hin. Und doch war man offensichtlich ziemlich überrascht darob, dass das Thema die Bevölkerung so gut mobilisierte. Die ursprüngliche Bestuhlung, mit der man dem Aufmarsch gerecht werden wollte, reichte nicht einmal im Ansatz. Und so kamen die Verwaltungsmitarbeitenden noch ein wenig mehr ins Schwitzen als ohnehin schon an diesem heissen Sommerabend. Eiligst wurde das Casino zusätzlich bestuhlt – und schlussendlich nahmen im proppenvollen Rund weit mehr Menschen Platz als sonst an mancher prominenten Kulturveranstaltung oder Gemeindeversammlung.
Hintergrund: neue BNO
Ein Wunder ist das nicht – schliesslich ist das Thema ein wichtiges und tangiert den Alltag von ganz vielen Menschen: Wie weiter mit dem ÖV in Bremgarten? Und: wie weiter mit den beiden zentralen Hotspots Bahnhof und Obertorplatz?
Vieles, was die allesamt prominent vertretenen Exponenten von Stadt, AVA und Kanton am Freitag zum Besten gaben, war an sich bereits bekannt. Doch primär ging es den Organisatoren nicht um die Verbreitung von Neuigkeiten, sondern darum, die Bevölkerung von der Richtigkeit und Wichtigkeit der Vorhaben zu überzeugen – und mit Zweifeln und Ängsten im Hinblick auf die ausserordentliche BNO-«Gmeind» am 24. Oktober aufzuräumen. Gross ist der Respekt davor, dass das neue Regelwerk, das die Leitplanken für die städtische Entwicklung in den nächsten 15 Jahren setzt, aufgrund von einzelnen Aspekten so viel Gegenwind erfährt, dass es nach Jahren der akribischen Arbeit vor dem Souverän Schiffbruch erleiden könnte. Dem will man möglichst proaktiv entgegenwirken. Und die künftige Gestaltung des Bahnhofs/Obertorplatzes ist dabei einer der grössten potenziellen Zankäpfel.
Vom «Bestprojekt» überzeugt
Vor allem, dass der Busbahnhof künftig beim Bahnhof und nicht mehr beim Obertorplatz zu liegen kommen soll, verstehen und mögen viele nicht (siehe auch Box). Die Verantwortlichen wurden deshalb nicht müde zu betonen, dass es sich dabei um die bestmögliche Variante handelt und sämtliche Optionen sorgfältig und in jahrelanger Arbeit geprüft wurden. «Die heutige Lösung mit Bussen am Obertorplatz ist künftig schlicht nicht mehr möglich», betonte etwa Stadtammann Raymond Tellenbach mehrfach. Die aktuelle Situation genügt den gesetzlichen Rahmenbedingungen (Behinderten-Gleichstellungsgesetz, Sicherheit) längst nicht mehr. Und für ein Busbahnhof-Projekt, das diesen gerecht wird, fehlt der Platz. «Autos, Busse, Züge, Fussgänger – der Obertorplatz ist heute schlicht überbeansprucht», sagt Tellenbach. Zumal auch die Obertor-Bahnhaltestelle den Ansprüchen von Gesetz und Zukunftsplänen der AVA (längere Züge, Viertelstundentakt) nicht mehr genügt und künftig wohl mehr Raum benötigt.
Die Lösung des Dilemmas ist ein Busbahnhof neben dem Bahnhof, der künftig ebenfalls komplett neu gebaut wird. Das Ganze fungiert dann gesamthaft als grosse ÖV-Drehscheibe Bremgartens. Das Vorhaben ist nicht neu. Das Projekt «Drop By» war vor Jahren aus einer längeren Evaluierungsphase als Sieger hervorgegangen und wurde der Öffentlichkeit bereits 2021 präsentiert. «Es handelt sich dabei nach wie vor um die absolute Bestvariante», betonte am Freitag der stellvertretende CEO der AVA und Leiter für Grossprojekte Mathias Grünenfelder abermals. Die Pläne mit Zug, Bus, Infrastruktur, Individualverkehr und Fussgänger seien bestens miteinander abgestimmt. «Alles fliesst ineinander. Viele Synergien entstehen.»
Dazu gehört es auch, dass die Zürcherstrasse und der Obertorplatz künftig eine markante Aufwertung erfahren sollen. «Schliesslich sind sie durch die prominente Lage – neben dem ÖV passieren sie 8000 motorisierte Fahrzeuge pro Tag – auch die Visitenkarte von Bremgarten», sagte Kantonsvertreter Marius Büttiker. Die Zürcherstrasse als Rahmen des Gesamtprojekts soll sicherer und schöner werden. Begrünt und dank neuem Belag leiser. Und der Obertorplatz zu einem einladenden Eingangstor, das die Altstadt aufwertet und belebt.
Diskutiert wird und wurde hinter den Kulissen einiges. Offenbar unter anderem auch, dass man das Obertor ganz vom ÖV abschneidet und die Zughaltestelle aufhebt. «Dagegen haben wir uns im Stadtrat vehement gewehrt», sagte Raymond Tellenbach. «Die Haltestelle ist wichtig für das Leben in der Altstadt und muss unbedingt bleiben.» Der «Konsenstriangel» zwischen AVA, Kanton und Stadt sei dabei nicht immer einfach. «Doch wir sind nun auf einem Weg, der für alle stimmt.»
BNO setzt nur Leitplanken
Essenziell dafür, dass dies auch so bleibt, ist am 24. Oktober die Zustimmung zur neuen BNO. Ohne sie kann nichts verwirklicht werden. Allerdings wird auch mit einem Ja allein noch nichts verwirklicht, das wollten die Verantwortlichen nochmals festhalten. «Wie genau etwa der Obertorplatz künftig gestaltet werden soll, ist Zukunftsmusik. Das können wir alle gemeinsam zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden», sagte Tellenbach. «Die BNO nimmt hier nichts vorweg.»
Auch Vizeammann Doris Stöckli blies ins selbe Horn. «Es ist wichtig, dass wir dieses Planungsinstrument nun endlich fixieren und damit die Weichen dafür stellen, dass wir künftig überhaupt die Möglichkeit haben, Chancen wahrzunehmen und den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.»
Zahlreiche und vielfältige Fragen
Herausfordernd wird die Zukunft des ÖV in Bremgarten angesichts des Volumens der Projekte allemal. Ein Pluspunkt dabei im Hinblick auf die Stadtfinanzen: Ein Grossteil der Kosten wird Bremgarten, so, wie das Projekt heute steht, von AVA, Kanton oder Bund abgenommen. Dennoch dürfte es eine Herausforderung bleiben, die Bevölkerung von der Richtigkeit der markanten Änderungen zu überzeugen. Auch nach einer allfälligen Annahme der BNO.
Das zeigte sich auch am Freitagabend. Die Fragen und teils auch kritischen Stimmen im Anschluss an die Präsentation waren zahlreich. Während einige am liebsten möglichst gar nichts ändern würden, ist den anderen das Projekt nicht visionär genug (Stichwort: unterirdischer Busbahnhof). Weil schier unzählige Partikularinteressen tangiert sind, sind auch die möglichen Bedenken schier unzählig. Sie reichten am Freitagabend von Parkplätzen über Poststellen, Gewerberäume, der Erschliessung der Altstadt bis hin zu Begegnungszonen. Im Verbund gelang es den Veranstaltern zumeist, diese einigermassen zufriedenstellend zu beantworten. Doch Fragen wären noch viel mehr dagewesen. Der Stadtammann beendete die Fragerunde (zum Missbehagen einiger) nach einer Weile ziemlich abrupt und leitete zum wohlverdienten Apéro über. Selbstredend wurde auch dort weiterdiskutiert. Das zeigt: Der Anlass war gewiss eine gute Sache und traf offensichtlich ein Bedürfnis. Die Themen von Obertorplatz bis Bahnhof dürften Bremgarten aber weiterhin intensiv beschäftigen. Das nächste Mal spätestens am 24. Oktober.
Detaillierte Informationen zu den Projekten rund um den Bahnhof, die Zürcherstrasse und den Obertorplatz gibt es auch auf der Website www.perspektive-bremgarten.ch
«Stopp dem Grössenwahn»
Die Pläne rund um den Bahnhof und das Obertor stossen im Städtli seit Längerem auch auf Widerstand. Im März 2023 wurde unter Führung des Bremgarters Thomas Fischer eine Petition gestartet und das «Bürgerliche Komitee Bremgarten» gegründet. Die Initianten fordern eine Sanierung des heutigen Bahnhofs statt eines Neubaus. Darüber hinaus solle der Obertorplatz Drehscheibe für die Postautos bleiben. Im Herbst 2023 wurde die Petition mit rund 700 Unterschriften an den Regierungsrat (Departement: Bau, Verkehr und Umwelt) eingereicht und dem Stadtrat Bremgarten weitergeleitet. Thomas Fischer meldete sich auch an der Informationsveranstaltung bzw. der Fragerunde im Anschluss mehrfach zu Wort. Weniger mit konkreten Fragen, mehr mit genereller Unzufriedenheit mit dem Projekt. «Wir müssen zufrieden sein mit dem, was wir heute haben. Stopp dem Grössenwahn», lautete sein Kredo. --huy