Haus voller Überraschungen
27.11.2020 BremgartenBlick hinter die Kulissen des Kulturzentrums Bremgarten (Kuzeb)
Die einen lieben es, die anderen hassen es. Und die meisten Menschen kennen es gar nicht: Das Kuzeb in Bremgarten polarisiert seit fast drei Jahrzehnten – und das weit über das Freiamt hinaus. Dieser Zeitung wurden die Türen geöffnet. Damit das Kuzeb besser verstanden wird.
Stefan Sprenger
Dunkle Kapitel gibt es im Kuzeb. Die Razzia mit 100 Polizisten im Jahr 2018. Wüste Schlägereien in den Anfangsjahren. Das Klischee des Drogentempels. Andreas Glarner, SVP-Nationalrat, spielte vor zwei Jahren mit dem Gedanken, das Kuzeb zu kaufen, um dem «Treiben» ein Ende zu setzen. Der erste, oberflächliche Eindruck vom Kuzeb ist bei vielen Menschen mit einem mulmigen, unguten Gefühl verbunden. Blickt man ins Innenleben dieses Hauses, begegnen einem kreative Schaffer und lebensfrohe Menschen mit einer eigenen Meinung. Dem Unbekannten gegenüber begegnen sie offen und freundlich. Etwas, was das Kuzeb und dessen Mitglieder ihrerseits viel zu wenig erhalten. Vorurteile dominieren, wenn es um dieses (teil)besetzte Haus geht.
Wer diskriminiert, liegt raus
Im Kuzeb riecht es nach altem Zigarettenrauch, nach eingetrocknetem Schnaps und nach ganz viel Toleranz. Wer sich rassistisch oder sexistisch äussert, fliegt raus. Ohne Diskussionen. Diese Toleranz und Zivilcourage erscheint in diesen Tagen noch ein Stück wertvoller als sonst schon. Egal, ob Asylbewerber, Töfflibueb oder Senior: Im Kuzeb ist jeder willkommen, sofern man anständig und respektvoll miteinander umgeht. Herkunft, Alter, Hautfarbe, sexuelle Orientierung – es spielt alles keine Rolle. Im Kuzeb sind alle gleich viel wert.
Vor über einem Jahr nahm diese Zeitung den Kontakt zum Kulturzentrum in Bremgarten auf. Silas Roth erklärte sich bereit, das Haus zu zeigen. Der Bremgarter, der regelmässig im Kuzeb ist, sagt: «Die Leute sollen besser verstehen, was wir hier machen, und was für Werte das Kuzeb vertritt. So sollen die negativen Gefühle aus der Welt geräumt werden.» Aufklärung durch Transparenz. Die gelbliche Fassade der alten Kleiderfabrik bröckelt. Entstanden ist eine Reportage, die zeigt, wie der Alltag im Kuzeb aussieht. Das Haus voller Überraschungen gewährt Einblick.
Bröckelnde Vorurteile
Reportage aus dem Kulturzentrum Bremgarten
Farbtupfer oder Schandieck. Das Kuzeb in Bremgarten bedeutet für die Besucher Lebensfreude. Und gleichzeitig ist das Haus vielen Menschen ein Dorn im Auge. Doch was passiert eigentlich an diesem geheimnisvollen Ort, an dem Journalisten so gut wie nie Zutritt erhalten?
Stefan Sprenger
Die Fassade ist gelb und bräunlich. Sie bröckelt. Graffiti zieren die Wand. Manchmal hängen politisch motivierte Plakate vom Balkon. Die Fensterläden sind rot und schwarz. Es sieht aufgeräumt und gleichzeitig chaotisch aus. Einfach anders. Das Kulturzentrum Bremgarten – kurz Kuzeb – löst bei vielen Menschen Unbehagen aus. In diesem Gebäude verkehren Leute, die auch auf der Strasse auffallen. Wegen der punkigen Kleider, der farbigen Haare oder der offenen Art. Sie sagen, was sie denken. Hier, bei der alten Kleiderfabrik an der Ecke Zürcher- und Zugerstrasse, gleich neben der Post und dem Schulhaus, steht das Kuzeb. Ein Haus der Andersdenkenden. Seit 1991 ein alternativer Treffpunkt im «Städtli». Und weit über die Freiämter Grenzen hinaus bekannt.
Melancholisch und doch freundlich
Der erste Eindruck im Innern ist dämmrig. Wie in einem Vampirfilm. Alles ist etwas dunkel im Hauptraum. «Komm rein, setz dich, willst du einen Kaffee?» Silas Roth erhellt den Raum mit seiner positiven Art. Die Treffen mit ihm laufen meist gleich ab. Er ist freundlich, zuvorkommend, ein richtig angenehmer Zeitgeist. Silas Roth, 28 Jahre jung, ein waschechter Bremgarter mit Dreadlocks auf dem Kopf. Er sitzt im Aufenthaltsraum des Kuzeb. Es riecht nach abgestandenem Rauch. Durch drei Fenster dringt Licht in den Raum, der voller Sofas, Stühle und Tische ist. Die Stimmung ist melancholisch – und doch freundlich. Der Espresso-Kocher pfeift. Die Bremgarten-Dietikon-Bahn fährt einen Meter am Haus vorbei. Der Boden vibriert.
Roth erklärt, was jeden ersten und dritten Dienstag im Monat hier passiert. «Vollversammlung» wird es genannt. Ein paar Dutzend Kuzeb-Mitglieder treffen sich, diskutieren, entscheiden. Das Zusammenleben im Haus wird «basisdemokratisch gestaltet», wie er es beschreibt. Man nimmt sich Zeit für die anstehenden Themen. «Wir streben immer eine Übereinstimmung an. Das kann teilweise – je nach Thema – sehr intensiv sein. Dafür entsteht keine Diktatur der Mehrheit. Die Stimme eines jeden Einzelnen wird angehört. Dadurch entsteht viel Verständnis», erklärt er.
Nach der Reportage-Anfrage dieser Zeitung wurde entschieden, dass die Geschichte «bewilligt» wird. Silas Roth nimmt sich der Sache an. Das Kuzeb öffnet die Türen und zeigt, was alles in diesem Haus passiert. Ausnahmsweise. Denn in der Vergangenheit hat man schlechte Erfahrungen gemacht mit den Medien. Tendenziöse Berichterstattungen, gemäss den Kuzeb-Leuten, sind der Grund, wieso man Journalisten nur ungern das Vertrauen schenkt. Tendenziös vielleicht auch deswegen, weil man nicht viel über das Innenleben dieses besonderen Hauses und der Menschen darin weiss.
Frischer Wind weht im Kuzeb. Und dieser zieht beispielsweise durch den Garten. Dort wurde in der Coronazeit aufgeräumt. Kaputte Gartenstühle wurden entsorgt, Zigarettenstummel eingesammelt, Unkraut gejätet. «Da ist was passiert. Unser Garten sieht genial aus», meint Roth. Nun will man auch mit Vorurteilen aufräumen.
«Achtung Pilzebfall»
Es gibt viele Räume im Kuzeb. Rund 30. «Ich zeig dir alles, kein Problem.» Silas Roth greift sich den Schlüsselbund. «Man kann hier so vieles machen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.» Los geht die wilde Tour durch das Kuzeb. Hinter jeder Tür wartet eine Überraschung. Wenn man zum ersten Mal durch die Räumlichkeiten geht, fühlt man sich wie ein Kind auf Entdeckungstour durch eine unbekannte Welt. Silas Roth öffnet die erste Tür. «Achtung Pilzbefall.» Sein Lachen hallt durch den Raum, wo Ess-Pilze gezüchtet werden. Zwei Mitglieder experimentieren hier mit der Anzucht von Speisepilzen. Der Grossteil der Kuzeb-Gänger ernährt sich vegan oder vegetarisch. Oft wird gemeinsam gekocht. Dann grundsätzlich immer vegan, «damit alle davon essen können». Verwendet werden auch essbare Pflanzen, die es in der Natur zu finden gibt. Oder eben: selbst gezüchtete Pilze.
Silas Roth öffnet Tür zwei: das Essenslager. Mit Sorgfalt werden die Produkte ausgewählt. Wichtigste Kriterien: regional, ökologisch und bio. In Behältern gibt es Dinkel- oder Haferdrink. Alles zum Einkaufspreis. Wenn man etwas will, muss man es selber abwägen und bezahlen. Finanziell profitiert niemand davon.
Goldene Regel: Niemand verdient etwas
Im Kuzeb sowieso eine goldene Regel: Niemand verdient etwas. Der Mitgliederbeitrag beträgt 5 Franken. Pro Jahr. Es ist ein Verein, ein nicht kommerzielles und autonomes Kulturzentrum. Der Gratisladen ist der beste Beweis dafür. «Mensch darf nehmen, was Mensch braucht», sagt Roth dazu. «Besitzt du etwas, was du eigentlich nicht mehr brauchst, so kannst du es vorbeibringen und dich daran erfreuen, dass jemand anders diesen Gegenstand brauchen wird und Freude daran hat.» So einfach. So solidarisch. So gut. Die Bandbreite der Secondhandsachen ist riesig. Von der Wollmütze bis zum Radio ist alles vorhanden. Nachhaltigkeit wird grossgeschrieben.
Der 70-Jährige, der Klarinette spielen will
Das Kuzeb ist ein bunter Ort mit riesiger Menschendiversität. «Die Grundpfeiler bilden Menschlichkeit, Solidarität, Meinungsfreiheit, Vertrauen, Integration, Vielfalt und Offenheit.» So steht es auf der Homepage geschrieben. Wer denkt, im Kuzeb verkehren nur Punks und Linke, der hat dieses Haus noch nie von innen gesehen.
Asylbewerber dürfen gratis Internet nutzen und kommen so in Kontakt mit Einheimischen, Goa-Liebhaber organisieren Partys selbstständig, Maler dürfen im Atelier arbeiten, Handwerker basteln in der Werkstatt, Veganer holen sich Soja zum Einkaufspreis – und so weiter. Das Kuzeb ist ein Ort, wo Menschen ihre Ideologien ausleben können. Das ist schon seit dreissig Jahren so und wird wohl auch immer so bleiben, solange das Kuzeb existiert. Es ist für viele ein Haus, wo man Träume verwirklichen kann.
Vor einem Jahr kam ein 70-Jähriger Mann an eine Vollversammlung. Er stellte sich vor und erzählte von seinem Problem: Der Senior wollte Klarinette spielen. Weil sich seine Nachbarn nervten, durfte er kaum noch üben. Er wollte keinen Streit mit den Nachbarn und suchte nun einen Raum, um seiner Leidenschaft nachzukommen. Und das zu jeder Tagesund Nachtzeit. Das Kuzeb erfüllte ihm diesen Wunsch. Jetzt kann er auch morgens um 3 Uhr Klarinette spielen. «Er hat riesige Freude», erzählt Roth.
Kuzeb-Leute mischen an vielen Orten mit
Das Kuzeb hat regelmässig eine Vielzahl von Besuchern. Und momentan gibt es besonders viele junge und engagierte Leute. Silas Roth ist einer davon. Seit 2011 organisiert er Partys und hilft bei anderen Projekten in der ganzen Schweiz mit. Nur schon im Freiamt sind die Kuzeb-Gänger grosser Bestandteil der Organisation von kulturellen Veranstaltungen. In den Open-Airs «Free for Peace», «Open Eye» oder «Zamba Loca» – überall mischten sie mit. Im Haus selber gibt es im Jahr rund vierzig Konzerte, manchmal mit zwanzig Besuchern, manchmal mit zweihundert. Spass am Leben und an der Musik, auch das ist das Kuzeb.
Die Treppen knarren. Überall hängen irgendwelche Sachen. Eine Tür ist mit Mosaik verziert, an der Wand sind unzählige Sprüche zu lesen: «Coole Kids haben kein Vaterland», «Musik war mal eine Scheibe» oder «Uns braucht niemand zu kontrollieren, wir können uns selber organisieren».
Silas Roth steht wieder vor einer verschlossenen Tür. «Achtung. Wir kommen in den schönsten Raum im Kuzeb.» Die «Läsothek» im oberen Stock der alten Kleiderfabrik. Der Raum ist lichtdurchflutet, man sieht direkt auf den Schulhausplatz. In den Regalen stehen Bücher, Magazine, Dossiers zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Von A wie Anarchie bis Z wie Zwangsmassnahmen. Roth läuft im Kreis in der «Läsothek». «Ein wundervoller Raum.» Er selbst studiert Philosophie, Wirtschaft und Politik, ist gelernter Fachmann Betreuung. Die «Läsothek» ist für ihn ein wichtiger Teil des Kuzeb. «Um eine Meinung zu haben, braucht es zuerst Wissen.»
Weiter geht die Räumlichkeiten-Tour. Der Mehrzweckraum stillt den Spieltrieb. Kletterwand, Billardtisch, Badminton-Feld, Boxsack – im rund 100 m grossen Raum kann man sich austoben. Nicht jeder Raum ist spannend, aber die meisten haben ihren Zweck. Technikraum, Möbellager, Archiv, Kino, Improvisationstheater, Veloraum, Bandraum. Im Kuzeb gibt es eine Siebdruckerei, einen Raum, um Fotos zu entwickeln oder um T-Shirts zu bedrucken. Die Auswahl an Möglichkeiten ist riesig.
Heimisch geworden durch das Haus
Wir sind zurück im Aufenthaltsraum, dem Hauptquartier sozusagen. Dort wo sich das meiste abspielt im Kuzeb. An der Wand hängen Informationen und Broschüren zu den unterschiedlichsten Themen. Die Stühle sind alle verschieden. Vom Bürostuhl bis hin zum Kneipensessel aus den 50er-Jahren. Die Sofas sind alt und ledrig. Mitten im Raum steht ein «Töggelikasten». Im Aschenbecher liegen ausgedrückte Zigaretten.
Das Telefon klingelt. Ein Relikt aus alten Tagen, mit Wählscheibe aus Grossmutters Zeiten. «Kuzeb. Hallo?» Am anderen Ende erkundigt sich jemand nach einem Vegan-Kochkurs. Silas Roth nimmt mit Freude die Anmeldung entgegen.
Kaum ist der Hörer aufgehängt, betritt Claudia den Raum. «Hoi zäme.» Sie ist 24 Jahre alt, zügelte vor zwei Jahren nach Bremgarten. Durch Zufall fand sie den Weg ins Kuzeb und ist nun fast täglich hier anzutreffen. «Hier sind verschiedene Menschen mit verschiedenen Einstellungen. Hier findet ein geistiger Austausch statt.» Claudia nutzt die Räumlichkeiten für ihre künstlerische Ader. Sie kreiert im Nähatelier Kleider und versucht sich in der Holzschnitzerei. «Zu Hause hätte ich diese Möglichkeiten nicht», sagt sie. Sie will nicht mehr weg aus Bremgarten. Der Grund sind das Kuzeb und die Menschen hier.
«Wir tanzen ein bisschen aus der Reihe»
Silas Roth sitzt daneben und muss nach dieser Aussage lachen. Ihm ist es ähnlich ergangen. Als er in Bremgarten zur Schule ging, sei ihm dieses Haus «skurril» vorgekommen. Bekannt als Punk-Schuppen. «Ich hatte einen fremden, rauchigen Eindruck. Die Leute, die ins Kuzeb gingen, fielen mir auf der Strasse auf.» Fremd und doch vertraut. Jetzt ist er seit zehn Jahren selber einer davon. Denn mit seinen hüftlangen Dreadlocks fällt er sofort auf. «Wir tanzen eben ein bisschen aus der Reihe.» Er sei ein Mensch, der das Leben auskostet. Er unterscheidet sich nicht viel von anderen jungen Männern in seinem Alter, kurz vor dreissig. Dann sagt Roth aber Sätze wie: «Mein Ziel ist es nicht, in meinem Leben möglichst viel Geld zu verdienen. Ich setze meine Energie lieber dafür ein, einen kleinen Teil zum gesellschaftlichen Wandel beizusteuern.» Immer präsent im Kuzeb: Der Gedanke an eine nachhaltige und bessere Zukunft. «Im Kuzeb macht sich jeder Gedanken um die Umwelt, um seine Mitmenschen, man sucht nach Alternativen, versucht möglichst klimaneutral zu leben», erklärt Roth. Das spürt und das sieht man im Kuzeb – wo beispielweise die Handys mit Solarstrom aufgeladen werden können. Modern und doch alternativ. Aber: Andersdenkende haben in der Gesellschaft einen schweren Stand, das war schon immer so. Irgendwie.
Jan, der Tüftler
Ein Andersdenkender ist auch Jan. Er ist in der Werkstatt. Auch er ist ein Mensch der Marke «Tüftler». Jan ist wortgewandt, 42 Jahre alt – und fand durch Kumpels ins Kuzeb. Neben ihm ist ein Plakat mit der Aufschrift: «Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt.» Man sieht: Er ist ein begabter Handwerker. Jan schätzt die Menschen hier. An Partys geht er weniger. «Weil ich Nichtraucher bin und ich den Rauch nicht ertrage, ist es schwierig.» Jan «schuftet» Teilzeit auf dem Bau. «Ich helfe mit, dass die Immobilienblase noch grösser wird», sagt er lachend.
Die Philosophiestunde mit Jan beginnt. «Leute kaufen sich Häuser, die sie sich nicht leisten können. In ihre Garagen stellen sie Autos rein, die sie ebenfalls nur auf Pump kriegen. Sie arbeiten dafür 12 Stunden am Tag und nennen das Glück. Ich sehe das anders. Je weniger ich für Geld arbeite, desto mehr kann ich mich verwirklichen.» Arbeiten und Geld verdienen unterscheidet er. «Geld verdiene ich nur so viel wie nötig», meint er. Die Wegwerfgesellschaft oder Pauschaltouristen mag er nicht. Jan macht lieber Ferien mit dem Fahrrad. «Besser für die Umwelt. Schöner für mich.» Er hat in einem Sack Wildsalat gesammelt im Bremgarter Wald. «Nahes kann so gut sein.» Er lächelt.
Rückblick in die Anfangsjahre des Kuzeb. In den 90er-Jahren entwickelt sich eine linksalternative, multikulturelle Strassenkultur in Bremgarten. Später gab es Auseinandersetzungen mit der rechtsextremen Szene. Die Gewalt in der Stadt nimmt zu. Der Stadtrat liess die Strassen von Bremgarten von der Securitas überwachen und setzte die Polizeistunde wieder konsequent durch. Alte Geschichten sind das, längst vorbei. Die Auseinandersetzungen und Schlägereien mit rechten Gruppen gibt es heute nicht mehr. Und Leute, die im Kuzeb harte Drogen konsumieren und sich homophob, rassistisch oder frauenfeindlich äussern, werden rausgeworfen.
Friedliebender Ort von Andersdenkenden
Das Kuzeb finanziert sich selbst über Spenden. Es ist ein Ort, der nur schwierig mit Worten zu beschreiben ist. Musik, Kultur, Kunst, Gesellschaft, Politik. Die Vielseitigkeit ist gross. Das Kuzeb schenkt nicht nur den besten Glühwein am Christchindli-Märt aus. Und es ist kein Zuhause von vermummten Links-Terroristen. Es ist ein friedliebender Ort von andersdenkenden und alternativen Menschen. Hippies, Punks, Nerds, Analytikern. Die Bandbreite ist gross. Doch jeder im Kuzeb hinterfragt die Gesellschaft – und will sie auch ein wenig besser machen. Hier repariert man die Alltagsgegenstände lieber, als sie wegzuwerfen und neu zu kaufen. Man hört Punkmusik, Goa oder Techno. Wichtigster Bestandteil ist das friedliche Miteinander, der Respekt. Diskriminierung hat in keinem der über dreissig Räume Platz. Von den vielen Kuzeb-Gängern, die bei dieser Reportage angetroffen wurden, waren alle zurückhaltend und freundlich.
Von aussen kann man nicht beurteilen, wie dieser Ort und die Menschen darin ticken. Der Ort versprüht viel Lebensfreude, viel Farbe, das Kuzeb kann kein Schandieck sein. «Ansichten können sich wandeln», sagt Silas Roth. Er zückt sein Handy und zeigt ein Bild von Renovationsarbeiten am Haus. Die Fassade wurde teilweise renoviert und bröckelt nicht mehr. Dafür bröckeln vielleicht ein wenig die Vorurteile gegenüber diesem besonderen Haus und den Menschen, die darin verkehren.
Infos zur Reportage
Die Reportage über das Kulturzentrum Bremgarten nahm im Dezember 2018 ihren Anfang. Nach der ersten Kontaktaufnahme gab es zwischen Frühling 2019 und Frühling 2020 mehrere Treffen zwischen dem Journalisten und Silas Roth im Kuzeb. Die Reportage entstand ausserhalb der Coronazeit. Mehr Informationen zur Geschichte des Kulturzentrums gibt es auf www.kuzeb.ch.