Marco Huwyler, Redaktor.
Herzliche Grüsse
Berufsbedingt ist Mailverkehr für mich natürlich Alltag. Gleich dutzendfach verlassen mehr oder minder wichtige Nachrichten tagtäglich meinen ...
Marco Huwyler, Redaktor.
Herzliche Grüsse
Berufsbedingt ist Mailverkehr für mich natürlich Alltag. Gleich dutzendfach verlassen mehr oder minder wichtige Nachrichten tagtäglich meinen elektronischen Briefkasten. Logisch also, dass sich da Routine einstellt. Zumal der Aufbau eines textlichen Begehrens ja gewissen Formalitäten folgt. Andere mögen deshalb an meiner Stelle nach Jahren des tippenden Tuns kaum mehr einen Gedanken daran verschwenden. Doch ich bin da anders. Fast jedes Mal studiere ich am Förmlichen herum. Wäge ab, was nun gerade angebracht ist.
Zuerst gilts zu wissen: Bin ich mit dem Adressaten vielleicht per Du? Könnte sein. Doch ebenso gut auch nicht. Da wäre es ziemlich ungebührlich mein virtuelles Gegenüber schnöde beim Vornamen zu nennen. Umgekehrt ists mir peinlich, jemanden zu siezen, den ich duzen dürfte. Schliesslich impliziert dies, dass ich mich an den wichtigen Akt des Duzis und der Vertrautheit, die damit einhergeht, nicht mehr erinnere.
Doch auch wenn ich weiss, wie wir gesellschaftlich zueinander stehen, birgt die Wortwahl eines Mailauftakts Denksport für meinereiner. «Sehr geehrte(r)» find ich oft albern. Zu steif – vor allem bei jemandem, den ich schon kenne (aber nicht per Du bin). Und überhaupt – weshalb sollte ich jemanden sehr ehren mit meiner Nachricht? Das masse ich mir nicht an. «Grüezi» dagegen ist mir zu salopp. Zu betont schweizerisch auch. Am besten passt mir das «Guten Tag/Morgen/Abend» – wobei ich dann jeweils achtgeben muss, dass die Tageszeit passt (späte Mails sind problematisch – denn «Gute Nacht» funktioniert als Anrede nicht).
Am meisten Kopfschmerzen bereitet mir aber der Mailschluss. Gegrüsst sein wollen die Herr- und Damschaften mit den letzten Worten ja, so schreiben es unsere schriftlichen Sitten vor. Doch wie man genau grüsst, da gibt es viele Möglichkeiten. Und keine mag ich so richtig. Ein «Gruss» oder «Grüsse» ohne einleitendes Wort ist mir zu schroff. «Freundliche Grüsse» zu steif – sie scheinen mir paradoxerweise irgendwie unfreundlich. «Liebe Grüsse» sind dagegen sind zu vertraut – und deshalb nur geduzten Personen vorbehalten. «Beste Grüsse», gäbe es noch – doch weshalb sollen meine Grüsse die besten sein? Worin denn? Im Vergleich zu was? So verbleibe ich schlussendlich zumeist bei «Herzliche». Auch wenn meine Grüsse beileibe nicht immer von Herzen kommen. Und im absoluten Zweifelsfall greife ich zum Telefon.