Hochstapler und Giftmischer
25.04.2025 Region OberfreiamtSafari in Miniaturformat
Spannende Nah-Exkursion in Merenschwand
Es ist eine Welt von Bluff und Understatement, von Gift und von anderen Waffen. Und all das spielt sich direkt vor unseren Augen ab – wenn auch kaum ...
Safari in Miniaturformat
Spannende Nah-Exkursion in Merenschwand
Es ist eine Welt von Bluff und Understatement, von Gift und von anderen Waffen. Und all das spielt sich direkt vor unseren Augen ab – wenn auch kaum jemand davon Kenntnis nimmt. Auf der Volkshochschulexkursion mit Bähram Alagheband bot sich die Gelegenheit, auf einer Safari in Miniaturformat überraschende Einblicke in die vielfältige, bunte und manchmal grausame Welt der Krabbeltiere zu erhalten. Für den Exkursionsleiter war es wie eine Rückkehr. Schliesslich ist Merenschwand sein Heimatort. --tst
Als Tierfilmer hat er die SRF-Serie «Krabbeltiere» mitproduziert. Nun hat die Volkshochschule Bähram Alagheband zurück ins Obere Freiamt und in seinen Heimatort Merenschwand gelockt.
Thomas Stöckli
«Nach anderthalb Stunden hatten wir sicher 30, 40 Arten entdeckt», sagt Bähram Alagheband. Im Rahmen seiner Exkursion in die Welt der Insekten empfing der Tierfilmer und Insektenfan 20 Interessierte auf dem Friedhof Merenschwand. Ein gutes Pflaster, um Krabbeltiere zu entdecken, wie die Teilnehmenden teilweise etwas überrascht zur Kenntnis nehmen durften. Möglich machen es naturbelassene Gärten und Wiesen, die nicht gemäht werden.
Wanzen und Käfer unterscheiden
«Bewaffnet» mit Lebendfang-Gläser schwärmen die Exkursionsteilnehmenden aus. Bald schon kommen die ersten mit ihren Funden zurück. «Bäru», wie sich der Krabbeltier-Experte unkompliziert nennen lässt, identifiziert eine Feldwespe: «Das erkennt man an den roten Fühlern und wie sie die Beine im Flug hängen lässt.» Dann führt er aus, wie sich Käfer und Wanzen unterscheiden lassen. Etwa daran, dass der Käfer über Beiss-, die Wanze über Saugwerkzeug verfügt. Zudem haben Wanzen einen hellen Punkt am Rücken, wo die Unterflügel von den Deckflügeln nicht überlappt werden.
Freude bereitet dem Exkursionsleiter der Fund einer Hummelfliege. Sie täuscht mit ihrem wehrhaft anmutenden Äusseren andere Insekten. Zu den interessanten Fundstücken gehören auch ein Maikäfer und eine Nosferatu-Spinne, wobei sich Letztere nicht in der Natur, sondern in der Tasche eines Exkursionsteilnehmenden fand. Beisst diese Spinne zu, ist das zwar schmerzhaft, aber nicht gefährlich.
Faszinierende Fähigkeiten
Zum zweiten Teil der Exkursion verschiebt sich die Gruppe in den angrenzenden, naturnah gestalteten Garten von Alexandra Scholz. Hier blühen unter anderem Wildtulpen; Totholz, Feuchtgebiete und Ruderalflächen sorgen für eine Vielfalt an Lebensräumen. Schon bald zeigt sich auf einem Blatt eine veränderliche Krabbenspinne. Sie kann wie ein Chamäleon zur Tarnung ihre Körperfarbe aktiv wechseln. Die vorderen beiden Beinpaare nach oben ausgestreckt, lauert sie auf Beute. Den zweiten Teil ihres Namens verdankt sie der Fähigkeit, sich wie eine Krabbe auch seit- und rückwärts fortbewegen zu können.
Weiter landen Kurzflügler und Lilienhähnchen, verschiedene Rosenkäfer und ein Borkenkäfer in den Bestimmungsgläsern. Über den Ölkäfer, der Gift über die Beine abtröpfeln lässt, um Fressfeinde abzuschrecken, kommt Alagheband auf den Bombardierkäfer zu sprechen. «Im Wallis habe ich mal tagelang vergebens nach einem solchen gesucht», sagt er. Bei einer Exkursion im Jurapark sei dann ganz unerwartet einer vor ihm durchgekrabbelt. Das habe ihn gelehrt, nicht gezielt nach einer bestimmten Art zu suchen. Doch was macht den Bombardierkäfer denn so besonders? «Er verfügt über einen Teflon-Hintern», sagt der Exkursionsleiter. In diesem könne er bei Bedarf eine chemische Reaktion in Gang setzen, als deren Resultat heisse Säure herausspritzt.
Fast ein Heimspiel
Auch Mücken landen in den Sammelgläsern. «Die habe ich lange nicht spannend gefunden», sagt Alagheband. Inzwischen lese er sich aber in das Thema ein. 5000 verschiedene Mückenarten gibt es insgesamt. Manche haben sich auf Überschwemmungsgebiete spezialisiert. «Ihre Eier können drei Jahre im Trockenen liegen», sagt der Experte. Wenn sie dann endlich schlüpfen, seien sie dafür viel aggressiver. «Wer die kennenlernen will, der soll mal nach einem Hochwasser an der Reuss spazieren gehen», sagt Anton Schmied von der Volkshochschule Oberes Freiamt: «Die stechen dann durch die Kleider hindurch.»
Unter den 20 Naturinteressierten in Merenschwand ist auch Bernadette Alagheband, Mutter des Referenten. Als Bernadette Käppeli ist sie in Merenschwand aufgewachsen. «Es war toll und speziell für mich, gerade in Merischwand eine Insekten-Exkursion zu haben», sagt Bähram Alagheband, «meinem Heimatort, der mich mit meinem Grosi und meiner Mama verbindet», fügt er an. «Und was mir halt immer gefällt und was ich wichtig finde: Unsere Insektenwelt hat unglaubliche Geschichten zu bieten.» Und das direkt vor unserer Haustür, mitten im Dorf. «Wir müssen nicht mal weit gehen.»