Hommage an das Leben
04.07.2023 Oberlunkhofen, KelleramtDer Kirchenchor Lunkhofen brachte südamerikanisches Flair nach Oberlunkhofen
Chorale Kirchengesänge gepaart mit rassigen Gitarrenriffs – passend zum Sommer präsentierte der Kirchenchor Lunkhofen die Messe «Misa Criolla» von Ariel ...
Der Kirchenchor Lunkhofen brachte südamerikanisches Flair nach Oberlunkhofen
Chorale Kirchengesänge gepaart mit rassigen Gitarrenriffs – passend zum Sommer präsentierte der Kirchenchor Lunkhofen die Messe «Misa Criolla» von Ariel Ramírez, die von lateinamerikanischer Sprache und Musik inspiriert ist.
Celeste Blanc
Die Musik, sie liess träumen. Träumen von Landschaften, unbekannten Orten und den Menschen im weit entfernten Südamerika. Die geschlossenen Augen trugen einen für einen kurzen Moment in ein Café in Buenos Aires. Zum Träumen von fernen Welten kam der unverkennbare Rhythmus der lateinamerikanischen Musik hinzu, die während des Gottesdienstes zum Mitwippen animierte. Dabei berührten das rhythmische Gitarrenspiel, die schnellen Perkussionen und die tanzenden Finger des Cellisten nicht nur das Publikum – auch Dirigent Philipp Scherer konnte bei den Klängen nicht anders, als durch die Musik inspiriert beim Taktgeben die eine oder andere Tanzbewegung oder einen Hüftschwung einf liessen zu lassen.
Verschiedene Einflüsse schaffen unverkennbare Musik
Präsentiert hat der Kirchenchor Lunkhofen an diesem Abend die «Misa Criolla» von Ariel Ramírez. Geschrieben 1963, entstand dieses Stück aus einer Begegnung, die er in einem Kloster in Würzburg, Deutschland, machte. Die dort ansässigen Nonnen erzählten ihm, dass die Schwestern trotz angedrohter Todesstrafe den Inhaftierten über Monate jede Nacht heimlich Essen gebracht haben. Zu Ehren dieser Nonnen schrieb er die «Misa Criolla», als Hommage an das Leben, das der Zwischenmenschlichkeit jenseits des Glaubens und der Herkunft gewidmet ist.
Entstanden sind Kirchengesänge, die nahe an der Volksmusik sind. Die Chorlieder sind der kreolischen Musikform entlehnt, also der Mischung aus indigener und Kolonialmusik, deren mystische und einzigartige Rhythmen und Klänge sich unter europäischem und afrikanischem Einf luss entwickelt haben. Davon zeugt das Stück «Nigra Sum» von Paul Casals, aber auch das peruanische Volkslied «El Condor Pasa», das der Chor präsentierte. Kernstück des Konzertes waren die fünf Messesätze der «Misa Criolla», von denen jeder jeweils an den Rhythmus und die Musik einer anderen Region Argentiniens erinnert und die somit an diesem Abend ein breites Bild der argentinischen Musiklandschaft boten.
Gesangliche Höhepunkte brachten Gänsehaut
Begeistert lauschten die Anwesenden den Gesängen des über 30-köpfigen Chors. Der Anlass füllte die Kirche in Oberlunkhofen bis auf den letzten Platz. Nebst den Liedern des Chores vermochte auch die helle, klare Stimme von Tenor Rodrigo Carreto zu begeistern, der in Abwechslung mit dem mehrstimmigen Chor gesangliche Höhepunkte, gefolgt von Gänsehautmomenten, schuf. Instrumental wurde der Chor wie üblich von Pianist Jérémie Conus begleitet, der diesmal Verstärkung vom Ensemble um Alberto Garcia (Perkussion), Oliver Pellet (Gitarre) und Kontrabassist Roberto Koch erhielt. Vor allem die akustischen Stücke «Enero» und «Choro de St. Michel», die von Koch und Pellet geschrieben wurden, brachten südamerikanisches Flair in die Kellerämter Kirche.
Herausforderung gemeistert
Das Sommerkonzert des Kirchenchors Lunkhofen ist ein Traditionsanlass, der normalerweise im September stattfindet. Dass nun Anfang Juli die Bevölkerung eingeladen wurde, hat lediglich einen organisatorischen Grund. «Von der Zeit nach den Sommerferien bis in den September ist das Auffrischen der Lieder immer ein Stress», erzählt Präsidentin Lisebeth Huber. Deshalb habe man das Konzert vorverschoben. «Herausfordernd war es dennoch», lacht Huber, die seit vielen Jahren im Kirchenchor singt. Geprobt habe man von Ostern bis Juni, wobei die erste gemeinsame Probe mit der Band gut eine Woche vor dem Konzert war. «Bis dahin waren die Proben eher mühsam, weil die Gesänge des Chors sich ohne Musik steril anhörten», so Dirigent Scherer. Die anspruchsvollen Stücke haben die Sängerinnen und Sänger aber gut gemeistert. Denn von den eigentlichen, traditionellen Stücken, die der Kirchenchor während 12 Messen im Jahr in der Kirche singt, unterscheiden sich die südamerikanischen Klänge im Rhythmus massgeblich. «Einerseits ist es eine andere Sprache, in der gesungen wird. Andererseits ist die Musik weniger gradlinig, sondern hat viele Stellen, die im Offbeat beginnen.» Gemeistert hat der Chor diese Herausforderungen jedenfalls gut. Das fand auch das Publikum, das den Sängerinnen und Sängern mit stehenden Ovationen dankte und gleich zwei Zugaben forderte.