House-DJ im Kirchenhaus
22.09.2023 BremgartenDer Bremgarter DJ Simon Miles alias Jan Becker wird immer erfolgreicher
Seit ein paar Monaten kann der 21-jährige Musiker von seiner grossen Leidenschaft leben. Und kürzlich hat er auch einen neuen Profi-Arbeitsplatz eingeweiht – ein Musikstudio im Keller ...
Der Bremgarter DJ Simon Miles alias Jan Becker wird immer erfolgreicher
Seit ein paar Monaten kann der 21-jährige Musiker von seiner grossen Leidenschaft leben. Und kürzlich hat er auch einen neuen Profi-Arbeitsplatz eingeweiht – ein Musikstudio im Keller des evangelischen Kirchgemeindehauses.
Marco Huwyler
Plötzlich hatte Jan Becker Zeit. «Zu Beginn war das so ungewohnt», lächelt der 21-Jährige. Jahrelang hatte er seine Leidenschaft, die längst viel mehr als ein blosses Hobby war, irgendwie reingequetscht. In die Abende nach dem Arbeiten. Ins vollbepackte Wochenende. In seine Ferien. Doch ab Mai war auf einen Schlag alles anders. «Dann sitzt du an deinem Pult und denkst ‹wow›. Jetzt kann ich mich frisch und frei, solange ich mag, alledem widmen, was mir wichtig ist und so lange daran sitzen, bis es wirklich passt. Ein Traum, der in Erfüllung geht.»
Seit Mai dieses Jahres ist der Bremgarter Jan Becker, der es als «DJ Simon Miles» zu einer Grösse in der Szene geschafft hat, professioneller DJ. Über die letzten Jahre ist seine Bekanntheit sukzessive bis zu jenem Punkt gewachsen, als er sich sagen konnte, «moll, ich glaube, jetzt kann ich es packen. Jetzt kommt auch ohne Nebenverdienst genügend Geld herein, so, dass ich davon leben kann.»
Gemerkt hat es Becker es ungefähr im Februar dieses Jahres. «Ich stellte fest, dass ich plötzlich nicht mehr selber pushen musste. Die Anfragen kamen von alleine», lächelt er. Der DJ, der zuvor jahrelang auf unzähligen Plattformen hartnäckig Klinken geputzt hatte, sich vorstellte und verschiedenste Menschen versuchte, sie von seinen Ideen zu begeistern, war unverhofft derjenige geworden, den man man für Projekte anfragte und den man sich einzuladen bemühte. «Als ich realisierte, dass sich dieses Verhältnis um 180 Grad zu drehen begann, war das ein fantastisches Gefühl.» Mehr Auftritte, höhere Gagen, grössere Reichweite, mehr Referenzen. Das Rad begann sich zu drehen.
Ein Fallschirm von Utz
Bald war deshalb der Entschluss gefasst, dass er nach dem Ende des Zivildienstes, den Becker in der Reha-Klinik von Berikon absolvierte («eine ungemein bereichernde Erfahrung»), nicht mehr zur Georg Utz AG zurückkehren würde, wie eigentlich ursprünglich geplant. Seinem ehemaligen Arbeitgeber möchte er danken. «Man hat sich dort bis in die Chefetage gefreut für mich – und mir gar zugesichert, dass – wenn es aus irgendwelchen Gründen doch nicht klappen sollte mit der Profimusik – ich bei der Utz jederzeit eine offene Tür vorfinden würde.» Eine Art Fallschirm, den in der Hinterhand zu haben der Jung-DJ über alle Massen schätzt. «Dass man so bei einem Unternehmen auf einen Abgang eines Jungen reagiert, ist alles andere als selbstverständlich und sehr schön. Und es gibt mir auch zusätzlich Sicherheit in dem, was ich nun tue.»
Seinen eigenen Wert kennen
Das Jahr 2023 hat für Jan Becker einige Neuerungen gebracht. Denn der Schritt zum Profi bedingt auch eine entsprechende Professionalisierung in diversen Bereichen. DJ Simon Miles hat sich einen Manager an die Seite geholt. «Und ich merke bereits jetzt, wie viel mir dies bringt.» Der liebe Jan Becker, der kaum jemandem etwas abschlagen konnte, musste lernen, Nein zu sagen und sich nicht unter Wert zu verkaufen. «Ich kann heute nicht mehr bei jeder Geburtstagsparty als Kollegendienst auflegen», sagt er. «Und ich weiss nun auch viel besser, wie viel ich verlangen darf, bevor ich gleich zu allem begeistert Ja sage.»
Durchschnittlich einmal pro Wochenende legt DJ Simon Miles heute bei Events und Partys in der Schweiz und im Ausland auf. «Wobei es manchmal auch mehr ist – ich hatte auch schon zwei verschiedene Auftritte an einem Abend», lächelt er. Unter der Woche widmet sich Becker seiner kreativen Schaffenskraft – dem Bürokram. «Ich habe es mir so aufgeteilt, dass ich Montag und Freitag für das Organisatorische und die zahlreichen diversen Mailkorrespondenzen aufwende und vom Dienstag bis Donnerstag an meinen musikalischen Projekten arbeite.» 20 davon sind es zurzeit, die Becker mit unterschiedlichsten Künstlern aus aller Welt momentan gleichzeitig verfolgt.
«Das meiste davon dauert Monate bis Jahre – weil man immer auch wieder anstehen kann. Terminkollisionen, rechtliche Hürden, Künstler, denen etwas dazwischenkommt, eigene Schaffenskrisen – es gibt viele Gründe, weshalb es manchmal sehr lange geht, bis aus der Idee eine Single geworden ist.» Und nicht selten sei es auch sein eigener Perfektionismus, der Zeit auffresse, lächelt Becker.
Nicht mehr im Kinderzimmer
Da kommt es dem Jung-DJ gelegen, dass er seine Arbeit nicht mehr im Zimmer in seinem Elternhaus ausüben muss. Seit August hat er sein eigenes Musikstudio. «Das war überfällig. Denn wenn man immer im gleichen Zimmer ist, dann fällt einem irgendwann die Decke auf den Kopf», sagt Becker.
Früher der Töggeliraum
Unweit seines Elternhauses hat er im Keller des Kirchgemeindehauses einen Raum gefunden, den er mieten konnte und wo er so laut und lange er will an seinen Projekten arbeiten darf. «Es hilft schon, wenn um 20 Uhr nicht mehr der Papi anklopft und sagt, es sei jetzt auch mal gut, er wolle Fernseh schauen», lacht Becker. So war es für den Neo-Profi-Musiker auch ein wenig wie ausziehen, als er sein eigenes Studio beziehen und einrichten konnte. «Ich nutze es gerne auch mal privat für eine Mario-Kart-Session mit meinen Freunden oder so», erzählt Becker.
Dass er das grosszügige Zimmer, wo früher der Jugendraum der evangelischen Kirche einquartiert war, mieten konnte, verdankt er seinen Beziehungen als Mitglied der Kirchgemeinde. «Ich kannte den Raum bereits von Zeiten als Teenager, als ich hier mit Kollegen töggelte. Und weil ich wusste, dass er momentan nicht genutzt wird und für meine Bedürfnisse als DJ ideal wäre, habe ich einfach mal angeklopft – und stiess glücklicherweise auf viel Wohlwollen und Entgegenkommen», berichtet der 21-Jährige.
So produziert und komponiert der Profi-DJ Simon Miles nun vom Keller des Kirchgemeindehauses aus seine Singles, Musikvideos, Werbetrailer und Fotosessions. Und plant hier, mitten in Bremgarten, seine Gastspiele in aller Welt. «Aktuell sind dies Trips nach Deutschland, Frankreich und Holland – mittelfristig auch nach Asien und Südamerika, wo wir noch bekannter werden wollen», lächelt Becker.
Ein Bremgarter Junge, der als Simon Miles seinen Traum verwirklicht hat und trotzdem erst am Beginn einer vielversprechenden Karriere steht.