«Ich habe den König»
02.09.2025 Sport, SchwingenDas Kranz-Schicksal
Eidgenössisches Schwingfest: Stefan und Joel Strebel schreiben eine einzigartige Geschichte
Eine wunderbare Freiämter Story. Stefan Strebel aus Villmergen tritt als Schwingerboss ab. Praktisch seine letzte ...
Das Kranz-Schicksal
Eidgenössisches Schwingfest: Stefan und Joel Strebel schreiben eine einzigartige Geschichte
Eine wunderbare Freiämter Story. Stefan Strebel aus Villmergen tritt als Schwingerboss ab. Praktisch seine letzte Amtshandlung: Er übergibt Joel Strebel aus Aristau seinen dritten eidgenössischen Kranz. «Toll und absolut besonders», findet Stefan Strebel.
Stefan Sprenger
Mollis. 20.12 Uhr. Krönung der Eidgenossen. Als allerletzter Schwinger darf Joel Strebel auf die Bühne und den Kranz abholen. Der Aristauer landet mit 74.50 Punkten auf Rang 10d. Nach ihm gibt es keine Kränze mehr. Es ist ein wunderbarer Zufall, vielleicht auch Schicksal, dass ausgerechnet Stefan Strebel – sein früherer Jungschwingertrainer und Förderer – ihn auf der Bühne in Empfang nimmt, ihm gratuliert – und ihn zu den Ehrendamen schickt, wo der Aristauer zum dritten Mal den eidgenössischen Kranz erhält.
«Auf Lebzeiten»
Für Stefan Strebel ist jener Moment gleichzeitig seine letzte Amtshandlung als Technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbandes (ESV). Er bleibt zwar noch bis zur Abgeordnetenversammlung des ESV Mitte März der Schwingerboss, allerdings geschieht bis dahin kaum mehr Nennenswertes.
Ein weiteres Indiz spricht dafür, dass diese Szene wohl kein Zufall ist, sondern eine wunderbare Schicksalsfügung. Bislang ist Stefan Strebel der einzige Schwinger des SK Freiamt, der drei eidgenössische Kränze gewonnen hat (1998 in Bern, 2001 in Nyon und 2004 in Luzern). Seit letztem Sonntag ist nun auch Joel Strebel dreifacher Eidgenosse (2019 in Zug, 2022 in Pratteln und 2025 in Mollis). «Das ist toll. Absolut besonders. Joel ist jetzt dreifacher eidgenössischer Kranzschwinger auf Lebzeiten. Was gibt es Schöneres?», sagt Stefan Strebel. Um diese sportliche Glanzleistung zu schaffen, benötigte der Aristauer viel Nerven. Teilweise ist es ein richtiges Geknorze.
Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest schreibt aus Freiämter Sicht noch weitere schöne Geschichten.
Eidgenössisches: Wie Stefan Strebel seinen letzten Auftritt auf der grossen Schwingerbühne erlebt hat
«Absolut glücklich» ist der Villmerger Stefan Strebel am Sonntagabend. Ein spannendes Fest, einen würdigen König – «und nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt», sagt Strebel und erwähnt, dass es im Einteilungsgremium auch ziemlich hitzig zu- und herging.
Stefan Sprenger
Es wurde laut. Sehr laut. Die Einteilungsrichter der Teilverbände haben teilweise heftig diskutiert. «Das gehört dazu», meint Stefan Strebel, der als technischer Leiter des ESV im fünfköpfigen Einteilungsgremium sitzt. «Der Druck war gross. Die Entscheidungen teilweise knifflig und schwierig. Aber ich glaube, es war ein spannendes Fest bis zum Ende», so der Villmerger.
«Absolut glücklich»
Kurz vor der Rangverkündigung sitzt er zufrieden da, geniesst nochmals die Stimmung am Eidgenössischen. Es sind die letzten Minuten an seinem letzten grossen Schwingtanz. Denn Mitte März wird er offiziell abtreten als technischer Leiter des ESV. Auf eine Kampfwahl zum ESV-Obmann hat er – gewollt und bewusst – verzichtet. Seine Funktionärslaufbahn endet an jenem Sonntagabend. «Ich bin absolut glücklich. Ich habe den König», so Strebel. Nach 7 Gängen haben drei Schwinger dieselbe Punktzahl. Es sind alles Nordostschweizer (Orlik, Giger und Schlegel). Samuel Giger tritt gegen Werner Schlegel zum Schlussgang an. «Zwei offensive Schwinger», sagt Strebel und hat damit gerechnet, dass es «einen Sieger gibt». Doch nach 16 Minuten Kampfdauer endet der Gang gestellt. Armon Orlik erbt den Sieg – weil er im achten Gang Pirmin Reichmuth bodigt. Er wird von der Einteilung zum König ernannt. «Er hat am meisten Punkte, deswegen ist für uns klar, dass Orlik der König werden muss», begründet Schwingerboss Stefan Strebel gegenüber SRF. Es ist eine Premiere, denn noch nie wurde jemand König, der nicht im Schlussgang stand. «Wir konnten es regeln, dass es auch bei einem Gestellten im Schlussgang einen Sieger gibt. Einen würdigen König», wie Strebel betont.
An seinem letzten Eidgenössischen als Schwingerboss wollte er natürlich, dass alles klappt und es am Ende auch einen König gibt. Das ist ihm gelungen. «Über die Kampfrichterleistungen kann man diskutieren. Das ging an mir vorbei, ich war zwei Tage lang mit der Einteilung beschäftigt», sagt Strebel und spricht von einem «sehr gelungenen Fest». Die Diskussionen, die entstehen, «gehören zum Sport».
Sein letzter Tanz als Schwingerboss ist vorbei. «Ein schöner Abschluss. Keine Wehmut. Nun bin ich froh, ist es vorbei. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt.» Quasi seine letzte Amtshandlung: Er gratuliert dem Freiämter Joel Strebel zu seinem dritten eidgenössischen Kranz. Der Villmerger Stefan Strebel war einst der Jungschwinger-Trainer des Aristauers Joel Strebel. Nun ist Joel dreifacher Eidgenosse – genau wie Stefan. Ein grosser Kreis schliesst sich. «Die Ära geht weiter. Super, dass es Joel gepackt hat. Das ist wichtig für das Freiamt und den Schwingklub Freiamt.»
Eine halbe Million am ESAF
Es war ein Fest der Superlative. Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Mollis im Glarnerland. Die Arena mit 56 500 Plätzen war natürlich restlos ausverkauft. Dazu kam rund eine halbe Million Menschen von Freitag bis Sonntag auf das Festgelände. «Die kühnsten Erwartungen wurden übertroffen», schreibt das OK in einer Mitteilung und erwähnt das Verkehrskonzept und das gute Wetter als Erfolgsfaktoren. Die 500 Extrazüge mit 170 000 Sitzplätzen waren teilweise sogar überfüllt. Die Stimmung war friedlich. Doch man darf sich die Frage stellen, ob dieser Gigantismus im Schwingsport so weitergehen kann. Der Villmerger Stefan Strebel, technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingverbandes, sagt: «Das ESAF in Mollis war wunderschön. Es soll in dieser Grösse bleiben und nicht weiter wachsen. Es ist genau richtig so.» Ob es auch finanziell aufgeht, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. --spr
«Kaputt, aber glücklich»
Von Überraschung bis Erfahrung: Die Freiämter am Eidgenössischen in Mollis
Die Joho-Brüder Pascal und Philip dürfen beide acht Gänge ran. Jonas Wüthrich sammelt wichtige Erfahrungen. Und Leonz Küng – Betreuer der Freiämter – meint: «Hier wird alles eiskalt aufgedeckt.»
Zwei Niederlagen. Zwei Gestellte. Für den 22-jährigen Jonas Wüthrich aus Waltenschwil ist das Eidgenössische nach vier Gängen zu Ende. «Die Aufregung war enorm. Beim Einmarsch am Samstagmorgen ging der Puls hoch. Eine wunderbare Erfahrung. Die Leistung war okay. Beim nächsten Eidgenössischen will ich mehr», sagt Wüthrich, der als Ersatz für einen verletzten Schwinger nachgerückt ist. Für ihn war das ESAF in Mollis eine bereichernde Erfahrung auf seinem weiteren Schwingerweg.
Pascal Joho haut sich zweimal die Schulter raus
Die Joho-Brüder aus Sarmenstorf waren schon 2022 in Pratteln dabei. Pascal durfte damals vier Gänge machen, Philip sechs. Jetzt dürfen beide über acht Gänge ran. Eine starke Leistung.
Und sogar ein bisschen überraschend. Die Brüder – die von vielen Freunden und Familienmitgliedern auf der Tribüne unterstützt wurden – sind happy. «Es hat mega Spass gemacht. Aber es war auch sehr anstrengend. Kurz: Wir sind kaputt, aber glücklich», sagt Philip Joho, der von den ersten fünf Gängen zwei gewinnt und dreimal stellt. Die letzten drei Kämpfe verliert er. «Die Luft wird dann am Ende dünner, wenn nur noch die besten Schwinger hier sind. Und die Luft bei mir war ein bisschen draussen», sagt der 23-Jährige, der mit 71.50 Punkten auf Rang 22b landet. Sein Bruder Pascal (72.75 Punkte, Rang 17p) holt zwei Siege, fünf Gestellte und liegt nur einmal auf dem Rücken: gegen den Eidgenossen Romain Collaud im 3. Gang. «Acht Gänge. Nur einmal verloren. Das ist doch prima», sagt der 21-Jährige, der sich im Verlauf des Fests gleich zweimal die Schulter auskugelt – und jetzt wohl auch eine Pause vom Schwingen braucht. Die Joho-Brüder sind nun auch angestachelt für mehr. «Das ESAF gibt Motivation für zukünftige Ziele. Auch der Spirit unter den Nordwestschweizern war toll. Es waren sehr eindrückliche Tage.»
Der Freiämter Schwinger-Betreuer Leonz Küng meint: «Hier am ESAF wird alles aufgedeckt. Die Johos machten einen super Job. Joel Strebel konnte nicht ganz verstecken, dass ihm aufgrund der Verletzung ein Schwingerjahr fehlt. Es war ein Murks.» Aber am Ende ein Murks mit dem Kranzgewinn. Marco Küng, Präsident des SK Freiamt, meint: «Joel Strebel holt den Kranz. Die Joho-Brüder acht Gänge. Jonas Wüthrich macht eine wertvolle Erfahrung. Das ist alles super.»
Und das muss gefeiert werden. Am kommenden Freitag, 5. September, wird Eidgenosse Joel Strebel in Aristau eine Feier erhalten. --spr
Mit Krimi zum historischen Kranz
Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest (ESAF): Joel Strebel aus Aristau erkämpft sich seinen dritten eidgenössischen Kranz
Er glänzt regelrecht im Gesicht. Und kann es noch gar nicht richtig fassen. «Ich brauche wohl noch ein paar Tage, um es zu realisieren», sagt Joel Strebel. Der sanfte Riese aus Aristau muss für seinen dritten eidgenössischen Kranz heftig ackern.
Stefan Sprenger
Joel Strebel im Kreis seiner Familie. Er ist happy – und alle strahlen. Mutter Christine, Freundin Aline, Schwester Lisa – sie alle sind gigantisch stolz auf ihren Joel – jetzt dreifacher Eidgenosse. Es gesellt sich noch ein weiterer Schwinger auf das Familienbild in der Glarnerland-Arena. Es ist Christian Lanter. Der Winterthurer ist der Freund von Schwester Lisa – und durfte am ESAF acht Gänge schwingen.
Und Papa Kurt Strebel platzt vor Stolz. Selbst war er einst Aktivschwinger des SK Freiamt, holte über 20 Kränze. Und jetzt ist sein Sohn dreifacher Eidgenosse. «Ich mag es ihm enorm gönnen. Er hat so viel durchgemacht und für diesen Erfolg gekämpft. Es hat sich ausgezahlt», sagt Kurt Strebel und fügt an: «Joel wäre auch mein König, wenn er den Kranz nicht gemacht hätte.»
«Nichts für schwache Nerven»
Für sein drittes Eichenlaub an einem Eidgenössischen muss Joel Strebel ordentlich schuften, schwitzen und zittern. Im Sägemehl, auf mentaler Ebene – und am Ende braucht es viel Geduld. «Das war nichts für schwache Nerven», fasst Kurt Strebel die zwei Tage seines Sohnes kurz zusammen.
Joel Strebel stellt den 8. Gang gegen den Teilverbandskranzer Andrin Poltera. Er kommt auf 74.50 Punkte. Ob das für den Kranzgewinn reicht, ist ungewiss. «Ich habe mich innerlich ein Stück weit damit abgefunden, dass es nicht reichen wird», sagt Joel Strebel. Es gibt keine Jubelschreie, keine Welle mit den Fans. Sondern er muss warten – und zittern.
Mit Tränen in den Augen
Bei Strebel scheinen diese Krimis an den Eidgenössischen Festen vorprogrammiert. Beim ESAF 2019 in Zug verliert er den 8. Gang (gegen Roger Rychen) und muss sich lange gedulden, bis er die Gewissheit hat, dass Rang 11c (74.75 Punkte) für den Kranz reicht. In Pratteln 2022 ist es ähnlich. Er verliert den 8. Gang gegen Werner Schlegel. Er verzieht sich, ohne gross zu jubeln. Rang 8j (75.00 Punkte) reicht. Wieder muss er sich gedulden. Und so ist es auch 2025. Im 8. und letzten Gang ist es ein Abnützungskampf. Gegner Andrin Poltera würde mit einem Sieg gegen Strebel noch in die Kranzränge kommen. Und Strebel weiss, dass er eigentlich einen Sieg braucht, um das Eichenlaub auf sicher zu haben. «Es kam in diesem Gang viel zusammen. Eine riesige Anspannung. Dazu machte mein Arm zu, es waren zwei kräftezehrende Tage», sagt Strebel. Wie Gegner Poltera ist auch Strebel körperlich am absoluten Limit. Nach dem Gestellten muss er warten.
Der König ist zu stark
Die frohe Botschaft verkündet Guido Thürig, Technischer Leiter des NWS-Verbandes, der mit Tränen in den Augen zu Strebel ins Verbandszelt eilt und sagt: «Es reicht.» Strebels Kranz ist der letzte von total acht Kränzen der Nordwestschweizer. Der Rekord von Pratteln (7) wurde übertroffen.
Joel Strebel sagt vor der Rangverkündigung in Mollis, dass diese beiden Tage «sehr viel Energie gekostet haben». Das ESAF 2025 sei für ihn «ein krasses Auf und Ab» gewesen. Er startet sackstark. Eidgenosse Lario Kramer und Teilverbandskranzer Luca Müller bettet er mit der Maximalnote ins Sägemehl. «Da lief es bestens», sagt Strebel, der nach zwei Gängen an der Ranglistenspitze steht. Es geht im 3. Gang gegen Joel Wicki, den Schwingerkönig von 2022. Strebel verliert. Verkraftbar. Der 4. Gang läuft dann aber alles andere als nach Plan. Fritz Ramseier, die Überraschung des Eidgenössischen, bezwingt als Nichteidgenosse am Samstag gleich drei «Böse»: Sven Schurtenberger, Damian Ott und schliesslich Joel Strebel. «Ich wollte es mit der Brechstange lösen und wurde ausgekontert», sagt der Freiämter. «Ramseier hatte den Lauf seines Lebens.» Und Strebel geht mit dieser Niederlage in den Feierabend am Samstag. Natürlich geschieht viel im Kopf. Der Druck ist gross.
Doch Strebel scheint sich über Nacht gut erholt zu haben. Am Sonntag bezwingt er im 5. Gang den Kranzer Dominic Annen mit der Maximalnote. Der Gestellte gegen Eidgenosse Dominik Gasser im 6. Gang kostet viel Kraft. Im 7. Gang erzwingt er sich gegen Teilverbandskranzer Reto Fankhauser die Höchstnote. Und nach dem Gestellten gegen Poltera wird gezittert.
Auch wenn es ein Murks war, spielt es keine grosse Rolle. Denn: Ende gut. Alles gut. Der dritte Kranz ist da. «Dieser Kranz war ein grosses Ziel. Jetzt habe ich es geschafft. Ich checke es noch gar nicht richtig», meint er. Was besonders eindrücklich ist: Joel Strebel wurde am 28. Juni 2024 am Knie operiert und ging vor einem Jahr noch an Stöcken. Jetzt holt er den historischen dritten Kranz. «Ich habe drei Jahre dafür geschuftet. Es war kein einfacher Weg. Dieser Erfolg ist hart erkämpft. Ich will jetzt feiern gehen», sagt Strebel und macht sich auf Richtung ESAF-Festgelände.
Wichtiger Döbeli-Support
Lukas Döbeli konnte beim Eidgenössischen aufgrund einer Verletzung am Knie nicht dabei sein. Der Sarmenstorfer kam trotzdem – um die Nordwestschweizer – im speziellen die Freiämter Schwinger – zu unterstützen. Ein Teamplayer. Joel Strebel war froh um die Unterstützung seines Schwingkumpels: «Es ist enorm cool, dass er da ist. Ich weiss nicht, ob ich das auch geschafft hätte.» Lukas Döbeli ist beispielsweise kurz vor der Rankverkündigung zur Stelle und sorgt dafür, dass Strebel verpflegt ist. Er selbst sagt: «Beim Einmarsch in die Arena am Samstagmorgen hat es mich innerlich fast zerrissen, dass ich nicht dabei sein kann.» Döbeli erhielt 2022 – als er Eidgenosse wurde – denselben Support seines verletzten Bruders Andreas, der als Betreuer vor Ort war. Lukas Döbeli sagt zum ESAF 2025: «Es freut mich sehr für die Joho-Brüder, dass sie beide acht Gänge absolvieren durften. Joel erwischte keinen Toptag – und holte dennoch seinen dritten Kranz. Stark.» --spr