Traditionelle Andacht der Aargauer Gastrofamilie
Eine «religiöse Kochstunde mit Ihnen» war angesagt. Wenn die reformierte Wirtepfarrerin Corinne Dobler aus Bremgarten und das katholische Pendant und Zirkuspfarrer Adrian Bolzern an den Altar der ...
Traditionelle Andacht der Aargauer Gastrofamilie
Eine «religiöse Kochstunde mit Ihnen» war angesagt. Wenn die reformierte Wirtepfarrerin Corinne Dobler aus Bremgarten und das katholische Pendant und Zirkuspfarrer Adrian Bolzern an den Altar der Klosterkirche treten, dann freut man sich auf ein Erlebnis. Sie verbinden die Aussagen der Bibel mit der aktuellen Erlebniswelt.
Auf den vorderen Kirchenbänken machten Plastik-Essensboxen aufmerksam. Sie liessen versprochene geistige und körperliche Labung erhoffen. Corinne Dobler und Adrian Bolzern pflegen immer ein tiefgründiges Zwiegespräch. Corinne Dobler: «Ich muss zuerst etwas essen, bevor ich predigen kann, ich habe Hunger.» Und dann gehts los: Die Zutaten werden von den Besuchern an den Altar – hier ist es ein veritabler Kochherd – gebracht. Zwiebeln, Rüebli, Kohlrabi. «Lauch hast du vergessen.» Und schon riecht es würzig im Kirchenraum.
Licht aus der Taschenlampe
Doch jetzt fehlt Salz. Und sie fangen an zu sinnieren. «Wenn die Welt eine Suppe wäre, dann wären wir doch die Würze.» «Salz in einer Wunde tut weh, aber desinfiziert. Zuerst muss etwas wehtun, damit es heilen kann – wie im Leben.» Meersalz gab es schon zur Zeit des Jesus, aber das war eher fad, weil sie es wässerten. In der Bergpredigt sagt Jesus sinngemäss: «Gib der Welt, was sie braucht, dann bist du ihr ein Salzkorn.» Sie fügen an: «Und wenn du Hoffnung, Liebe und Frieden in der Welt sein willst, kannst du zum Salz auch noch etwas Liebe dazutun, Blumen in Kräuterform in die Suppe geben – und der Friede kommt automatisch über uns, wenn wir die Suppe gemeinsam essen.» Die Lesung schöpfte aus dem Matthäus-Evangelium. Eindrücklich waren die Fürbitten. «Dass wir Licht seien für unsere Mitmenschen.» Adrian Bolzern leuchtete mit einer Taschenlampe. «Lasst uns das Salz der Erde sein und dass es allen Nutzen bringe.» «Gott, lass uns den Humor nie verlieren. Denn Humor ist die Musik der Seele. Gott hat ja offensichtlich Humor, denn er hat den Menschen erschaffen.»
Die Aargauer Gastrofamilie geniesst diesen traditionellen Anlass am Dienstag vor Ostern seit vielen Jahren und ehrt ihn mit ausgezeichneter Teilnahme. Auch diesmal kam sie auf ihre Kosten und ins Schmunzeln. Die beiden Suppenköche sagten: «Es wäre komisch vor Gastwirten, wir liessen es bei biblisch trockenen Worten bewenden. Ihr seid die geeigneteren Seelsorger als wir. Was ihr in euren Betrieben leistet, ist oft besser, als was wir in unseren Beichtstühlen zustande bringen.»
Sich gegenseitig Gutes tun
Es gab ein freundliches Brotbrechen – rechtsherum war da je ein Gläschen Rotwein, linksherum Traubensaft. Und der händisch freundliche Friedensgruss untereinander. Beim Auszug gab es nach der sinnigen Andacht ein Gläschen Salz als Geschenk. Denn ohne Salz wäre die Welt langweilig. Der Wirtechor Bremgarten hat den Anlass umrahmt. Sein neuer Dirigent, Jonas Herzog – Chorleiter, Orgelexperte mit Konzerttourneen in ganz Europa –, sass am Orgelpult und spielte Beethoven-Variationen frisch freihändig. Gastro Aargau bat danach zu einem Apéro riche ins Pflegi-Restaurant. --red