Keine falsche Sicherheit
04.07.2025 Buttwil, Region OberfreiamtReferendum in Buttwil
Nach Boswil und Bettwil nun also auch Buttwil. Nach dem Ja an der «Gmeind» zur flächendeckenden Einführung von Tempo 30 wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Nicole und Ernest Heggli haben die entsprechenden Unterschriften ...
Referendum in Buttwil
Nach Boswil und Bettwil nun also auch Buttwil. Nach dem Ja an der «Gmeind» zur flächendeckenden Einführung von Tempo 30 wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Nicole und Ernest Heggli haben die entsprechenden Unterschriften gesammelt. --ake
Flächendeckend Tempo 30 auf Gemeindestrassen – auch in Buttwil kam das Referendum zustande
Der Entscheid an der «Gmeind» fiel klar: 45 Ja- gegenüber 19 Nein-Stimmen. «Das ganze Dorf soll abstimmen darüber», finden Nicole und Ernest Heggli. Innerhalb von acht Tagen hatten sie die nötigen Unterschriften für ein Referendum beisammen. Am 28. September entscheidet das Stimmvolk nun an der Urne.
Annemarie Keusch
Es ist ein brisantes Thema. Wenn es um Tempo 30 geht, gehen nicht selten die Emotionen hoch. An der «Gmeind» in Buttwil wurde auch diskutiert. Es sei doch viel sinnvoller, einfach um die neuralgischen Punkte bei der Schule, beim Kindergarten und der Chäsi Tempo 30 einzuführen anstatt flächendeckend. Das war eines der Argumente, das Nicole Heggli-Boder vorbrachte. Die grosse Mehrheit aber entschied sich für den Antrag des Gemeinderates, das Tempo auf allen Gemeindestrassen auf 30 km/h zu reduzieren. Aber vom Tisch ist das Thema damit nicht. Heggli-Boder und ihr Mann Ernest Heggli sammelten Unterschriften. Von den 206 eingereichten sind deren 201 gültig. Die nötigen 178 Unterschriften für ein Referendum sind damit erreicht.
Heggli-Boder betont, dass Tempo 30 für sie kein überaus emotionales Thema ist. Aber sie kann verstehen, wenn andere darin den nächsten Schritt zu dereinst autofreien Dörfern befürchten. «Beispiele in städtischen Quartieren haben diesen Weg bereits aufgezeigt. Die Leute haben Angst und reagieren emotional – zum Teil zu Recht.»
Verkehrsberuhigungen müssten weichen
Sie will aber mit Argumenten überzeugen. Etwa mit der Tatsache, dass auf ganz vielen Gemeindestrassen gar nicht schneller gefahren werden kann. «Entsprechend ist Tempo 30 nicht nötig», findet sie. Komme hinzu, dass man die wenigen Strassen-Rowdies auch mit dieser Massnahme nicht abschrecke. «Und wer meint, dass die Tempobeschränkung dauernd kontrolliert würde, liegt falsch.» Heggli stört sich daran, dass Fussgängerstreifen und Verkehrsberuhigungen – etwa an der Geltwilerstrasse – entfernt werden müssten. «Diese machen unser Dorf jetzt sicher. Ich bin überzeugt, dass flächendeckend Tempo 30 gefährlicher wäre.» Die Leute würden sich in falscher Sicherheit wiegen.
Und sie nennt auch den Aspekt von Rettungseinsätzen. «Natürlich, es ginge um Sekunden, aber diese können entscheidend sein.»
Antrag nicht gestellt
Aber die SVP-Grossrätin betont auch, dass sie nicht generell gegen Tempo 30 sei. «Wo es Sinn macht, unterstütze ich das.» In Buttwil etwa im Bereich des Schulhauses und der Chäsi. Dies brachte sie auch an der «Gmeind» vor, einen entsprechenden Antrag stellte sie aber nicht. «Anhand der anderen Voten spürte ich, dass dieser keine Chance gehabt hätte.»
77 Stimmberechtigte nahmen Mitte Mai an der «Gmeind» teil. «Mehr als sonst», sagt Nicole Heggli. Einerseits sei das erfreulich, «weil ich die Gemeindeversammlung als Instrument sehr schätze und es schade finde, dass nur wenige Leute daran teilnehmen». Andererseits sei es mit den normalerweise nur wenigen Teilnehmenden einfacher, mit Mobilisierung Entscheide zu beeinflussen. «Natürlich, das hätten wir als Gegner von flächendeckend Tempo 30 auch machen können», gesteht die Politikerin. Sie betont: «45 Leute, die Ja sagen zu diesem Antrag. Das ist nicht repräsentativ.»
«Gmeind» nicht mehr zeitgemäss
Entsprechend entschieden sie und ihr Mann sich dazu, Unterschriften zu sammeln und das Referendum zu ergreifen. «Das passierte schon in Boswil und Bettwil, ist in Muri angekündigt. Wir finden, dass auch in Buttwil die gesamte Bevölkerung abstimmen soll.» Gerade auch die Tatsache, dass in Boswil und Bettwil die an der «Gmeind» gefällten Entscheide umgestossen wurden, sei für sie ein deutliches Zeichen dafür, dass solche Entscheide an den Versammlungen eben nicht repräsentativ seien. Heggli geht gar noch einen Schritt weiter. «Mir ist bewusst, dass fast alle Stimmberechtigten es sich einrichten könnten, an einer Gemeindeversammlung dabei zu sein. Aber es entspricht nun mal dem Zeitgeist, dass das nicht viele tun. Vielleicht ist dieses Gefäss nicht mehr zeitgemäss», sagt Heggli. Sie bedaure dies, weil diese Anlässe am Ursprung der Demokratie stehen.
Dass vermehrt Referenden ergriffen werden, schwächt die Gemeindeversammlungen noch mehr. Das sagt auch Nicole Heggli. «Aber es ist genauso ein demokratisches Instrument.» Dies hätten sie und ihr Mann bei der Unterschriftensammlung hie und da erklären müssen. «Manchmal fehlt es einfach an politischem Interesse», konstatiert sie. Nur acht Tage brauchten sie, um die nötigen Unterschriften zu sammeln. Dafür ging vor allem ihr Mann von Haus zu Haus. Unterschrieben hätten die Leute aus unterschiedlichster Motivation. «Die einen sind kategorisch gegen Tempo 30, andere stimmten Ja, wollen aber, dass die gesamte Bevölkerung mitentscheiden kann, und einige trauten sich nicht, an der ‹Gmeind› Nein zu sagen, und unterschrieben nun das Referendum.» Vor allem Letzteres erschrecke sie. «Das darf nicht sein, dass Stimmbürger Sanktionen befürchten, wenn sie nicht die Meinung des Gemeinderates vertreten.» Gibt es solche Sanktionen auch wirklich? «Ich persönlich habe nichts dergleichen erlebt.»
Soll sowieso vors Volk
Nicole Heggli betont auch, dass sie dem Gemeinderat keine Vorwürfe mache. «Das Vorgehen war sehr gut.» Zuerst die Umfrage, aufgrund der Rückmeldungen die Traktandierung. Der Gemeinderat habe mit der flächendeckenden Einführung von Tempo 30 nur auf das reagiert, was einige Buttwilerinnen und Buttwiler forderten. «Ob es die Mehrheit ist? Das werden wir am 28. September sehen.» Gut findet die SVP-Grossrätin auch, dass der Gemeinderat Tempo 30 nicht Quartier für Quartier einführen will. «Es ist eine Gesetzeslücke, dass dies nach wie vor möglich ist. Gut ist eine entsprechende Motion nun überwiesen, damit sich hoffentlich etwas ändert.» Tempo 30 soll generell vors Volk kommen. Die Motion stammt aus den Reihen der FDP, unterstützt auch von Nicole Heggli. In Buttwil wird nun auch an der Urne darüber entschieden.