Kämpfen gegen das «FCZ»-Übel
13.05.2025 BremgartenSchmierereien und Kleber des Fussballclubs werden immer mehr zur Plage – jüngst ereignete sich ein Vorfall beim Stierli-Haus
Es ist ein Problem, das Bremgarten nicht exklusiv hat. Doch hier grassiert der Vandalismus im Namen des Zürcher Fussballclubs ...
Schmierereien und Kleber des Fussballclubs werden immer mehr zur Plage – jüngst ereignete sich ein Vorfall beim Stierli-Haus
Es ist ein Problem, das Bremgarten nicht exklusiv hat. Doch hier grassiert der Vandalismus im Namen des Zürcher Fussballclubs offenbar noch hemmungsloser als anderswo in der Region. Die Verantwortlichen scheinen machtlos zu sein. Es bleibt nicht viel als der Kampf gegen Windmühlen. Und doch will man sich nun wehren.
Marco Huwyler
Der Fussball hat zuweilen ein Problem mit seinen Fans. Alle Vereine mit einer gewissen Fanbasis sind davon betroffen, dass ihre Anhängerschaft – vornehmlich junge Männer – sich nicht immer tadellos benimmt und für Negativschlagzeilen sorgt. Und doch sticht in den letzten Jahren bezüglich Ausmass und Quantität solcher Vorfälle ein Verein mehr und mehr negativ heraus: der FC Zürich. Gewalt und Vandalismus sind scheinbar die Regel geworden rund um den Verein und dessen «Südkurve». Während Ersteres vornehmlich andere Fussballfans betrifft – und damit nur einen kleinen Teil der Bevölkerung –, ist der Vandalismus für alle sichtbar und allgegenwärtig. Und zwar nicht nur in Zürich, sondern weit über die Kantonsgrenzen hinweg.
Stierli-Haus wie Lindenhof
Vor gut einem Monat war der Stadtzürcher Lindenhof gross in den Schlagzeilen. Die historische Mauer des geschichtsträchtigen Orts unweit des Limmatufers wurde mit einem meterhohen FCZ-Schriftzug überzogen. Bestürzung und Empörung waren gross. Was weniger bekannt ist – am selben Wochenende wurde auch in Bremgarten Historisches im Namen des Fussballclubs aus dem Nachbarkanton massiv verunstaltet.
Das Stierli-Haus in der Altstadt stand kurz vor der Fertigstellung nach einem umfangreichen Umbau. Doch als Projektleiterin Beatrix Oswald am Sonntagabend an ihrem Werk vorbeispazierte und kurz einen Augenschein nehmen wollte, traute sie ihren Augen kaum. Die frisch verputzte und eben gerade gestrichene Fassade war grossflächig übersprayt worden. Der Schriftzug FCZ (und das polizeiverabscheuende ACAB) war überall rund um das Gebäude angebracht. Auf dessen Mauern, aber auch auf den Fenstern und Fensterläden. Die Täter waren auf das Gerüst geklettert und müssen auf mindestens zwei Ebenen von dort aus gewütet haben.
Die Bremgarter Architektin war schockiert. «Es macht einen wütend und traurig, so was zu sehen, an einem Projekt, an dem ganz viele mit Herzblut beteiligt waren», sagt sie. Es sei auch das Ausmass an Respektlosigkeit gegenüber der Schönheit der Altstadt, das sie schockierte, berichtet Oswald. «Schliesslich handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude, das eben mit viel Sorgfalt renoviert und restauriert wurde.» Die Wurzeln des Stierli-Hauses liegen im Jahr 1570, der Kauf und Umbau durch die Ortsbürger kostete rund sechs Millionen Franken.
10 000 Franken Schaden
Infolge des Vandalismus-Vorfalls haben die Verantwortlichen schnell reagiert. Da unmittelbar zuvor selbige Arbeiten bereits ausgeführt wurden, war vieles vom Benötigten zum Glück noch vor Ort. Das sparte Zeit und Geld. Nach ein, zwei Wochen waren die grossflächigen FCZ-Sprayereien allesamt wieder getilgt. Gerüst und Sicherheitsnetze verhüllten in jener Zeit den Vandalenakt einigermassen, sodass das Gros der Bevölkerung vom Vorfall keine Kenntnis nahm. Doch hinter den Stofffetzen war einiges an Aufwand vonnöten, um den Schaden zu beheben. Die Fassade musste nochmals neu behandelt und anschliessend erneut komplett gestrichen werden. Genauso wie Fensterrahmen und Fensterläden, für die man nach der Reinigung die für die Restaurierung benötigte Spezialfarbe nochmals bestellen musste. Der Vandalismus in der Marktgasse 33 kostet den Bauherrn – also die Stadt – letztlich rund zehntausend Franken.
Nach Spieltagen folgt Werkhof-Mehraufwand
Der Vandalismus beim Stierli-Haus mag der gravierendste in den letzten Monaten gewesen sein – alleine steht er aber mitnichten da. Ob an Schulen, öffentlichen WCs, Unterführungen, Stromkästen, Strassenlampen, Verkehrsschildern oder im ÖV. Die FCZ-Kleber und -Sprayereien sind mittlerweile allgegenwärtig im Städtli. «Wir haben zwar nicht ausschliesslich mit dem FCZ Probleme – auch GC- oder FC-Aarau-Schriftzüge kommen immer mal wieder vor –, doch diejenigen des FCZ sind schon mit Abstand die häufigsten», bestätigt Oliver Burgunder, Leiter des städtischen Werkhofs. Nach den Spieltagen der Zürcher am Wochenende wisse man genau: «Es gibt wieder eine ganze Menge neuer Kleber und Tags.»
Ein Mitarbeiter sei dann zum Wochenstart vorerst mal ein paar Stunden exklusiv damit beschäftigt. «Denn es ist wichtig, dass man die Kleber möglichst schnell entfernt – je länger sie dranbleiben, desto schwerer bekommt man sie wieder weg», sagt der Werkhofleiter. In unregelmässigen Abständen treffen er und sein Team auch immer wieder auf grossflächigere Vandalenakte, die sich nicht so mir nichts, dir nichts entfernen lassen. So etwa immer wieder in den Unterführungen zum «Sunnemärt» und «Schwanen» – oder am Reussweg von der Holzbrücke bis zum «Bijou». Dort sind dann grössere Arbeiten nötig, die auch ins Geld gehen. Beziffern kann Burgunder allerdings weder den totalen Zeitaufwand noch den totalen Schaden durch FCZ-Fans genau. «Wir haben solches bei uns nicht separat erfasst», sagt er.
Gefährlicher Vorfall
Nicht immer verlaufen die FCZ-Vandalenakte in Bremgarten überdies harmlos und ungefährlich. Dies zeigt ein Fall von Anfang Jahr, als ein junger Mann einen angebrachten FCZ-Kleber von einem Laternenpfahl entfernen wollte. Damit tappte er in eine böswillige Falle. Denn unter dem Kleber war eine Rasierklinge angebracht. Der junge Mann landete im Spital. Auch der städtische Werkhof wurde anschliessend sensibilisiert auf derlei. «Wir haben den Fall in unserem Team angesprochen und gehen seither vorsichtiger zu Werke», sagt Burgunder. «Ich rate meinen Mitarbeitenden, zuerst einen Schaber zu benutzen, bis man hinter den Kleber schauen kann.» Rasierklingen-Fälle hätten sich aber glücklicherweise seither keine mehr wiederholt.
Die Stadt wurde beim FCZ vorstellig
Was den jüngsten Vandalismus beim Stierli-Haus betrifft: Die Stadt als Eigentümerin und Bauherrin hat umgehend Anzeige gegen unbekannt eingereicht. «Wir waren im Stadtrat auch schockiert. Es hat mit diesen FCZ-Vorfällen mittlerweile ein Ausmass angenommen, das bedenklich ist», sagt die zuständige Stadträtin Doris Stöckli. Den Tätern sei scheinbar nichts mehr heilig. «Ich habe das Gefühl, dass die Vandalenakte dieser Fans immer prominenter werden und Hemmschwellen kaum mehr vorhanden sind.» Stöckli gibt den grossen Aufwand und das Risiko zu bedenken, das die Täter auf sich nahmen, indem sie – mutmasslich in der Nacht – das Baugerüst hochkletterten und dort einige Zeit verweilten. «Das sind nicht mehr einfach Lausbubenstreiche», findet die Stadträtin.
Die Stadt Bremgarten kam deshalb auch schnell überein, dass man den Vorfall nicht nur bei der Polizei, sondern auch beim FC Zürich meldet. «Ich finde es wichtig, dass man dort zumindest davon weiss, was seine Anhänger überall anrichten», sagt Stöckli. Der Stadtrat erhoffe sich wenigstens eine Antwort vom Verein um Präsident Ancillo Canepa. «Das wäre das Mindeste», findet Bremgartens Frau Vizeammann. Sie hofft, dass solche Fälle konsequent angezeigt, thematisiert und dem FCZ gemeldet werden. Irgendwann werde der öffentliche Druck so vielleicht genügend gross, dass Verein und Fanorganisationen beginnen, sich zu hinterfragen und dem kriminellen Gebaren aktiv entgegenzuwirken. Noch scheint es indes nicht so weit zu sein. Das Schreiben der Stadt Bremgarten an den FC Zürich ist mittlerweile mehrere Wochen alt. Geantwortet hat dieser immer noch nicht.