Langsam ausklingen lassen

  21.07.2020 Muri

Kunstschmiede Richard Erni: Ab nächstem Jahr nimmt er nur noch kleine Aufträge an

1990 zog Richard Erni an der Bachstrasse 2 in Muri seine Kunstschmiede auf – und bot in der Region ein Handwerk an, das es so nur noch selten gibt. Über drei Jahrzehnte stellte er dabei schweiz- und europaweit handgefertigte Arbeiten her.

Celeste Blanc

Seit knapp 34 Jahren ist Richard Erni Kunstschmied aus Leidenschaft. Kreativ arbeiten zu können – schon als Jugendlicher wusste er, dass das ein Hauptbestandteil seines Berufs sein musste. «Ich hatte einfach schon immer ein gewisses Flair und Geschicklichkeit im Gestalterischen», lacht er. Betritt man seine Schmiede in Muri, fällt dieses Flair sofort auf – vom detailreich verzierten Schild, das draussen auf seine Schmiede verweist, bis hin zu den wunderschönen Grabkreuzen, die in seiner Werkstatt stehen.

Doch für Erni wird es voraussichtlich das letzte Jahr sein, in dem er seine Kunden mit von Hand geschmiedeten Stücken beglückt – zumindest, was grosse Aufträge betrifft. Nachher möchte er nur noch kleinere Aufträge übernehmen. «Nun bin ich in Gesprächen mit einem Nachfolger, der meine Kunden übernehmen kann», so der Kunstschmied.

Eigene Schmiede war das Ziel

Bereits in seinem ersten Oberstufenjahr wusste Erni, dass er als Kunstschmied arbeiten wollte. «Damals wie heute musste man für den Kunstschmied einen Abschluss als Metallbauschlosser haben», so Erni. Das fligrane Arbeiten am Feuer lernte er zusätzlich bei einem Kunstschmied, wo er seine Lehre absolvierte. «Das Bestehen der Abschlussprüfungen war für jene, die den Metallbauschlosser in einer Kunstschmiede gelernt haben, gar nicht so einfach», denkt er heute lachend zurück, «denn in einer Kunstschmiede arbeitet man mit anderen Plänen und fein gearbeiteten Stücken.»

Nach der Lehre 1986 hatte er bereits seine erste Kunstschmiede in Widen, bis er 1990 nach Muri kam. «Eine eigene Schmiede war immer mein Ziel. Und ich war überzeugt, dass ich das schaffe», lacht Erni.

Mit dem Betreiben der eigenen Werkstatt hat der Kunstschmied sein Know-how stets weiter ausgebaut. Angefangen mit der Blattvergoldung von Gegenständen fabrizierte er später Gitter, Tore oder Fenstergitter. Das Exklusive an Ernis Arbeit ist, dass er vom Zeichnen der Skizze bis hin zur Montage vor Ort jeden Produktionsschritt selber übernimmt. Geschmiedet wird alles von Hand am Feuer. «In den Sommermonaten kann es schon richtig heiss werden.»

Bis nach Spanien und Italien

Die Mühe und Leidenschaft, die er in jedes Stück legt, hatte zur Folge, dass er bald Aufträge aus der ganzen Schweiz entgegennahm. Auch brachte ihn seine Arbeit an die Costa Brava, in die Toskana oder auf Mallorca. «Meine Kunden wollten für ihre Feriendomizile speziell angefertigte Fenstergitter, verzierte Tore oder kunstvolle Beleuchtungen, die zu ihren Fincas passten», erzählt Erni. So ist er durch seine Arbeit sehr viel herumgekommen: «Und das Schönste dabei war, dass ich meine Familie bei solchen Aufträgen oft mitnehmen konnte.»

Der Beruf des Kunstschmieds war bereits während seiner Lehre selten. Und in den letzten Jahren habe das Kunstschmieden nochmals an Nachfrage eingebüsst. «Dies hängt von den Wünschen der Bauherren ab», weiss der Experte, «im modernen Baustil wird vieles aus Chromstahl hergestellt.» Für Erni ist klar, dass das Kunstschmiedehandwerk aussterben wird: «Ich kenne in der Schweiz insgesamt fünf wirklich gute Kunstschmiede, die das Handwerk perfekt beherrschen.» Die Grundlagen für die fligrane Arbeit am Feuer geht immer mehr verloren – nicht zuletzt auch, weil vieles als Halbfabrikat aus dem Ausland kommt.

Von diesem Rückgang hat Erni selbst aber nie etwas gespürt. «Ich hatte stets das Glück, dass ich genügend Aufträge hatte», erzählt er. So hatte er oft Aufträge für 14 bis 15 Monate im Voraus. Das ging aber nicht spurlos an ihm vorbei: «Über 25 Jahre habe ich 12 bis 13 Stunden täglich gearbeitet.»

Arbeiten im kleinen Rahmen

Nun hat sich Richard Erni dazu entschlossen, seine Arbeit ab nächstem Jahr noch im kleinen Rahmen weiterzuführen. Ganz einfach fällt ihm diese Entscheidung nicht: «Ich bin nach all den Jahren immer noch mit ganzer Freude am Werk und voller Leidenschaft für meinen Beruf.» Aufgrund gesundheitlicher Probleme sah er sich aber gezwungen, diesen Schritt zu machen. «Meine Prioritäten haben sich verschoben. Es ist an der Zeit, mehr mit der Familie zu unternehmen und das Leben zu geniessen.»

Momentan ist Richard Erni auf der Suche nach einem Kunstschmied, der seine Kunden übernehmen kann. Während des nächsten Jahres wird er seine laufenden grossen Aufträge abschliessen. «Danach wird die Schmiede für wenige kleine Aufträge sicherlich noch offenstehen», so der Schmied. So bleibt das Handwerk dem Dorf ein Stück weit doch noch erhalten.


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