Lebensader durchs Dorf aufwerten
26.09.2025 Region OberfreiamtDer Kanton und die Gemeinde haben in Beinwil über die geplante Sanierung der Kantonsstrasse K 350 orientiert
Mit 1,5 Kilometern wird sie ausserordentlich lang, die Baustelle durchs ganze Dorf, die Beinwil ab Sommer 2028 bevorsteht. Dafür lockt eine Aufwertung. ...
Der Kanton und die Gemeinde haben in Beinwil über die geplante Sanierung der Kantonsstrasse K 350 orientiert
Mit 1,5 Kilometern wird sie ausserordentlich lang, die Baustelle durchs ganze Dorf, die Beinwil ab Sommer 2028 bevorsteht. Dafür lockt eine Aufwertung. Und den Grossteil der Kosten trägt der Kanton.
Thomas Stöckli
Dass es nicht «nur» um eine Strassensanierung geht, stellte Gemeindeammann Stefan Zemp schon bei der Begrüssung in der Mehrzweckhalle fest. Von einer «grossen Chance» spricht er, von einer «klaren Aufwertung» fürs Dorf. Der Lead liege zwar beim Kanton, die Gemeinde hat ihre Bedürfnisse allerdings ebenfalls einbringen dürfen. Schliesslich geht es um ihre «Lebensader». Und diese Haupterschliessung ist in die Jahre gekommen. «Der Sanierungsbedarf ist unbestritten», stellte Zemp klar. Das betrifft den sichtbaren Strassenbelag, aber auch Werkleitungen darunter.
Sicherheit und Wohlbefinden
«Die Sicherheit steht bei mir immer an oberster Stelle», sagt Marius Büttiker, Sektionsleiter beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), «und zwar für alle Verkehrsteilnehmenden.» Für den Langsamverkehr sind zusätzliche Trottoir-Bereiche vorgesehen, auf der Nordseite sowie vom Schützenhaus in Richtung Westen. Weiter sollen zusätzliche Querungsstellen entstehen, etwa beim «Rössli»- Parkplatz. Um das Tempo der Durchfahrenden zu reduzieren, ist an der bergseitigen Dorfeinfahrt eine Eingangspforte vorgesehen, eine leicht schräg zur Fahrtrichtung verlaufende Mittelinsel. Die übergrossen Kreuzungen werden reduziert.
Zweite Priorität geniesst die Aufenthaltsqualität: «Wir wollen eine schöne Strasse machen», so Büttiker. Dazu wurde die Landschaftsumgebung schon früh einbezogen. «Wir planen von Fassade zu Fassade», erklärt Stephan Karlen, Geschäftsführer SKK Landschaftsarchitekten. Bäume, teils in Reihen und Alleen gepflanzt, sollen Schatten werfen und den Strassenraum enger wirken lassen. «Wenn Sie partout keinen Baum wollen, werden wir Ihnen auch keinen aufzwängen», beruhigt Karlen jene Anwohner, die in ihrem Garten einen Baum eingeplant sehen.
Für Aufenthaltsqualität sollen zudem einheimische Hecken und Staudenrabatten mit Blüten von Frühling bis Herbst sorgen, sowie Sitzbänke und entsiegelte Flächen an verschiedenen Standorten. Dabei denkt Karlen primär an die älteren Einwohnerinnen und Einwohner. «Sie sollen im Dorf gemütliche Plätze haben», erklärt er. So solle es selbst an Hitzetagen möglich sein, in Etappen durchs Dorf zu gehen, etwa für einen Einkauf im Volg.
Natur und Akustik
Eine Aufwertung versprechen sich die Planer auch von der Wissenbach-Strassenquerung im Unterdorf. Der Durchmesser der bestehenden, 90 Meter langen Rohrleitung genügt den Ansprüchen an den Hochwasserschutz nicht mehr. Die Dolung wird nun, verkürzt auf 35 Meter, im Durchmesser ausgebaut, inklusive Durchlass für Wildtiere. Auf den restlichen 55 Metern der bisherigen Röhre wird der Bach offen gelegt, wobei die Böschungen unter anderem mit Natursteinen und Bewuchs naturnah gestaltet werden.
Nicht nur die Optik macht die Aufenthaltsqualität aus, auch akustisch soll sich einiges tun. Der Flüsterbelag, den der Kanton zu verlegen gedenkt, soll den Lärm um 75 Prozent reduzieren. Josef Korbonits, Projektleiter vom DBVU, verspricht «ein vollkommen anderes Hörerlebnis. Und zwar nachhaltig, wie sein Chef Büttiker betont: «Wir wissen heute, dass die Wirkung auch in zehn, zwölf Jahren kaum abnimmt.»
Kritische Fragen
Die Bushaltestellen Unterdorf und Dorf sollen behindertengerecht ausgebaut, die kaum genutzte dritte Haltestelle beim Schützenhaus gestrichen werden. Für die Fahrbahn-Haltestelle ist neu eine Mittelinsel vorgesehen, «um gefährliche Überholmanöver zu verhindern», sagt Korbonits. Zudem diene die Insel als Querungshilfe für Fussgänger. Eine Mittelinsel bei einer Fahrbahnbreite von drei Metern – «wurden die landwirtschaftlichen Fahrzeuge vergessen?», fragte ein Votant. Das «Inseli» werde flach ausfallen und mit abgerundeten Randsteinen versehen, so die Antwort. Man habe die Dimensionierung nicht an Mäh-drescher und Co. anpassen wollen, die ohnehin nur vereinzelt zu erwarten seien, so Büttiker. Zumal andere Votanten weitere Verengungen forderten, insbesondere ums Schulhaus. «Wir haben da kein Raser-Problem», hielt Gemeinderat Jürg Barmettler-Michel dagegen.
Ähnlich die Replik von Büttiker zur Forderung nach Tempo 30 aus dem Saal: «Wir haben kein Verkehrssicherheitsproblem», betonte er. Entsprechend biete die Gesetzgebung keinen Spielraum, von Tempo 50 abzuweichen. Weitere Fragen betrafen die Querungsmöglichkeiten – für die Markierung von Fussgängerstreifen müsse eine Mindestfrequenz gewährleistet sein, wofür Zählungen geplant seien, heisst es beim Kanton – und der Verzicht auf ein lückenloses Trottoir nordseitig. Auch das sei angesichts der Frequenzen nicht zu rechtfertigen. Und schliesslich ging es noch um die Übersichtlichkeit der Einmündungen: «Ich garantiere Ihnen, dass die Sichtweiten eingehalten werden», versicherte Büttiker.
Fertig bis im Sommer 2030?
Der Kanton zahlt die rund 500 Strassenmeter im Ausserorts-Bereich komplett, für den Kilometer im Innerorts-Bereich übernimmt er gemäss Verteilschlüssel im neuen Strassengesetz 65 Prozent der Kosten. Zu den 8,3 Millionen Franken Gesamtkosten soll die Gemeinde somit knapp 2,33 Millionen zusichern. Wobei in diesen Beträgen noch zehn Prozent Risikomarge eingerechnet sind. Der entsprechende Kreditantrag wird an der «Gmeind» vom 21. November vorgelegt. Sagen die Beinwiler Ja, dürfte die Zusage des Regierungsrats Formsache sein.
Bleibt grösserer Widerstand aus, könnte nach dem Landerwerbsverfahren von Frühjahr 2027 bis Frühjahr 2028 im Sommer 2028 der Baustart erfolgen, womit die Strasse bis im Sommer 2030 fertiggestellt würde. «Das ist eine riesige Chance für die Aufwertung des Strassenbilds und des Dorflebens», betonte Gemeindeammann Stefan Zemp noch einmal, ehe er die rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Informationsveranstaltung nach zwei Sunden in den Abend entliess.