Medaillenjagd im Reich der Mitte
04.02.2022 SportDie Beriker Bobpilotin Melanie Hasler ist an den Olympischen Spielen in Peking mit dabei. Heute Freitag wird sie der Eröffnungsfeier beiwohnen. Danach gilt es, sich auf den Sport zu fokussieren. Im Oktober holte die Freiämterin auf der Olympiabahn im Weltcup den 2. Rang im Monobob. Der Traum von einer Medaille lebt bei Hasler. --jl
Ein Traum wird wahr
Bob: Melanie Hasler aus Berikon startet in ihr Olympia-Abenteuer
Die Beriker Bobfahrerin Melanie Hasler ist neben Ski-Freestyler Nicolas Gygax aus Islisberg die einzige Vertreterin des Freiamts an den Olympischen Spielen. Die 23-Jährige hat mit einem olympischen Diplom ein ehrgeiziges Ziel.
Josip Lasic
Wenn heute Freitag, 13Uhr, im Olympiastadion in Peking die Eröffnungsfeier der 24.Olympischen Winterspiele losgeht, wird die Berikerin Melanie Hasler mit dabei sein. «Der Gedanke daran ist so surreal», erzählt sie. «Ich erinnere mich zurück, wie ich früher im Fernsehen Olympia mitverfolgt habe. Jetzt bin ich ein Teil davon. Je näher es kommt, desto stärker realisiere ich, dass ich eine Olympionikin bin. Ich freue mich riesig.»
Seit Montag ist die Freiämterin in China. Die Bobsportler waren unter den Ersten, die angereist waren, und werden zu den Letzten gehören, die wieder abreisen. Die 23-Jährige startet im Mono- und im Zweierbob. Einzeln wird sie am Sonntag, 13., und Montag, 14. Februar, antreten. Der Wettkampf im Zweierbob ist auf Freitag, 18., und Samstag, 19. Februar, terminiert. «Umso besser. Je länger wir dort sind, desto mehr kann ich die Atmosphäre von Olympia aufsaugen.»
Covid so gut es geht ausblenden
Doch wie viel Olympia-Atmosphäre ist überhaupt vorhanden? Wie über die Sommerspiele in Tokio vor rund einem halben Jahr, legt die Coronapandemie auch ihren Schatten über Peking. In den letzten Wochen musste sich Melanie Hasler grösstenteils isolieren. Vier negative PCR-Tests waren gefordert, um überhaupt nach China reisen zu dürfen. Zwei von Bobverband «Swiss Sliding», zwei von «Swiss Olympic». Eine Infektion hätte den Traum von Olympia zerstören können.
Die Bobpilotin musste sich so organisieren, dass sie möglichst wenig Menschenkontakt hat. «Ich lief sogar zu Hause in Berikon mit einer Maske herum», berichtet sie. Immerhin: Im Gegensatz zu Tokio sind in Peking Zuschauer zugelassen. China hat ausgewählte einheimische Zuschauergruppen zu den Spielen eingeladen. «Es ist schön, dass es Publikum geben wird. Das ist schon ein Unterschied, ob man in ein leeres Ziel einfährt oder Menschen dort sind», sagt Hasler. «Auch wenn es schade ist, dass beispielsweise meine Familie und Freunde nicht anreisen dürfen, um mich anzufeuern.» Die Athleten werden das olympische Dorf auch nicht verlassen können. Umso unglücklicher, dass es in Peking, Yanqing und Zhangjiakou drei separate Dörfer mit Wettkampfstätten geben wird. Die Bobfahrer sind in Yanqing stationiert, gemeinsam mit Rennrodeln, Skeleton und den Ski-Alpin-Disziplinen. Während der anderen Wettkämpfe dürfen die Sportler aber nicht auf die Bahn. «Das alles stört mich nicht weiter. Ich kann das gut ausblenden. In erster Linie bin ich ja wegen dem Sport in Peking.» Dennoch werden die Athleten nicht nur trainieren, regenerieren, essen und schlafen. «Uns wurde empfohlen, Bü- cher mitzunehmen oder Gesellschaftsspiele. Wir sollen uns ablenken, damit wir nicht nur Olympia im Kopf haben und nervös werden. Vielleicht entdecke ich vor Ort ein neues Hobby», so Hasler lachend.
Bahn ist bekannt
Was Melanie Hasler hilft, die ganzen Covid-Prozeduren auszublenden: Sie war im vergangenen Oktober bereits in Yanqing, um die Bobbahn kennenzulernen. «Das hilft mir natürlich. Auch dass ich die Schutzmassnahmen vor Ort gesehen habe. Die Chinesen desinfizieren einfach alles», sagt sie. «Aber die Menschen sind enorm zuvorkommend und gehen auf die Anliegen von uns Sportlern ein.»
Beim Weltcup im Oktober ist Hasler auch gleich ein 2. Platz im Monobob gelungen. Ein gutes Omen? «Man beginnt da schon von einer Medaille zu träumen. Aber nur schon die äusseren Verhältnisse werden im Februar anders sein als im Oktober. Mein Ziel ist ein olympisches Diplom. Ansonsten möchte ich aus jedem Rennen alles mitnehmen. Ich will mich nicht unter Druck setzen, sondern es geniessen.» Selbst wenn es dieses Mal nicht für eine Medaille reichen würde, ist Melanie Hasler jung genug, um auch 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo an den Start zu gehen, wo sie dann hoffentlich auch von Familie und Freunden vor Ort angefeuert werden kann. «Das Ziel ist es auf jeden Fall, mich 2026 wieder zu qualifizieren», sagt die Berikerin. Obwohl ihr Olympia-Abenteuer gerade erst begonnen hat, ist Melanie Hasler schon auf den Geschmack gekommen. Ein Exploit ist ihr zuzutrauen. Und spätestens mit einer Medaille in der Hand kann das Erlebnis nicht mehr surreal wirken.
Freiämter in Peking
Zwei Athleten aus dem Freiamt sind an den Olympischen Winterspielen in Peking dabei. Neben der Beriker Bobpilotin Melanie Hasler ist auch der Ski-Freestyler Nicolas Gygax aus Islisberg dabei. Er wird am Aerials-Wettkampf der Männer am Dienstag, 15. Februar, starten und falls er sich qualifiziert am Final vom Mittwoch, 16. Februar. Dazu könnte er am Aerials Mixed-Teamwettkampf am Donnerstag, 10. Februar, zum Einsatz kommen.
Der Artikel zu Nicolas Gygax und seinen Zielen in Peking wird in der Ausgabe vom kommenden Dienstag erscheinen. --jl