Meier folgt auf Zimmermann

  14.09.2021 Muri

Die letzten sieben Jahre war Andreas Zimmermann Seelsorger des Spitals und der Pflegimuri. Dabei hat er einige Projekte initiiert, etwa das Trauer-Lebens-Café oder eine Meditation. Nun geht Zimmermann in Pension. Seinen Posten übernimmt Simon Meier, 53-jährig, aus Brugg. --ake


Leichtes in die Häuser bringen

Andreas Zimmermann wird als Seelsorger der Pflegi und des Spitals pensioniert

Sieben Jahre lang war Andreas Zimmermann im Spital und in der Pflegi eine wichtige Ansprechperson. Nun übernimmt Simon Meier die Tätigkeit des Seelsorgers. «Hier habe ich Zeit für die Menschen und die Seelsorge», freut er sich. Diese Zeit schätzte auch Zimmermann. Auch wenn er anfangs vor dem Freiamt gewarnt wurde.

Annemarie Keusch

«Spass?» Andreas Zimmermann lacht. Er tut dies oft, auch wenn er im Alltag als Seelsorger der Pflegi und des Spitals nicht selten mit dem Tod zu tun hat, Leute beim Sterben begleitet. «Es gibt auch in unserem Alltag viele lustige Situationen», sagt er. Etwa, wenn die erste Frage einer Pensionärin ist, ob er die Jasskarten dabeihabe. Oder wenn er vis-à-vis eines 97-Jährigen für eine Partie Schach Platz nimmt. «Wir sind einfach da, für ganz verschiedene Ansprüche», erklärt Zimmermann die Tätigkeit des Seelsorgers. Zum Reden, zum Beten, zum Lachen, zum Zuhören oder eben zum Jassen. «Aber stimmt, Spass kommt nicht so häufig vor, dafür Erfüllung. Es gibt ganz viele Momente, die einem ans Herz gehen.»

Die letzten sieben Jahre war Zimmermann in der Pflegi und im Spital Muri als Seelsorger tätig. Vorher war er katholischer Gemeindeleiter in Gebenstorf. Wegen Unstimmigkeiten, aber vor allem, weil er auf seine Intuition hören wollte, kam Zimmermann nach Muri. «Hier erhielt ich eine einmalige Chance, auch weil ich in diesem Bereich Quereinsteiger war, mit quasi keinerlei Erfahrung.» Zimmermann holte Ausbildungen nach. Was er an der Spezialseelsorge schätzt? «Hier haben wir Zeit für die Menschen und die Seelsorge. Der Druck von aussen ist deutlich kleiner, die Bürokratie ebenso.»

Tag und Nacht abrufbereit

Ob er wirklich ins Freiamt wolle? Diese Frage hörte Zimmermann mehrmals. Schon in der Region Gebenstorf war er bekannt dafür, möglichst viele Feiern ökumenisch zu gestalten. Rückwirkend sagt er: «Damit hatten die Murianerinnen und Murianer gar kein grosses Problem.» Es sei alles gut gegangen, auch wenn er es als Vorteil sieht, selber ausserhalb der Region zu leben, auch wenn er für die Pflegi wie auch für das Spital jederzeit abrufbereit war.

In der Region Brugg, wo Zimmermann lebt, ist auch sein Nachfolger Simon Meier zu Hause. Bis anhin war er Leiter des Pastoralraums Brugg-Windisch. Hier hat Meier die letzten Jahre vor allem der Aufbau des Pastoralraums beschäftigt. «Ich fragte mich, wo die Seelsorge bleibt», sagt er. Die Chance, diese zu pflegen, bekommt er nun in Muri. Meier spricht davon, entschleunigen zu können. «Nur schon der Ort gefällt mir. Die Pflegeinstitution im Kloster strahlt für mich eine grosse Ruhe aus. Auch das Spital ist nicht riesig.» Schon nach wenigen Tagen kann er sagen: «Ich fühle mich wohl hier.»

Teil der interdisziplinären Entwicklung

Drei Wochen verbringen Zimmermann und Meier für die Übergabe zusammen. Zimmermann erzählt dabei auch aus Projekten, die er in den letzten Jahren lancierte – meist ökumenisch. Etwa die Gesprächsrunden, das Trauer-Lebens-Café, die Meditation oder der «Stammtisch mit dem Pfarrer». Gerade im Pflegeheim, wo er ein 60-Prozent-Pensum bekleidete, seien solche Angebote wichtig. «Wir sind auch dazu da, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, auch abseits des Religiösen», betont er immer wieder. Der Seelsorger sei für die Bewohner eine Person, mit der sie ungeniert sprechen können. «Das kann auch über ganz banale Dinge sein. Einige haben schlicht zu wenige Gesprächspartner, vor allem jene, die geistig noch fit sind.»

Netzwerkarbeit ist eine zweite wichtige Aufgabe der Seelsorge. Immer wieder betonen Meier und Zimmermann, wie das Interdisziplinäre zunehmend wichtiger werde. «Es gab in den letzten Jahren wichtige Schritte, etwa dass wir als Seelsorger auch bei interdisziplinären Sitzungen im Spital dabei sind», erzählt Zimmermann. Meier spricht vom ganzheitlichen Heilungsprozess, zu dem auch die Psyche und die Seele zählen.

Auch für Angehörige und Mitarbeitende

Entsprechend ist es den beiden wichtig, zu betonen, dass sich ein Gespräch mit ihnen keinesfalls um Gott, Religion oder die Bibel drehen muss. «Wenn der Wunsch nach Bibelstellen oder dem Segen da ist, erfüllen wir diesen natürlich. Auch Weihwasser und die Kommunion haben wir immer bei uns. Primär aber sind wir einfach Ansprechpartner», betont Simon Meier. Dies einerseits für die Patientinnen und Patienten, andererseits aber auch für deren Angehörige und die Mitarbeitenden der beiden Institutionen.

Aber ja, es gebe oft herausfordernde Situationen. «Ich habe in den sieben Jahren vieles erlebt. Von Leuten, die zufrieden loslassen können, und von solchen, die bis zum letzten Atemzug kämpfen mussten, sodass es teilweise schwierig war, dies zu ertragen», erzählt Andreas Zimmermann. Simon Meier fasst es als Aufgabe der Seelsorge auf, die Leute in der Endphase des Lebens im Loslassen zu stärken. «Wir hören zu, geben unsere Gedanken ein, damit die Sterbenden für sich die Ruhe finden können.»

Als Fachmann in spirituellen Fragen

Dass Spiritualität wichtig ist, wenn es um die ganzheitliche Heilung geht, darüber sind sich Andreas Zimmermann und Simon Meier einig. Auch dass die Konfession, überhaupt die Religion mehr in den Hintergrund rückt, stört sie gar nicht. «Das Interdisziplinäre, das Zusammen ist viel wichtiger», sind sie überzeugt. Simon Meier spricht von einer schönen, wertvollen Arbeit, auf die er sich freut, auch wenn es schwierige Situationen geben werde.

Und Andreas Zimmermann? Der blickt zufrieden auf die sieben Jahre in Muri zurück. «Auch wenn es banal tönt, ich habe hauptsächlich gelernt, dass das Sterben zum Leben gehört. Aber der Tod hat auch seinen Schrecken verloren.» Er hoffe, seinem Nachfolger einen guten Boden bereitet zu haben. «Ich würde ihm wünschen, dass ihn die Leute als Fachmann für spirituelle Aspekte sehen und nicht in erster Linie als Pfarrer.» Er sei dankbar für die Zeit in Muri. «Ich habe mich getragen gefühlt.»


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