«Riesiger Mann, grosses Herz»

  30.08.2022 Sport

Joel Strebel sorgt mit dem Sieg gegen Samuel Giger für einen Höhepunkt am ESAF

Joel Strebel liefert ab. Sein Sensationssieg gegen Königsfavorit Samuel Giger hat Auswirkungen auf das gesamte «Eidgenössische». Am Ende holt er sich seinen zweiten eidgenössischen Kranz. Und Vater Kurt Strebel platzt vor Stolz.

Stefan Sprenger

Die Mutter hat es gewusst. Im Vorfeld auf das «Eidgenössische» sagt Christine Strebel: «Wenn mein Sohn in Fahrt kommt, können sich seine Gegner die Socken hochziehen.» In Pratteln strahlt sie über beide Ohren und sagt glücklich: «Ich habe es doch gesagt.» Ihr Sohn, der 25-jährige Joel Strebel aus Aristau, zeigt am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) sackstarke Leistungen. Fünf Eidgenossen hat er am Ende auf dem Notenblatt. Drei davon kann er bezwingen. Erich Fankhauser, Beni Notz und Samuel Giger.

Den Angstgegner besiegt

Gegen Giger war es ein Sieg, der das ganze ESAF erstaunte und den Verlauf des Schwingfests mitbestimmte. Der Ostschweizer Giger ging als Topfavorit auf den Königstitel ins Rennen. Nach der Niederlage gegen den Freiämter Strebel waren diese Ambitionen in weite Ferne gerückt. Strebel bezeichnete Giger in der Vergangenheit als «Angstgegner». Ein Kontrahent, der ihm einfach nicht liegt. Vater Kurt Strebel – früher auch ein Schwinger – sagt: «Ich wusste, irgendwann ist dieser Giger fällig.» Und irgendwann war jetzt, ausgerechnet beim ESAF. Für Joel Strebel war dieser Sieg «richtig geil», wie er sagt. «Sonst war ich oft sehr nervös. Doch dieses Mal war es anders. Ich ging locker rein. Und das klappte hervorragend.»

Nach drei Gängen hat Strebel drei Siege und ist ganz vorne an der Spitze dabei. Die erste Niederlage gibt es gegen den sackstarken Eidgenossen Domenic Schneider im 4. Gang. Am Sonntag folgt nach dem Sieg gegen Beni Notz eine Niederlage gegen Bernhard Kämpf. «Gegen Schneider und Kämpf hat nicht viel gefehlt zum Sieg», sagt Joel Strebel. Am meisten nervt ihn die Pleite im 8. und letzten Gang gegen den formstarken Nicht-Eidgenossen Werner Schlegel. Bereits am ESAF in Zug 2019 verlor Strebel den 8. Gang – und damit blieb ihm die ganz grosse Jubeleuphorie verwehrt. So ist es auch in Pratteln. Nach der Niederlage im 8. Gang nervt sich Strebel und verzieht sich, ohne gross zu jubeln. Verständlich. «Schade. Ich hätte mir eine Welle mit den Fans gewünscht», sagt er.

Joel Strebel: «Es ist gut, wie es ist»

Doch kurz nach der Siegerehrung ist keinerlei Enttäuschung mehr da. Strebels Lächeln zieht sich über das ganze Gesicht hoch – bis zum Eichenlaub auf seinem Kopf. «Mit ein wenig mehr hätte es bis ganz nach vorne gereicht, aber es ist gut, wie es ist», so Strebel.

Rund um Joel Strebel sind lauter fröhliche Gesichter. Seine engsten Vertrauten, seine Liebsten. Die Menschen, von denen er ganz viel Rückhalt erhält. Freundin Aline Dormann, Schwester Lisa, Mutter Christine, Vater Kurt. Der stolze Papa sagt: «Wenn es im Kopf stimmt, dann kann Joel mit jedem Gegner schwingen. Mit jedem. Ich weiss, wie er tickt, besser als alle anderen», so Kurt Strebel. Denn er ist nicht nur Joels Vater, sondern die beiden arbeiten auch gemeinsam im Familienbetrieb (Kurt Strebel Zäune und Vorplätze). «Ich weiss, was er für ein Mensch ist. Ein enorm lieber und sensibler Kerl. Ein riesiger Mann mit grossem Herz.» Dass Joel Strebel manchmal etwas reserviert und kein Mann der grossen Worte ist, «das hat er wohl von mir», sagt Kurt Strebel lachend.

Der Papa platzt vor Stolz. «Joel ist für mich als Vater ein riesiges Geschenk. Heute hat er viel geerntet, was er sich über all die Jahre hart erarbeitet hat. Ich bin froh, ist er jetzt zweifacher Eidgenosse und gesund.» Zum Ende sagt Vater Kurt Strebel, dass man nun richtig feiern gehe. «Das gehört auch zum Leben. Wir wollen diesen Moment jetzt ausgiebig geniessen.» Auch er weiss: Solche Tage gibt es nicht oft im Leben, wo der Sohnemann einen so grossen Erfolg feiert.

Glocke vorausgesagt, Holz-Möbel geholt

Kurt Strebel kennt Sohn Joel wohl wie kein anderer Mensch. Er lehnt sich dann aber doch ein wenig zu sehr aus dem Fenster, als er sagt: «Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass sich Joel eine Glocke aus dem Gabentempel holen wird.» Doch dem ist nicht so, denn Joel Strebel holt sich ein schönes Holz-Möbel.

Der zweifache Eidgenosse Strebel hat diesen Erfolg natürlich gefeiert. «Aber ich bin nach diesen zwei Tagen sehr kaputt und freue mich auf mein Bett», sagt er. Er träumt vielleicht vom Sieg über Samuel Giger, als der «liebe Cheib» aus Aristau der ganzen Schwingerschweiz gezeigt hat, dass er zu den ganz «Bösen» des Landes gehört.


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