«Schule war wie Familie für mich»

  16.07.2021 Dottikon

Annelies Furter geht nach 43 Jahren Unterricht in Pension

Vieles hat sich in der Schule in dieser Zeit verändert. Die Leidenschaft fürs Gestalten, das Handwerk und die verschiedenen Materialien sind aber geblieben. Annelies Furter wird vor allem die Kinder und die lebhafte Umgebung vermissen.

«Schon in der 3. Klasse wusste ich, dass ich Handarbeitslehrerin werden will», sagt Annelies Furter mit einem Lächeln im Gesicht. «Das Arbeiten mit diversen Materialien und Farben hat mich schon damals fasziniert.» Vor der Ausbildung am Handarbeitsseminar in Brugg absolvierte sie aber zuerst eine Lehre als Damenschneiderin an der Gewerbeschule Wohlen. «Dies war naheliegend, da meine Mutter auch in diesem Beruf tätig war», erzählt die 64-Jährige.

Diverse Veränderungen mitgemacht

Nach erfolgreichem Abschluss des Lehrerseminars erhielt sie einen Anruf des Schulpflegepräsidenten von Hägglingen, der ihr die Stelle, die sie bis zu ihrer Pensionierung innehatte, anbot. «Ich hätte ja nie gedacht, dass ich 43 Jahre bleiben würde. Doch als ich das Haus meiner Grosseltern in Dottikon kaufen konnte, wusste ich, dass ich in der Region bleiben will und diese Arbeitsstelle in unmittelbarer Nähe einfach perfekt ist.»

Die damals 21-Jährige hatte zu Beginn nur wenige Schulstunden in Hägglingen, weshalb sie nebenbei noch gut dreieinhalb Jahre eine Stellvertretung in Benzenschwil machte und zwischendurch auch noch in anderen Gemeinden tätig war.

«Kaum ein Fach hat sich in all den Jahren so stark verändert wie das Textile Werken», erklärt Annelies Furter. «Aus Arbeitslehrerin wurde Handarbeitslehrerin, dann wurde das Fach in Textiles Werken umbenannt. Heute, nach Lehrplan 21, heisst es Textiles, Technisches Gestalten (TTG).» Aktuell besuchen die Schüler der 1. bis 6. Klasse dieses Fach während zwei Lektionen pro Woche. Um diesem Wandel und den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, absolvierte Furter von 2002 bis 2004 noch ein Nachdiplomstudium für Werken an der Oberstufe.

Früher war alles ganz anders. Anfangs kamen nur Mädchen in den Handarbeitsunterricht. Vier Stunden die Woche und bis in die Oberstufe. Alle Arbeiten wurden von einer Inspektorin akribisch kontrolliert. «Einmal musste ich ein Paar Socken nochmals aufmachen, weil beim Schlussabnehmen eine Masche zu viel übrig geblieben war. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen», schmunzelt sie. Nach Abschaffung dieser gefürchteten Kontrollen sei dann vieles besser geworden.

Ende der 80er-Jahre wurde das Fach auch für Knaben obligatorisch, allerdings nur noch zwei Stunden. «Der Unterricht wurde lebendiger und vielseitiger», erzählt Furter. Die Jungs hätten ganz andere Aspekte eingebracht. «So interessierte zum Beispiel plötzlich, wie der untere Faden aus der Nähmaschine kommt.»

Als dann die Socken- und Handschuhstrickpflicht endlich fiel, setzte man auf einfachere, kindergerechtere Arbeiten. «Mir war immer sehr wichtig, dass das Kind den Auftrag von A bis Z selber ausführen kann. Natürlich gab es immer Schüler, die mit wenig zufrieden waren, andere wollten mehr. Aber schlussendlich konnte jedes Kind das machen, was ihm gefiel und woran es Spass hatte. Die meisten arbeiten nämlich gerne mit den Händen. Nur fehlt es zu Hause leider häufig an verschiedenen Materialien und Möglichkeiten, um kreativ zu sein.» Sie findet es schade, dass generell nicht mehr so viel Wert auf gestalterische und handwerkliche Fähigkeiten gelegt wird.

Für Annelies Furter stand auch der fächerübergreifende Unterricht immer im Vordergrund. So hat sie beispielsweise mit den Kindern eine selbst gebaute Taschenlampe aus einer Kaugummidose gebastelt, nachdem diese vorgängig den Stromkreis schon mit der Klassenlehrperson besprochen hatten.

Überhaupt pflegte sie ein sehr gutes Verhältnis zu den anderen Lehrpersonen. «Gemeinsam haben wir viel erlebt», erzählt Annelies Furter. «So war ich sicherlich 15- bis 20-mal als Köchin im Skilager mit dabei. Und auch bei den Projektwochen und den Jugendfesten war jeweils Team-Work gefragt.»

Viele Pläne für die Zukunft

Der Abschied nach 43 Jahren fiel ihr dementsprechend schwer. «Es ist ein Einschnitt, das weiss ich, doch ich will noch so viele Sachen machen, es wird mir bestimmt nicht langweilig», ergänzt sie.

Nebst Velofahren, Wandern und Schwimmen geniesst sie nun ihren grossen Garten. Zudem will sie vermehrt Zeit in die Vorstandsarbeit des Orchestervereins sowie des Ortsmuseums Dottikon stecken und auch wieder öfters Geige spielen und weben. Auch freut sie sich auf viele Begegnungen mit ehemaligen Schülern im Dorf oder an der Fasnacht, wo sie bei den Oldies der Hächlezunft noch aktiv ist. --nl


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