«Sehr schlecht bis miserabel»
18.09.2020 WirtschaftDie drei Freiämter Reisecar-Unternehmen treffen die Folgen des Coronavirus hart
Die Brumann Reisen AG aus Jonen, das Reise- und Transportunternehmen Riechsteiner & Weber AG aus Muri und die Heiri Reisen – elch-tours.ch aus Nesselnbach teilen dasselbe Schicksal. Sie alle verdienen Geld mit Carreisen. Und sie alle mussten in den letzten sechs Monaten viele Stornierungen und grosse Verluste hinnehmen.
Annemarie Keusch
Keine Ausflugsfahrten im In- und Ausland, keine Ferienreisegäste. Ob Gemeinden, Pfarreien, Schulen, Firmen oder andere Institutionen – alle sagten ab. «Es fehlen 90 Prozent an Umsatz im Vergleich zum Vorjahr», sagt Esther Brumann von der Brumann Reisen AG aus Jonen. Der Reisebetrieb mit sieben Cars – am meisten der Freiämter Betriebe – steht beinahe still. «Vor dem Ausbruch des Virus waren unsere Reisen gut gebucht, dann folgten die Stornierungen», sagt Brumann. Die Aussicht auf Auftragseingänge in diesem Jahr «sehen schlecht bis miserabel aus».
Esther Brumann betont, dass seit den Pensionierten, die ihre zentrale Zielgruppe sind und als Risikogruppe eingestuft wurden, vom Reisen abgeraten oder es ihnen «beinahe verboten wurde», Reisen bis Ende Jahr storniert sind. Zurück zur Normalität sei es ein langer Weg, abhängig von der Entwicklung der Infektionszahlen und von Entscheidungen der Behörden. «Wir hoffen sehr, das Virus wird sich in den nächsten Monaten zurückziehen.»
Interesse für Reisen nach Österreich
Drei der sieben Cars seien aktuell eingelöst. Gemeinden, für welche die Firma Fahrten mit Schülern zum Schwimmkurs übernimmt, sorgen dafür, dass ein Car regelmässig unterwegs ist. Das hat sich die Brumann Reisen AG anders vorgestellt, gerade im Jubiläumsjahr. Esther Brumann sagt: «Unser 60-jähriges Unternehmen ist gesund, alle Cars sind bezahlt. Darum hoffen wir, die Krise zu überstehen.» Besserung sei minim in Sicht. «Wir stellen mit Freude fest, dass Ferien vor allem in Österreich vermehrt auf Interesse stossen.» Entsprechend erfolge die Planung für 2021 in diese Richtung.
Nicht das Ende des Reisecars
Ebenfalls von 90 Prozent Umsatzeinbusse spricht Werner Riechsteiner vom Reise- und Transportunternehmen Riechsteiner & Weber in Muri. Keine Tagesfahrten, keine Mehrtagesfahrten im In- und Ausland, keine Eventfahrten, keine Ferienfahrten, keine Vereinsreisen, keine Betriebsausflüge, keine Hochzeiten, keine Wandergruppen. «Mitte März bis Mitte Juni wurden sämtliche Aufträge storniert.» Die vier Reisecars standen still. Erst ab Mitte Juni seien wieder vereinzelte hinzugekommen. Kurzarbeit für das Personal war die Folge.
Und euphorisch, dass sich bald alles zum Besseren wendet, ist Werner Riechsteiner nicht. «Zum heutigen Zeitpunkt ist eine Einschätzung Richtung Normalität nicht möglich. Wir rechnen damit, dass keine Entspannung vor Ende Jahr in Aussicht ist.» Das Ende der Carreisebranche sei dennoch nicht da. «Wir sind überzeugt, dass nach dem Ende der Krise der Reisecar nach wie vor ein beliebtes Transportmittel bleiben wird», betont Riechsteiner. Die Lust und das Interesse auf das Reisen sei auch in den jetzigen Zeiten vorhanden. «Aber die grosse Unsicherheit und die Angst vor einer möglichen Ansteckung halten viele von einer Buchung ab. Wir hoffen, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.»
Verhalten positiver Blick in die Zukunft
Ähnlich schätzt Fritz Gerber, Inhaber von Heiri Reisen – elch-tours.ch, die Lage ein. Er geht von einer nachhaltigen und schädlichen Veränderung in der Carreisebranche aus – in der Schweiz und in Europa. «Die Kunden sind zu stark verunsichert.» Es daure mindestens bis weit ins nächste Jahr, bis eine spürbare Erholung erkennbar sei. «Eine Rückkehr zum Niveau, wie es vor dem Virus war, wird – falls sie überhaupt stattfindet – Jahre dauern.» Aber auch er nimmt neben der Unsicherheit und Angst eine Aufbruchstimmung wahr. «Die Leute wollen wieder raus.» Der Blick in die Zukunft sei darum verhalten positiv.
Auch sie seien kurz nach dem jährlichen Service des Cars von einem Tag auf den anderen auf null gedrückt worden. «Unsere letzte Auftragsfahrt war Ende Februar», sagt Fritz Gerber. Keine zehntägige Reise in die Normandie und die Bretagne, keine vier Tage rund um den Genfersee.
Und in der Zwischenzeit? «Positiv denken, Kosten minimieren, Gelegenheitsjobs suchen und vor allem stornierte Aufträge bearbeiten.» Und er und seine Frau haben sich Gedanken über die Zukunft gemacht, Ideen gesucht «und auch gefunden». Für Details sei es aber noch zu früh.