Sonne liefert Produktions-Energie
08.10.2024 MuriNachhaltig und regional
Die Profilpress in Muri produziert neu mit Strom vom eigenen Dach
Für 1,2 Millionen Franken hat Josef Nietlispach die Sheddächer an der Gotthardstrasse 2 saniert und das ganze Dach mit PV-Modulen ausgestattet. Ein ...
Nachhaltig und regional
Die Profilpress in Muri produziert neu mit Strom vom eigenen Dach
Für 1,2 Millionen Franken hat Josef Nietlispach die Sheddächer an der Gotthardstrasse 2 saniert und das ganze Dach mit PV-Modulen ausgestattet. Ein grosser Schritt in eine nachhaltige Zukunft.
Thomas Stöckli
Wenn die Sonne scheint, herrscht Freude an der Gotthardstrasse 2 in Muri. Denn dann produziert die Profilpress neu mit CO2-neutralem Strom.
Und zwar nicht zu knapp: Mit 663 kWp Leistung soll die Anlage im Jahr 590 MWh Strom liefern. Darüber hinaus solle sie aber auch ein Referenzobjekt sein, wünschen sich Immobilienbesitzer Josef Nietlispach und Unternehmer Adrian Trottmann.
Solarstrom vom Dach lohnt sich insbesondere, wenn der Strom direkt vor Ort verbraucht wird. Dann lassen sich im Vergleich zum Bezug ab Stromnetz Kosten sparen, während die Vergütung für Einspeisung von überschüssigem Sonnenstrom ins Netz bescheiden ausfällt. So kostet Freiämter Solarstrom die Kleinverbraucher um die 40 Rappen pro kWh, für «Rücklieferung» werden rund 20 Rappen vergütet. Kein solcher Kleinverbraucher ist die Profilpress in Muri. Mit einem Stromverbrauch von über einer Gigawattstunde pro Jahr – das entspricht gemäss Rechenmodell von EnergieSchweiz dem Bedarf von gut 300 typischen Vier-Personen-Haushalten – ist ihr Energiebedarf beachtlich. Darüber hinaus scheint das nach Süden ausgerichtete Sheddach prädestiniert zu sein für die Nutzung der Sonnenenergie.
Für rund 1,2 Millionen Franken hat Liegenschaftsbesitzer Josef Nietlispach nun das Dach saniert und um eine PV-Anlage in Maximalausbau ergänzt. So wird die Energie künftig da produziert, wo sie auch verbraucht wird. Und schon in der Bauphase waren Nietlispach kurze Wege wichtig. Das zeigt sich in der Wahl der Partner: Die Sandwich-Profile kamen von der Montana Bausysteme AG, die Solaranlage von der Alex Gemperle AG, Sins, die Elektroinstallationen erledigte Bütler Elektro aus Muri. Und die Dachabschluss-Profile hat die Profilpress sogar in der eigenen Produktionshalle hergestellt.
Über 4000 Quadratmeter Solarpanels auf dem Dach der Profilpress in Muri
Für fast 200 typische Vierpersonen-Haushalte würde er reichen, der Strom, der auf dem Dach der Profilpress produziert wird. Verwendet werden soll er allerdings für die eigene Produktion.
Thomas Stöckli
«Die Kosteneinsparung steht nicht im Vordergrund», betont Immobilienbesitzer Josef Nietlispach, «die Nachhaltigkeit ist uns wichtig.» Und Adrian Trottmann, sein Nachfolger als Eigner der Profilpress AG, bestätigt: «Anders angelegt würde das Geld wohl mehr Rendite bringen.» Und doch stehen auch geschäftliche Überlegungen hinter dem Entscheid, praktisch die komplette Dachfläche des Industriebetriebs am Rande von Muri mit Solarpanels zu belegen. Nebst Qualität, Preis und terminlicher Verlässlichkeit wird bei der Vergabe von Aufträgen auch die Ökologie immer stärker gewichtet, erklärt Trottmann.
Den Strom selber nutzen
Die Planung der über 4000 Quadratmeter grossen Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 663 kWp begann vor drei Jahren. «Wir haben schon beim Verkauf der Firma alles vertraglich geregelt. Will heissen: Die Profilpress bezieht den Strom vom Dach 10 Prozent unter dem Marktwert. Rund 590 MWh Energie – das entspricht dem Bedarf von gegen 200 typischen Schweizer Vierpersonen-Haushalten – sollte die neue Anlage pro Jahr bringen. Dem steht ein Stromverbrauch von mehr als einer Gigawattstunde gegenüber. Entsprechend könnte die Anlage über 50 Prozent des Bedarfs der Profilpress decken. Wobei der Strom, den die Anlage am Wochenende und nach Feierabend produziert, derzeit noch nicht genutzt werden kann. Aus diesem Grund sollen in einem nächsten Schritt Speicher entstehen. In welcher Form, das ist noch nicht ganz klar. «Das sind wir jetzt am Planen», so Nietlispach.
Ein weiteres Hindernis, das volle Potenzial der PV-Anlage vor Ort nutzen zu können, ist formaljuristischen Ursprungs: Weil die Anlage so gross ist, dass die Einspeisung ins Netz in zwei Teilen erfolgen muss, ist die Gründung eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) notwendig. Eine neue Möglichkeit, die offenbar noch nicht ausreichend geregelt ist, weshalb ein grosser Teil der Eigenproduktion derzeit noch eingespeist werden muss. Das belastet das Stromnetz unnötig und verursacht sowohl dem Immobilienbesitzer als auch dem Unternehmer Mehrkosten. Schliesslich bringt der ans Netz abgegebene Strom bei Weitem nicht so viel, wie der Bezug kostet.
Aktiv werden, statt nur reden
Trotz dieser Widrigkeiten mache ihm die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen Spass, verrät Josef Nietlispach: «Wenn die Sonne scheint, ist die Freude jetzt noch grösser», sagt er, der mittlerweile auch privat eine Photovoltaikanlage realisiert hat. Als Techniker und Tüftler geht er insbesondere in der Planung auf. Adrian Trottmann schätzt seinerseits das Engagement seines Liegenschaftsvermieters sehr: «Das ist nicht selbstverständlich.» Und er trägt die Nachhaltigkeitsziele mit. So schwebt ihm etwa vor, künftig die Abwärme der Lasermaschinen nutzen zu können. «Das wird in den nächsten fünf, zehn Jahren sicher ein Thema sein», sagt er.
«Es gibt viele, die reden: ‹Man sollte ...› und ‹man müsste ...›. Wir setzen es auch um», sagt Adrian Trottmann selbstbewusst. Die grosse PV-Anlage auf dem Dach seiner Profilpress sieht er denn auch als Vorbild, als Referenzobjekt für die Region. «Ich weiss zumindest von keiner vergleichbaren Anlage in Muri und Umgebung.»



