Streifen, der fast alles kann
11.11.2022 MuriDie Sanierung der Luzernerstrasse kann am 24. November den nächsten Meilenstein erreichen
Ein durchgehender Mittelstreifen soll die Luzernerstrasse künftig sicherer machen, aber auch das Ab- und Einbiegen vereinfachen. Auch was die Gestaltung betrifft, haben ...
Die Sanierung der Luzernerstrasse kann am 24. November den nächsten Meilenstein erreichen
Ein durchgehender Mittelstreifen soll die Luzernerstrasse künftig sicherer machen, aber auch das Ab- und Einbiegen vereinfachen. Auch was die Gestaltung betrifft, haben Kanton und Gemeinde einiges vor.
Annemarie Keusch
Für Landschaftsarchitekt Stephan Karlen ist der Mehrzweckstreifen quasi eine eierlegende Wollmilchsau. Ein Element, das hilft, alle Zielformulierungen zu erreichen. Beispielsweise die Sicherheit zu erhöhen, wenn Velos künftig mit mehr Abstand überholt werden. Der Streifen soll auch den Verkehrsfluss verbessern, gerade was das Einfädeln in die Luzernerstrasse und das Abbiegen in Seitenstrassen betrifft. «Das Problem an der Bachstrasse ist damit nicht gelöst», sagt ein Murianer. «Aber verbessert», entgegnet Marius Büttiker, Sektionsleiter Strassen des Kantons Aargau.
Modernster Flüsterbelag soll Lärm minimieren
Visualisierungen zeigen, wie die Luzernerstrasse dereinst aussehen soll. Mehr Grün auf den Seiten, ein beidseitiges Trottoir. «Wir wollen, dass die Strasse den Siedlungsraum weniger trennt, als sie dies jetzt tut», nennt Büttiker eines der Projektziele. Die Liste an Handlungsbedarf ist lang, reicht von der Engstelle beim «Frohsinn» bis zum Lärm, der viel zu laut ist. «Hier werden wir den modernsten Flüsterbelag einbauen», verspricht Büttiker. Eine Reduktion von bis zu drei Vierteln stellt er den Anstössern in Aussicht. «An anderen Orten erhielten wir von den Anwohnern die Rückmeldung, dass sie die Vögel nun wieder singen hören.»
Die markanteste Gestaltung erfolgt einerseits optisch, aber auch, was die Verbesserungsaussichten betrifft, mit dem Mehrzweckstreifen. «Wie es der Name verrät, soll er allen Verkehrsteilnehmern dienen», sagt Marius Büttiker. Skeptische Voten kamen seitens der Murianer Bevölkerung diesbezüglich kaum. Überhaupt, im Vergleich zu vor vier Jahren ging es an der Informationsveranstaltung ruhig zu und her. Marius Büttiker, aber auch die für die Strassen zuständige Gemeinderätin Milly Stöckli deuten dies als gutes Zeichen. Entschieden wird am 24.November.
«Ist längstens an der Reihe»
Gemeinderat und Kanton informierten zur geplanten Sanierung der Luzernerstrasse
Ein Mehrzweckstreifen als Wunderwaffe. Er soll helfen beim Einfädeln, beim Abbiegen, beim Überholen von Velos. Fragen kamen vor allem zu den Lösungen an den Verkehrsknoten und zum Langsamverkehr. Der Gegenwind gegen die geplante Sanierung der Luzernerstrasse ist aber lau.
Annemarie Keusch
«Es ist ein Wunder, dass hier nicht mehr passiert», sagt Marius Büttiker, Sektionsleiter Strassen des Kantons Aargau. Er zeigt Bilder eines Lastwagens, der die ganze Gegenfahrbahn braucht, um die «Frohsinn»-Ecke zu passieren. Auf dem Trottoir schiebt ein Kind sein Fahrrad. «Es ist einfach gefährlich, Massnahmen sind dringend notwendig.» Die Engstelle rund um den «Frohsinn» ist einer der neuralgischen Punkte. Aber nicht der einzige. Jeder einzelne Knoten stellt eine Herausforderung dar, jene bei den Abzweigungen Industriestrasse, Kirchbühlstrasse, Bachstrasse und Grindelstrasse.
Die Knoten optimieren und die Engstelle beheben, es sind zwei Punkte, die Büttiker auf der Liste mit Handlungsbedarf notiert. «Zudem sind beispielsweise die Bushaltestellen nicht behindertengerecht. Es gibt Querungen ohne Querungshilfen, die zudem noch nicht gut genug beleuchtet sind», nennt er weitere. Die Situation für den Veloverkehr müsse verbessert werden. Es gibt Defizite bei der Strassenraumgestaltung. Die Werkleitungen sind teilweise sanierungsbedürftig. Der Strassenzustand ist schlecht. Die Lärmbelastung zu hoch. Der Bachdurchlass der Bünz muss ausgebaut und saniert werden. Und gestalterisch ist die Strasse nicht ins Siedlungsgebiet integriert.
Seit 2006 ein Gesprächsthema
Dass bei der Luzernerstrasse Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten und keine neue Erkenntnis. Seit 2006 laufen die Planungsarbeiten. Lange waren auch ein grossräumiger Kreisel rund um den «Frohsinn» oder gar eine Umfahrung im Gespräch. 2010 hat der Murianer Gemeinderat eine Umfahrung gar beschlossen. Marius Büttiker ist froh, dass es dazu nicht gekommen ist. «Die Luzernerstrasse ist eine charakteristische Strasse, gehört zum Dorf. Nun machen wir diese schön.» Zumal die Umfahrung viel Land verbraucht hätte und sehr teuer gewesen wäre.
Meilensteine gab es in der Geschichte der Sanierung der Luzernerstrasse mehrere. Ein grosser erfolgte 2015, als die Verhandlungen mit den «Frohsinn»-Besitzern dazu führten, dass diese den Saal abtraten. Seither wurde ein Vorprojekt erarbeitet, überarbeitet, bis jetzt ein fertiges Bauprojekt dasteht. «Mit allem, was in den letzten 15 Jahren zusammengetragen wurde», sagt Büttiker. Er ist überzeugt, dass die letzte Version die beste ist. Dass damit die Ziele am besten erreicht werden können: Sicherheit erhöhen, Fuss- und Veloverkehr attraktiver machen, öffentlichen Verkehr sicherstellen, Siedlung und Verkehr aufeinander abstimmen, die Infrastruktur erhalten und den Lärm optimieren.
«Frohsinn»-Saal wird rückgebaut
Wie diese Ziele erreicht werden und was im Detail geplant ist, erläuterte Andreas Stockinger, Projektleiter seitens des Kantons. Auf der ganzen Länge von über 800Metern wird die Strasse beidseitig mit Trottoirs ergänzt. Zudem gibt es auf der ganzen Länge einen Mittelstreifen, der sich optisch von den beiden Fahrbahnen unterscheidet. Dieser sei vielseitig nutzbar, etwa zum Einspuren, um in eine Nebenstrasse einzubiegen, aber auch, um auf die Luzernerstrasse zu fahren. Um den Strassenzug gerade im Bereich des Muri-S zu entschärfen, wird nicht nur der Saal des «Frohsinns» rückgebaut. Auch ein Teil der Gemeindeliegenschaft Luzernerstrasse 49 wird rückgebaut. Die Einfahrt von der Bachstrasse wird zudem verbreitert, damit dort das Rechtsabbiegen besser möglich ist.
Mehr Querungen, verschobene Bushaltestellen
Veränderungen sind auch bei den Querungen und den Bushaltestellen geplant. So entsteht ein dritter Fussgängerstreifen samt Mittelinsel im ersten Bereich der Luzernerstrasse. Die Bushaltestelle vor der Luwa wird einige Meter in Richtung Muri-Dorf verschoben. Direkt beim Kreisel gibt es eine zusätzliche Haltestelle. «Weil wegen des Staus die Anschlüsse nicht immer möglich sind, gibt es jetzt schon Chauffeure, die hier anhalten, damit die ÖV-Nutzer den Zug nach Zürich erwischen», weiss Marius Büttiker. Auch im Bereich des Muri-S soll die Bushaltestelle leicht verschoben werden.
Um den Strassenzug mehr ins Siedlungsgebiet zu integrieren, sind dort Bäume vorgesehen, wo immer es möglich ist. Dies nicht nur aus Biodiversitätsgründen oder um Schatten zu spenden. Landschaftsarchitekt Stephan Karlen weiss, dass Baumreihen entlang der Strassen auch dafür sorgen, dass langsamer gefahren wird. «Gerade bei Einfahrten ins Siedlungsgebiet», sagt er. Aber natürlich, auch die Biodiversität soll gefördert werden. «Ja, es ist immer noch eine Strasse. Und ja, mit einer Wiesenansaat wird es nicht zu einem neuen Nationalpark. Aber es ist ein kleiner Beitrag.»
Knapp 10,6 Millionen Franken kostet das Projekt total. Auf die Gemeinde kommen Kosten in der Höhe von 3,77 Millionen Franken zu, dank der Änderung des Strassengesetzes sind es ganze 1,4 Millionen Franken weniger, als es vorher gewesen wären. «Es hat eben auch Vorteile, wenn lange geplant wird», meint Büttiker schmunzelnd. Sagt die Bevölkerung an der «Gmeind» vom 24. November Ja, verlaufen Auf lage, Submission, Landerwerb, und, und, und nach Plan, soll im Herbst 2026 mit dem Bau begonnen werden. Ende 2028 soll die sanierte und neu gestaltete Strasse fertig sein.
Gestalterisch Tempo reduzieren
Es ist nicht die erste Informationsveranstaltung zu diesem Thema. 2018 gab es schon eine zum damaligen Vorprojekt, wo die Voten vor allem negativ waren. Auch diesmal kamen Fragen. Etwa zum Knoten Bachstrasse. «Wir sind der Überzeugung, dass sich die Situation so stark verbessert, vor allem dank dem neuen Mehrzweckstreifen», antwortet Marius Büttiker.
Auch eine mögliche Temporeduktion zur Erhöhung der Sicherheit wurde angesprochen. «Wir gestalten die Strasse mit Elementen wie Bushaltestellen auf der Fahrbahn, Mittelinseln und mehr Querungen, damit sie entschleunigt wird», erklärte er. «Wir haben dann den Job richtig gemacht, wenn die Tafel weggenommen werden könnte und alle so schnell fahren, wie sie sollen.»
Grundsätzlich blieb die grosse Kritik aber aus. Es gab gar Lob. «Dass auf der ganzen Strasse das gleiche Regime geplant ist, überzeugt mich», meinte ein Murianer. An der «Gmeind» folgt der politische Entscheid. Marius Büttiker, aber auch die Murianer Vizepräsidentin Milly Stöckli sind zuversichtlich. «Wir haben hier eine Chance, die wir nutzen sollen, auch wenn dieses Projekt nicht die Lösung für alle Probleme sein kann.»