Traumhafte Wildnis
14.02.2025 MuriIn die Wildnis
An ihrem Vortrag beim reformierten Frauenverein in Muri hat Referentin Annemarie Koelliker das Publikum mitgenommen auf eine Reise in die entlegenen Regionen von Alaska und Yukon. Eine Reise auf den Spuren von Pionieren, durch enge Schluchten und über ...
In die Wildnis
An ihrem Vortrag beim reformierten Frauenverein in Muri hat Referentin Annemarie Koelliker das Publikum mitgenommen auf eine Reise in die entlegenen Regionen von Alaska und Yukon. Eine Reise auf den Spuren von Pionieren, durch enge Schluchten und über luftige Brücken hinein in die atemberaubende Weite. --tst
Annemarie Koelliker nahm in ihrer Tonbildschau mit nach Alaska und Yukon
Die Reisevorträge sind beliebt im Jahresprogramm des reformierten Frauenvereins Muri-Sins. Das Interesse an der Präsentation der Sinserin Annemarie Koelliker übertraf allerdings alles Bisherige.
Thomas Stöckli
«Platsch» tönt es aus dem Lautsprecher. Das nächste Bild zeigt den Kopf von Annemarie Koelliker, der neben dem umgekippten Kanu aus dem Wasser ragt. Auf der folgenden Aufnahme ist Roberto Saibene zu sehen, wie er die Kamera trockenföhnt. Saibene ist an der Tonbildschau in Muri nicht mehr dabei. Im letzten Sommer ist er überraschend gestorben. Sie habe die Todesanzeige gesehen, just nachdem sie das Paar für einen Ländervortrag angefragt habe, blickt Claudia Marfurt, Präsidentin des reformierten Frauenvereins Muri-Sins, in ihrer Begrüssung zurück.
Rund 70 Personen drängen sich im reformierten Kirchgemeindesaal in Muri. Das sind mehr, als es Stühle hat. Annemarie Koelliker nimmt sie mit in eine wilde, urtümliche Gegend. In unfassbare Weiten, die von Grizzlybären, Bisons und Wapitis durchstreift werden. «An den kilometerlangen, menschenleeren Alaska-Highway denke ich noch heute oft, wenn ich in der Schweiz im Stau stehe», sagt die vielgereiste Sinserin und lacht. Für ihre fesselnde Tonbildschau wird sie mit reichlich Applaus entschädigt.
Durch enge Schluchten und über luftige Brücken
Mit dem Geräusch einer klingenden Kasse hat sie rund anderthalb Stunden zuvor ihre Präsentation begonnen. Drei Stunden habe der Einkauf gedauert, an dem sich das Paar mit allem Nötigen für seine Abenteuerreise mit dem geländegängigen Wohnmobil in die Wildnis eingedeckt hat. Als Beweis dient ein armlanger Kassenzettel. Es ging ja auch nicht irgendwohin, sondern mehr in ein Nirgendwohin, «in ein Land, wo die Berge keinen Namen tragen», wie es die Reisende ausdrückt. In eine mystische Wildnis, die über zweihundert Jahre lang abenteuerlustige Pioniere angelockt hat, erst Pelzjäger, dann Goldsucher und zuletzt Öl- und Gasförderer.
Durch enge Schluchten und über luftige Brücken folgte das Paar aus Sins den Wegen jener Pioniere – und wurde mit unfassbaren Eindrücken belohnt: Endlose Wälder, spiegelglatte Seen und schneebedeckte Berge mit Gletschern buhlen – untermalt mit passender Musik – um die Aufmerksamkeit der Betrachter. Von «wildromantischen Gegenden» spricht Annemarie Koelliker. Die Bilder zeigen den Weisskopf-Seeadler im Anflug, Grizzlybären, die sich am reich gedeckten Lachsbuffet aus dem Fluss bedienen. Und immer wieder wechselten die Reisenden ihre Perspektive, sei es der eingangs angetönte Kanutrip, ein Rundflug mit dem Wasserflugzeug oder Wanderungen durch Wälder und Tundralandschaften mit federndem Moorboden. Wegen der Bären seien sie zu Fuss immer mit Glöcklein und Abwehrspray unterwegs gewesen, berichtet die Referentin. Zu einer Bärenbegegnung sei es auf Wanderungen zum Glück nie gekommen. Beim Lachsgrillieren habe sich allerdings ein Schwarzbär gleich dreimal blicken lassen.
Rocky Mountains in Herbstfarben
Weiter ging die Reise auf dem Dalton-Highway, der bis an den Arktischen Ozean führt, rund 2000 Kilometer vom Nordpol entfernt. So weit kam das Paar aus Sins allerdings nicht. Das verhinderte die Wetterlage auf dem Atigun-Pass, der gefährlichsten Stelle einer Strasse, die sowieso schon als gefährlichste der USA gilt. In einer Gegend, in der es im Winter drei Monate am Stück dunkel bleibt und man mit Temperaturen bis Minus 50 Grad rechnen muss. Auf einer späteren Reise haben sie es dann doch noch zum Polarmeer geschafft, berichtet die Reisende.
Auf dem Alaska Highway – oder dem «Emmentaler Highway», wie sie diesen in Anspielung auf die Löcher im Strassenbelag genannt haben – steuerten Annemarie Koelliker und Roberto Saibene in der Folge nach Südosten, ins Kanadische Yukon-Gebiet. Mitgebracht haben sie zauberhafte Zeitraffer-Aufnahmen von Seenlandschaften, gezeichnet vom Wind, der die Wasserflächen kräuselt, und den Wolken, die ein magisches Licht-Schatten-Spiel erzeugen. Nun näherten sie sich den Rocky Mountains, wo sich die Gegend im September bereits in bunten Herbstfarben präsentierte.
Wildtiere als Nachbarn
Annemarie Koelliker schwärmt vom einfachen Camper-Leben: «Das haben wir sehr schätzen gelernt.» Und sie berichtet von Begegnungen mit anderen Reisenden, «interessanten Leuten», wie sie betont. «Wir waren die Brävsten», sagt sie und berichtet lächelnd von Abenteurern, die schon zwei Jahre unterwegs waren, und von Wagemutigen, die sich dem «Dalton-Dreck» mit dem Motorrad gestellt haben. Am eindrücklichsten bleibt allerdings die majestätische Natur in Erinnerung. Sie wurde dem Paar zum erweiterten Wohnraum, die Wildtiere zu Nachbarn. Und abends versetzte sie der Sternenhimmel immer wieder ins Staunen.
Gestaunt hat auch ihr Publikum – und das immer wieder. Beim Apéro tauscht man sich noch über die traumhaften Bilder aus – und natürlich über eigene Reisepläne.