Treffer auf Haus Nummer 144

  21.07.2020 Muri

Sommerserie «Auf den Punkt»: Der Dartpfeil trifft auf die alte Klosterapotheke Muri

Die Sommerserie «Auf den Punkt» ist ein ganz besonderer Treffer. Die Pfeilspitze spickte auf das Haus, in dem sich die ehemalige Klosterapotheke befand. Die heutigen Besitzer Susi und Ueli Strebel können viele Geschichten über das geschichtsträchtige Haus erzählen.

Susanne Schild

Über die Geschichte des Hauses an der Kirchbühlstrasse 2a ist sogar ein Buch geschrieben worden. Auch die aktuellen Besitzer Susi und Ueli Strebel können so manche Anekdote über das alte Gebäude erzählen.

Im November 1895 teilte Gottfried Ruepp in den Zeitungen von Muri mit, dass er die Apotheke aus dem Singisenfügel in das «Haus der Frau Müller-Trottmann» an die Gerichtshausstrasse, wie sie damals hiess, verlegt habe, wo das Geschäft sich bis zum Neubau der heutigen Apotheke 1979 befand. Das Haus mit der Nummer 144 war 1865 von Gottfried Ruepps Schwiegervater, Negoziant Jean Eugen Müller-Schorno, erbaut worden.

In einem erbärmlichen Zustand übernommen

Gottfried Ruepp war nach der Verlegung seiner Apotheke an die heutige Kirchbühlstrasse in der Lage, dem Landesmuseum eine Menge nicht mehr benötigter Utensilien zu schenken, die den Grundstock für die dortige Apotheke bildeten, die im Katalog als «Apotheke der ehemaligen Benediktiner-Abtei Muri AG» aufgeführt ist. 50 Jahre lang hatten Mitglieder der Familie Ruepp die Ortsapotheke geführt. Mit dem Ableben von Traugott Ruepp begann eine neue Zeit in der Geschichte der Apotheke von Muri. 1912 ging die Apotheke in den Besitz von Emil Vital Kopp über. «Als Emil Kopp merkte, dass es mit seinem Geschäft bergab ging, verkaufte er 1938 die Apotheke meinem Vater Josef Strebel», erklärt sein Sohn Ueli Strebel. Kopp führte die Apotheke jedoch bis 1941 weiter, da sich Josef Strebel noch in seiner Ausbildung befand. «Mein Vater hatte bei der Übernahme der Apotheke keinen leichten Stand, das Geschäft war in einem erbärmlichen Zustand, die Kunden mussten zuerst wieder gewonnen werden», erklärt Ueli Strebel. Als Erstes gab Josef Strebel seiner Apotheke wieder den alten Namen «Klosterapotheke» zurück.


«Das Haus komplett ausgehöhlt»

Sommerserie «Auf den Punkt»: Susi und Ueli Strebel besitzen ein Haus mit einer langen Geschichte

Wenn die Wände des Hauses an der Kirchbühlstrasse 2a sprechen könnten, hätten sie viel zu erzählen. Auch das Besitzerehepaar Susi und Ueli Strebel verbindet vieles mit dem alten Gebäude.

Susanne Schild

Wer kennt es nicht, das alte Apothekerhaus in Muri. Dass der Dartpfeil auf der Murianer Ortskarte gerade dieses Gebäude traf, war ein riesiger Zufall. Er traf sozusagen «mitten ins Schwarze», zumal die Redaktorin selbst vier Jahre lang in dem Haus lebte. Als Susi und Ueli Strebel die Tür öffnen, fällt der Empfang daher herzlich aus. Ueli Strebel zieht ein Buch von Hugo Müller aus dem Regal, das die Geschichte der Klosterapotheke in Muri festhält. «Ich habe nur mehr ein Exemplar davon. Es bedeutet für mich viel», erklärt Strebel, während er gedankenversunken in dem Buch blättert. Wahrlich, in den Genuss, dass ein Buch über sein Haus geschrieben wird, kommen sicherlich nicht viele Hauseigentümer.

Auf die Frage, ob er denn noch alte Bilder von der Klosterapotheke habe, verschwindet er kurz im Obergeschoss und kommt kurz darauf mit zwei liebevoll gestalteten Fotoalben zurück. «Zwei Bücher voller Erinnerungen und Geschichten.»

In dem Haus vor vielen Jahren geboren

1941 hatte sein Vater Josef Strebel, die Apotheke übernommen. Drei Jahre später erblickte Ueli Strebel in dem Haus das Licht der Welt. Zusammen mit zwei Brüdern und zwei Schwestern verbrachte er dort eine glückliche und unbeschwerte Kindheit.

«Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Abend, als ich zehn Jahre alt war und allein zu Hause. Gegen elf Uhr läutete es an der Tür. Naiv, wie ich damals war, öffnete ich und zwei Italiener standen vor mir. Unter dem Vorwand, etwas gegen Zahnschmerzen zu brauchen verschafften sie sich Zutritt in die Apotheke. Die beiden wurden mir langsam suspekt, als sie sich in der ganzen Apotheke suchend umsahen. Plötzlich wurde mir klar, dass sie mich ausrauben wollten. Ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte.»

Wie es der Zufall wollte, war Franz Frey gerade auf dem Heimweg vom Restaurant Alpenblick. Als Ueli Strebel den Mann mit der Gestalt eines «Golliaths» sah, rannte er nach draussen und bat um Hilfe. «Die Italiener ergriffen die Flucht und seither war ich vorsichtig, wenn es darum ging, die Tür zu öffen.»

Als er seine grosse Liebe Susi gefunden hatte, heiratete er sie 1969 und verliess sein Elternhaus. 18 Jahre lebte er mit seiner Frau und den beiden Söhnen in Bünzen. 1979 übernahm er die Liegenschaft in Muri. Sieben Jahre später kehrte er nach Muri zurück und baute den alten Keller das Apothekerhauses in ein Atelier um. Den Schopf der Klosterapotheke wandelte er in ein Wohnhaus um, in dem er seitdem mit seiner Familie lebt.

Das erste Murianer Kleintheater

«Der Keller war damals voll mit alten Apothekerfaschen und aus Naturstein», erinnert sich Strebel zurück. Nach umfassenden Renovierungsarbeiten ist daraus das Atelier am «Chelebüel» entstanden, wo das erste Kleintheater Muri ein Zuhause fand. «Auch viele Konzerte wurden dort veranstaltet. Das Haus war voller Kunst und lebte. Ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt», so Strebel. Seine Frau richtete sich dort ein Fotostudio ein. Bis heute ist die alte Klosterapotheke ein belebtes Wohn- und Geschäftshaus. Im Erdgeschoss ist seit 20 Jahren das Bernina-Nähatelier eingemietet. 2018 war im Atelier am Chelebüel die letzte Ausstellung, initiiert von Ueli Strebel, zu sehen. Damals präsentierte die Künstlerin Ruth Elisabeth Baur dort ihre Werke. Heute hat Ueli Strebel einen neuen Ort der Kunst in Muri ins Leben gerufen. In der Villa Wild veranstaltet er regelmässig die unterschiedlichsten Kunstausstellungen. «Ich erinnere mich sehr gerne an die Zeit im Atelier am Chelebüel zurück. Das alte Apothekerhaus war ein kultureller Treffpunkt.»

Prominenter Bewohner

Heute ist dort Sandra Halter zu fnden. Die Murianerin ist Malerin und Gestalterin. Doch nicht nur die Kunst fand und fndet in dem Haus ein Zuhause. Das Gebäude war auch das Elternhaus von Hans-Peter Strebel. Am 1. Januar 1978 übernahm er als Nachfolger seines Vaters die Klosterapotheke an der Kirchbühlstrasse, wo er vorerst noch im alten Geschäft die zahlreichen Kunden bediente. «Hans-Peter kam fünf Jahre nach mir zur Welt. Ich hatte immer ein sehr enges Verhältnis zu ihm und wir haben allerlei Unsinn zusammen angestellt», lacht Ueli Strebel.

Schon vor der Übergabe vom Vater auf den Sohn zeigte es sich, dass die alte Apotheke zu klein geworden war, denn die Zahl der Medikamente war in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen, sodass der Platz für ihre Aufbewahrung immer knapper wurde. Um die Versorgung der Kundschaft lückenlos zu gewährleisten, war es nötig, sich neu zu organisieren. Das war nur möglich, indem man entweder an einen Umbau und eine Vergrösserung der alten Apotheke dachte oder an die Erstellung eines Neubaus. Für Hans-Peter Strebel kam nur die Neubauvariante infrage. Nach einer Bauzeit von gut einem Jahr öffnete am 5. Juni 1979, nur wenige Schritte vom alten Geschäft entfernt, die damals modernste Apotheke der Schweiz ihre Tore. Als erfolgreicher Apotheker und Wissenschaftler ist Hans-Peter Strebel zu einem vermögenden Mann geworden. Der EVZ-Präsident hat das Spitzensportzentrum On Your Marks (OYM) in Cham für 100 Millionen Franken als Privatmann realisiert. «Auch heute kommt mein Bruder noch gerne zu Besuch.»

Umfassende Renovierungsarbeiten

2010 wurde das alte Apothekerhaus komplett saniert. «Bis auf die Grundmauern stand damals nichts mehr», so Ueli Strebel. Das Haus sei komplett ausgehöhlt worden. Man konnte vom Dach bis hinunter zum Eingang blicken. Ein «Riesenprojekt» sei das damals gewesen. «Die eine oder andere Überraschung kam da auf uns zu. Allein die Berge von Müll und Dreck, die beseitigt werden mussten, waren gigantisch.»

Doch der Aufwand und die Mühen haben sich gelohnt. Entstanden sind zwei Mietwohnungen, die einzigartig in ihrer Bauweise sind. In einer davon hat die Redaktorin selbst vier Jahre gewohnt und vieles erlebt, sodass sie auch zu einem ganz kleinen Teil der Geschichte des Hauses an der Kirchbühlstrasse werden durfte. Ein wahrer Glückstreffer.


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