«Und in einer Ecke spinnen sie ...»
07.03.2025 Sport«Freiämter Sportler des Jahres»: Viel Prominenz war anwesend, darunter drei hervorragende Laudatoren
Die pulsierende Sportregion Freiamt bewies einmal mehr grosse Klasse. Wo sonst tauchen der Schwingerboss und der Handball-Präsident ...
«Freiämter Sportler des Jahres»: Viel Prominenz war anwesend, darunter drei hervorragende Laudatoren
Die pulsierende Sportregion Freiamt bewies einmal mehr grosse Klasse. Wo sonst tauchen der Schwingerboss und der Handball-Präsident höchstpersönlich auf, um zu gratulieren. An der Ehrung des «Freiämter Sportler des Jahres» sorgten die Laudatoren und Jury-Mitglieder für den Glamour-Effekt und ganz viel schöne Worte.
Stefan Sprenger, Josip Lasic
Wenn er im Geschäft ein kleines Tief hat, zieht er sich kurz zurück. Stefan Strebel, Schwingerboss, hat dann ein besonderes Ritual, das ihn aufheitert. Der CEO der Traitafina in Lenzburg geht dann in sein Büro und sieht sich Schwing-Duelle an, die ihm in den letzten Jahrzehnten in besonderer Erinnerung geblieben sind. Darunter auch jenen von Joel Strebel gegen Samuel Giger am «Eidgenössischen» 2022. Damals gelang dem Freiämter Joel Strebel ein riesiger Wurf. Er besiegte den Königsanwärter Giger.
Während auf seinem Bildschirm dann dieses Duell läuft, «fragt mich meine Assistentin, ob es mir wieder nicht so gut gehe». Der technische Leiter des eidgenössischen Schwingverbandes fügt an: «Wenn ich nochmals sehe, wie Joel den Giger Samuel wegräumt, geht es mir wieder gut.»
«Viel mehr kann man nicht gewinnen»
Stefan Strebel war einer von drei Laudatoren an der Ehrung des «Freiämter Sportler des Jahres» im Restaurant Sternen in Wohlen. Er kam für Joel Strebel. Die beiden Strebels – die nicht verwandt sind – kennen sich schon lange. Stefan trainierte Joel im Nachwuchs des Schwingklubs Freiamt und ist wohl stark daran beteiligt, dass aus dem «Spränzel» Joel Strebel einer der besten Schwinger des Landes wurde. Der ESV-Boss lobt bei seiner Rede den Aristauer: «Ich habe in meiner ganzen Karriere drei Kantonalschwingfeste gewonnen. Du, lieber Joel, hast das in einer halben Saison geschafft. Richtig stark.» Als sich Joel Strebel im Juni am Stoos-Schwinget das Kreuzband riss und damit seine gigantische Saison ein abruptes Ende nahm, «hat es bei mir gekribbelt». Auch wenn er in seiner Funktion natürlich neutral ist, so ist für den Villmerger seine Beziehung zu den Freiämter Schwingern natürlich dennoch etwas anderes.
Joel Strebel – der zum dritten Mal «Freiämter Sportler des Jahres» wurde, hört den Worten von Stefan Strebel gespannt zu. Und man sieht, dass ihm die Worte nahe gehen. «Das hat mich sehr gefreut», sagt Joel Strebel. Der Schwingerboss sagt zum Ende seiner Laudatio, dass er sich jetzt schon auf das «Eidgenössische» im August freut. «Ich habe drei eidgenössische Kränze gewonnen und ich bin überzeugt, dass dir das dieses Jahr auch gelingen wird. Viel mehr kann man nicht gewinnen. Ausser Schwingerkönig werden, was ich dir ebenfalls gönnen würde.»
«Du verkörperst unsere Ziele»
Als der Abend im Restaurant Sternen startet und Handballerin Daphne Gautschi den SHV-Präsidenten Pascal Jenny entdeckt, ist die Begrüssung herzlich. Man kennt sich. Und weil man aus derselben Region stammt, ist die Beziehung irgendwie noch ein wenig herzlicher. Der Wohler Jenny erklärt bei seiner Laudatio die Murianerin Gautschi gleich zur Schweizer Hoffnungsträgerin für die Olympischen Spiele 2032 in Brisbane. Der Verband will in sieben Jahren mit der Frauen-Nati um eine Medaille kämpfen und arbeitet mit jungen Athletinnen hart auf dieses Ziel hin. «Aber wir werden Leute wie dich brauchen, die schon jetzt zu den Erfahrenen im Team gehören. In Brisbane bist du mit 32 Jahren im besten Alter, um das Team zu führen. Du verkörperst unsere Ziele als Verband», sagt Jenny.
Während Gautschi mit konstantem Lächeln zuhört, lobt Jenny einerseits ihre Qualitäten als Spielerin, ihre starke Leistung an der EM für die Schweizer Nati – oder auch ihre tolle Saison im Klub in Frankreich. Doch er lobt nicht nur die sportlichen Qualitäten von Gautschi. Der Präsident des Handballverbandes lobt ihre Bodenständigkeit und ihre Verbundenheit zur Heimat Freiamt. Eine Szene an der Heim-Europameisterschaft in Basel vor wenigen Monaten sei ihm geblieben. «Du stehst als Verbandspräsident an der Heim-EM in der Halle in Basel. Um dich herum sind 5000 Zuschauer – und in einer Ecke spinnen sie total.» Die erwähnte Ecke in der St.-Jakobs-Halle war prall gefüllt mit Gautschi-Fans. Freunde, Familie – und rund 150 Mitglieder des TV Muri. Sie waren gekommen, um «ihre Daphne» zu feiern. «Man schaut hin und erkennt, dass eine einzige Nationalspielerin es schafft, so viele Menschen zu bewegen. Das ist einfach aussergewöhnlich.»
Gautschi: «Toll, solch schöne Worte zu hören»
Jenny hat für Gautschi noch ein besonderes Geschenk dabei. Ein Bild, das Daphne Gautschi beim Sprungwurf zeigt – mit LED-Hintergrundbeleuchtung. Dieses Bild wurde von Swiss Olympic für einen Anlass erstellt – und Jenny hat es gesichert, weil er wusste, dass er es Daphne Gautschi schenken will. Die Profihandballerin aus Muri zeigt nach der Laudatio Emotionen, strahlt glücklich und meint: «Es ist toll, solch schöne Worte zu hören.»
Während die prominenten Laudatoren sprechen, hört Felix Bingesser gespannt zu. Der Waltenschwiler ist eine Grösse in der Schweizer Sportwelt, allerdings nicht als Sportler (wobei seine Jass- und Ski-Künste nicht zu verachten sind), sondern als Journalist. Er war jahrelang Chef von «Blick Sport», ist auch heute noch für die Tageszeitung tätig – und zudem sitzt er seit Jahren in der Jury bei der Wahl zum «Freiämter Sportler des Jahres». Er war als Gast am Abend dabei, lauschte jedem Wort genau und meinte: «Wahnsinn, was im Freiamt alles für Sportgrössen unterwegs sind. Und dass an so einem Abend solche Schwergewichte eine Laudatio halten, spricht für sich. Richtig toll.»
«Seinen Freudenschrei habe ich heute noch im Ohr»
Rolf Stadler war der perfekte Laudator für Spezialpreis-Sieger Roger Strasser. Er trainiert den Vorzeigeathleten seit rund 40 Jahren. Sagenhaft. Logisch, dass da eine tiefe Bindung vorhanden ist und es im Laufe der Jahrzehnte viele gute Geschichten gibt. Der Leiter der Leichtathletikriege des TV Wohlen begann seine Erzählung damit, dass Strasser in der Bezirksschule über den Schulsport zur Leichtathletik fand. Ursprünglich wollte er Weitspringer werden. «Nach zwei Trainings fragte er mich, ob er überhaupt noch kommen soll. Später wurde er ein recht guter Weitspringer, aber ein noch viel besserer Kugelstosser.» Jener Kugelstösser wird 10 Mal Schweizer Meister und sollte auch im hohen Alter von über 50 Jahren noch Europameister und Vize-Weltmeister werden.
Stadler betonte mehrfach Strassers Trainingsethos und seinen ungebrochenen Ehrgeiz. «Seinen Freudenschrei, als er zum ersten Mal über 16 Meter warf, habe ich heute noch im Ohr – obwohl ich damals am anderen Ende des Platzes stand.»
«Geehrt und gebauchpinselt»
Für Stadler ist der 51-jährige Strasser im Training eine Bereicherung. «Manchmal wäre ich froh, wenn die 18-jährigen Athleten diese Motivation hätten, wie er sie an den Tag legt. Auch heute noch versucht er immer, es nachzuholen, wenn er ein Training auslassen muss. Es ist schön zu sehen, wie er es mit seiner Art schafft, andere mitzureissen. Dabei kann er oft auch ein klares Wort sprechen, das bei den Sportlern manchmal mehr hängen bleibt, als wenn ich etwas sage. Ein absolut verdienter Preisträger. Ein Vorbild. Nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch.» Strasser ist happy: «Ich fühle mich geehrt und gebauchpinselt, eine wunderbare Laudatio.»
Rolf Stadler verblüffte noch mit einer Anekdote. Er zeigt mit dem Finger auf Strasser und sagt: «Der drückt 190 kg auf der Bank.» Ein Wert, den alle Anwesenden im Raum nur noch jemand anderem zutrauten: «Sportler des Jahres» Joel Strebel. Doch dieser signalisiert erstaunt, dass dies wohl selbst für ihn zu viel sei.
Es war nicht nur ein Abend der Ehrungen, sondern dank den drei hervorragenden und prominenten Laudatoren auch ein Abend der Erinnerungen, Emotionen und augenzwinkernden Anekdoten. Die Sportler schöpfen aus den Worten Motivation, um weiter hart auf ihre Ziele hinzuarbeiten. Und wie die glücklichen Gesichtsausdrücke aller an diesem Abend vermuten lassen, muss sich niemand in sein Büro zurückziehen und sich einen Schwingerkampf ansehen.