Ungewohnte Einblicke
24.10.2025 Muri, LiteraturFeierliche Vernissage der nächsten beiden Murensia-Monografien
Wann ist ein Mönch ein Mönch? Dieser Frage ging Ivo Berther nach und zeichnet Identitäten von Benediktinern anhand ihrer erzählten Lebensgeschichten. Gleiches tat Esther Vorburger bei ...
Feierliche Vernissage der nächsten beiden Murensia-Monografien
Wann ist ein Mönch ein Mönch? Dieser Frage ging Ivo Berther nach und zeichnet Identitäten von Benediktinern anhand ihrer erzählten Lebensgeschichten. Gleiches tat Esther Vorburger bei Benediktinerinnen. «Ein gehorsames Leben» heisst ihr Buch, das daraus entstand. Zu Grunde stehen beiden über 60 Gespräche mit Ordensleuten.
Annemarie Keusch
Dass ihre Erzählungen spannend und von Interesse sein könnten, das glaubten viele Benediktinerinnen anfänglich nicht. «Es brauchte einiges an Überzeugungsarbeit und so manches Gespräch», blickt Esther Vorburger zurück. Mit 36 Nonnen aus 13 Klöstern hat sie während vier Jahren Gespräche geführt und wollte deren Lebensgeschichten erfahren. «Nur schon diese Grundhaltung sagt viel über die Bescheidenheit dieser Frauen aus», betont die Autorin. «Ein gehorsames Leben» – so lautet der Titel des Buches, das nun als Murensia-Monografie erschienen ist. «Ich wollte herausfinden, wie diese Frauen ihr Leben, ihre Identität verstehen.» Und das nicht aus Archiven – «dort sind von den Benediktinerinnen oft nur die Identitätskarte und vielleicht noch ein Schulzeugnis abgelegt» – sondern direkt von den Frauen, die ihr Leben Gott und dem Orden verschrieben haben. In Gesprächen. «Eine neue Quellgattung», sagt Esther Vorburger. Vor allem dann, wenn die Fragen tiefer gehen, wenn Emotionen an die Oberfläche kommen.
Die Autorin spricht von reichen Geschichten, die sie erfuhr. Von solchen mit ganz vielen Details. Über die Gründe des Klostereintritts, über das Miteinander mit den anderen Schwestern, bis zu den wenigen Freiräumen, die im streng geregelten Klosteralltag bleiben. «Diese Erzählungen gehören nicht auf den Friedhof, sondern sollen lebendig gehalten werden.» Ihr Buch, überhaupt das Projekt der Universität Luzern, das Identitäten der Ordensleute anhand lebensgeschichtlicher Interviews erst ermöglicht, tut genau das. Vorburger zieht daraus verschiedene Erkenntnisse. Etwa, dass für die Frauen jede Facette ihres Lebens Sinn macht, wenn sie aus christlicher Perspektive inspiriert sei. «Ob sie wieder ins Kloster eintreten würden? Diese Frage beantworteten 33 der 36 mit Ja. Ein deutliches Zeichen.» Vorburger spricht von einer besonderen Form der Resilienz, die die Benediktinerinnen zutage bringen. Keine Resignation, wenn die Zahl der Ordensschwestern stetig sinkt. Stattdessen neue, kreative Ideen. Die gelebte Gemeinschaft, das Leben mit und für Gott – diese Themen stehen im Zentrum. «Für sie werden Herausforderungen zu Aufgaben, die sie gemeinsam angehen. Vielleicht ist genau dies das Geheimnis der klösterlichen Zukunft», mutmasst die Autorin.
Zweifel kommen immer wieder
29 Ordensmänner befragte Ivo Berther für sein Buch mit dem Titel «Wann ist ein Mönch ein Mönch?» «Erzählen Sie mir Ihre Lebensgeschichte.» Mit diesen Worten starteten alle Gespräche. Entstanden seien heterogene Geschichten, «auch wenn viele ähnlich begannen, indem die Männer in einer katholischen oder religiös praktizierenden Familie aufwuchsen». Früher sei der Weg ins Kloster gerade für Menschen aus ländlichen Regionen einer der wenigen Wege gewesen, um zu studieren, um sozial aufzusteigen. «Die spätere Generation sieht die Motivation eher in der gelebten Spiritualität», erzählt Autor Ivo Berther.
Kirchengeschichtlich und wissenschaftlich interpretiert
Im Buch beleuchtet er den getakteten Alltag im Kloster und die Tatsache, dass dieser auch negative Folgen haben kann. «Gesundheitlicher Natur zum Beispiel.» Berther spricht von einem lebenslangen Prozess des Aushaltens. Von Zweifeln, die immer wieder aufkommen. «Das anzunehmen, sich als Mensch und Mönch weiterzuentwickeln, das macht es aus.» Wobei es nicht möglich sei, die Frage, wann ein Mönch ein Mönch ist, in wenigen Worten zu beantworten. «Vielleicht kommt diese Formulierung dem nahe: Jemand, der nicht fertig ist, sondern immer wieder neu zu Mönch wird, durch Gebet und Gemeinschaft. Jemand, der spirituell wächst, sein Leben auf Gott ausrichtet.» Dabei betont Berther, dass trotz allem der Alltag mit seinen Herausforderungen auch vor Klöstern nicht haltmache. «Zwischenmenschliche Probleme gibt es etwa auch da.»
Die beiden Publikationen sind die fünfte und sechste in der Reihe der Murensia-Monografien. Martin Allemann, Geschäftsführer Stiftung Geschichte, ist begeistert: «Diese Bücher sind hochspannend zu lesen.» Begeistert ist auch Markus Ries, der das Projekt an der Universität Luzern leitete. Er spricht von zwei neu aufgenommenen Bausteinen, die ein Ganzes ergeben. Davon, dass die Autoren Auskünfte direkt eingeholt und kirchengeschichtlich und wissenschaftlich interpretiert haben. «Das ist ein Beitrag zur Geschichte des Ordens in dieser Region», ist er überzeugt. Soziale Herkunft, Arbeitsalltag, Ausbildung, persönliche Religiosität, Umgang mit Konflikten – in ganz vielen Bereichen habe sich das Leben der Mönche und Nonnen im letzten Jahrhundert verändert. «Dem tragen diese beiden Werke Rechnung.»
Die beiden Werke «Wann ist ein Mönch ein Mönch?» und «Ein gehorsames Leben» sind im Buchhandel und auch bei Muri Info erhältlich.

